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Griechenland spielt russische Karte aus

Geld aus Moskau ist für Premier Tsipras der letzte Ausweg in der Schuldenkrise.

In der Not . . . Wer kennt denn dieses Sprichwort nicht! In der Politik bedeutet es allerdings gefährliche Koalitionen, die viel zerstören können.

Griechenland also kämpft verzweifelt gegen den Staatsboykott. Dazu gäbe es viel zu sagen - über die falschen Sparauflagen der EU, die die Menschen in Griechenland ins Elend treiben; über den Wunsch der derzeitigen Regierung, ihre Wahlversprechen zu erfüllen und dem Abrutschen der Bevölkerungsmehrheit in bittere Not etwas entgegenzusetzen; über Vorurteile der Griechen gegen "die Deutschen" und der Deutschen gegen "die Griechen" und so weiter.

Russlands Bereitschaft, Griechenland unter die Arme zu greifen, hat allerdings ganz andere Gründe. Schon zu Sowjetzeiten hatte die Führung im Kreml Interesse daran, bestimmten Ländern finanziell unter die Arme zu greifen, ohne sich darum zu kümmern, wie karg die eigene Bevölkerung zur gleichen Zeit lebte.

Das gilt auch für die heutige russische Führung.

Wenn Griechenland Geld aus Moskau erhält und damit das Schlimmste verhindern kann, dann erwartet man sich im Kreml natürlich eine Gegenleistung.

Und diese Gegenleistung hat nichts mit Geld zu tun. Finanzielle Hilfe für Athen wird es aus Moskau nur dann geben, wenn die russische Führung daraus politisches Kapital schlagen kann.

Griechenland zum Beispiel als Stachel im Fleisch der EU einsetzen zu können, das wäre für die Männer im Kreml sicher eine erfreuliche Entwicklung. Ebenso wie die Möglichkeit, der Welt zu sagen: Seht her, wir sind die Retter, nicht diese komischen Europäer, die sich so darüber echauffieren, wie wir mit der Ukraine umgehen!

Konkret und finanziell kann Moskau von einer solchen Entwicklung zwar kaum profitieren, aber wie seine sowjetischen Vorgänger zeigt auch Präsident Wladimir Putin gern der Welt die lange Nase. Wenn die EU Probleme mit Griechenland hat, dann mischt Moskau sich ganz selbstverständlich auf der Seite Griechenlands und vor allem gegen die EU ein.

Denn in der derzeitigen russischen politischen Lesart sind die EU und natürlich auch die USA die Feinde schlechthin. Nach dem Motto "Der Feind meines Feindes ist auf jeden Fall mein Freund" geht es Moskau in der Frage der griechischen Schulden vor allem darum, mit Geld einzuspringen und dadurch den "Feinden" eins auszuwischen.

Dass Russland selbst in der wirtschaftlichen Krise steckt, aus der es momentan kaum einen Ausweg zu geben scheint, ist der heutigen russischen Führung dabei komplett egal. Die Menschen in Russland, die Kummer gewohnt sind, hören patriotische Parolen und die Feststellung, dass Russland wieder einmal von Feinden umgeben sei, von denen man sich aber nicht unterkriegen lassen werde. Damit kann man durchaus Milliardenhilfen an Griechenland rechtfertigen.

Bleibt die Frage, ob die heutige griechische Regierung sich auf dieses Spiel einlässt oder doch klug genug ist, um dies nicht zu tun. Hilfreich wäre es auch, wenn sich die EU etwas flexibler gegenüber Athen zeigen würde.