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Wenn Putin für ein paar Tage verschwindet

Er ist also wieder da. Sieht zwar etwas mitgenommen aus, gibt aber keine Erklärung für seine Abwesenheit ab und sagt nur mit hämischem Lächeln, dass die Welt ohne Gerüchte langweilig wäre.

Wladimir Putin ist also zurück.

Aber in den zehn Tagen, in denen er sich nicht der Öffentlichkeit zeigte, kochte es nicht nur in der Moskauer Gerüchteküche. Die hochseriöse "Neue Zürcher Zeitung" berichtete, dass Putins angebliche Geliebte - eine bekannte russische Sportlerin, die das übrigens schon mehrmals dementiert hat - im Tessin einen Sohn zur Welt gebracht habe.

Und das ist nur eines der vielen Gerüchte um den russischen Präsidenten, die von einem Aufenthalt in einer Schönheitsklinik zwecks neuer Botox-Kur über einen Schlaganfall oder seinen geheim gehaltenen Tod bis hin zu seiner gewaltsamen Absetzung gingen.

Man könnte sich über die ganze Aufregung amüsieren, hätte sie nicht einen ziemlich beunruhigenden Hintergrund. Ein enger Mitarbeiter Putins formulierte es vor Kurzem so: "Putin ist Russland und Russland ist Putin." Und damit sind wir in der alles andere als guten alten Zeit angelangt, in der das gesamte Riesenreich den Atem anhielt, wenn der Alleinherrscher einmal schlecht geschlafen hatte.

Russland im 21. Jahrhundert ist wieder dort, wo es in den schrecklichen 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts war, als das Wohl und Weh des Landes von einem einzigen Mann mit paranoiden Wesenszügen abhing.

Wenn also Putin für ein paar Tage aus der Öffentlichkeit verschwindet, macht sich sogleich unglaubliche Unsicherheit breit.

Und das wohl auch deshalb, weil die Menschen in Russland davon ausgehen, dass hinter den Kremlmauern schon länger ein heftiger Krieg zwischen verschiedenen Fraktionen des "inneren Kreises" um Putin herrscht. Und man nicht wissen kann, welche dieser Fraktionen am Ende die Oberhand behalten und Putin entmachten wird.

Nun ist er aber wieder aufgetaucht. Und manch einer meint, dass der Herr im Kreml etwas blass aussehe. Ein Schnupfen vielleicht? Als alter Russland-Hase ist man versucht, darauf zu warten, dass in Radio und Fernsehen wieder "Schwanensee" gespielt wird - zu Sowjetzeiten immer ein untrügliches Zeichen dafür, dass einer der Mächtigen das Zeitliche gesegnet hatte. Denn das ist Putins Russland heute wieder - eine postsowjetische Autokratie.