Er habe so viel Arbeit und müsse deshalb früher zurück nach Moskau, hat Wladimir Putin beim G20-Gipfel in Brisbane (Australien) seine vorzeitige Abreise erklärt. Wenn man beobachtet, was sich derzeit in Russlands Kultur- und Medienszene tut, kann man sich ausmalen, wie viel Arbeit da auf ihn wartet.
Dass die Menschenrechtsorganisation Memoria" mit der Schließung bedroht wird, ist nicht neu. Jetzt soll ein Gericht am 17. Dezember endgültig über das Schicksal der aktivsten und wichtigsten Menschenrechtsorganisation in Russland entscheiden. Angesichts bisheriger Erfahrungen mit der russischen Justiz unter Putin muss man dabei auf das Schlimmste gefasst sein. Vor allem auch, wenn man sich anschaut, was in Russland in Kunst, Kultur, Medien und Geschichtsforschung vor sich geht.
Zum Beispiel das Moskauer Filmmuseum - eines der bedeutendsten der Welt. Dort wurde eine neue Direktorin eingesetzt, die nicht nur fachlich fehl am Platz ist, sondern dezidiert überhaupt kein Interesse daran hat, das Museum weiterhin so zu betreiben, wie das bisher der Fall war. Der Grund ist einfach: Hier arbeiteten bisher Menschen, die die Geschichte des sowjetischen und des russischen Films sehr gut kennen und daher nicht dazu neigen, die neue Kulturpolitik der derzeitigen Machthaber zu unterstützen. Also müssen sie gehen. Dass damit die Sammlung - darunter die Filme von Sergej Eisenstein - Gefahr läuft, ruiniert zu werden, ist den heutigen Machthabern ebenso egal wie der neuen Direktorin.
Zum Beispiel der Radiosender "Echo Moskaus". Er war neben dem bereits nach dem Beginn von Putins Karriere gleichgeschalteten TV-Sender NTV eines der kritischsten und am professionellsten gemachten Medien des Landes. Bisher hat "Echo Moskaus" es verstanden, kritisch zu sein und zugleich die Gefahr im Auge zu behalten, zu kritisch zu werden und die Schließung zu riskieren. Jetzt wollen die Geldgeber von Gazprom den Sender aber nicht länger als kritisches Feigenblatt dulden. So wurde dem langjährigen Chefredakteur Alexei Venediktov lakonisch mitgeteilt, die Direktoren würden bei der nächsten Sitzung über seine Ablösung beraten. Damit rückt das Ende der kritischen Berichterstattung von "Echo Moskaus" in greifbare Nähe.
Putin selbst scheint bei all diesen Aktionen nicht auf, aber es ist völlig klar, dass solche Entscheidungen nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung fallen. Was mit dem Urteil gegen die jungen Frauen der Punkband Pussy Riot begonnen hat, wird jetzt auf breiterer Ebene ausgeführt: die Rückkehr zum Autoritarismus.