Es gibt sie also wieder, die "Retter des Abendlandes". Wovor sie dieses retten wollen, sagen sie klar und deutlich: vor den Muslimen, vor allen, die anders beten, etwas anderes glauben oder einfach nur eine andere Sprache sprechen. In Deutschland nennen sie sich "Pegida", in Russland kann man sie unter dem Titel "Krimnasch" (die Krim ist unser) zusammenfassen. Gemeinsam ist ihnen der Versuch, die Welt zurück in eine Zeit zu führen, in der es Menschen zweiter und dritter Sorte gab, die man straflos beschimpfen, erniedrigen darf.
So weit auseinander liegen "Pegida" in Deutschland und Wladimir Putins Erklärungen für die Annexion der Krim und die Unterstützung des Krieges in der Ostukraine gar nicht. Beide sind offenbar Erscheinungen der krisenhaften Zeit, in der wir gerade leben. Und beide sind viel gefährlicher, als das so mancher wahrhaben möchte. Die deutschen Retter des Abendlandes, weil sie - wieder einmal - an die niedersten Instinkte der Menschen appellieren und sich deren verständliche Sorge vor der Zukunft zunutze machen. Die russischen Retter der angeblich bedrohten Brüder und Schwestern in der Ostukraine, weil sie zunehmend unberechenbar werden.
Noch vor wenigen Jahren hätte niemand geglaubt, dass Kremlchef Putin es tatsächlich auf eine Konfrontation mit dem Westen ankommen lassen würde. Und niemand hätte es für möglich gehalten, dass ausgerechnet in Deutschland wieder "Retter des Abendlandes" ganze Plätze füllen können.
Was also ist geschehen? Geschehen ist, dass wir im angeblich so fest auf demokratischem Boden stehenden Menschen im Westen uns selbst erfolgreich eingeredet haben, wir hätten "den Kommunismus" besiegt, alles andere werde "der Markt" schon regeln. Geschehen ist, dass krisenhafte Entwicklungen der vergangenen Jahre vielem zugeschrieben wurden und werden, nur nicht dem plötzlich unvermeidlich scheinenden Aufstieg eines rabiaten Neoliberalismus.
Geschehen ist, dass wir mehr als 70 Jahre nach dem Holocaust und dem Grauen des Zweiten Weltkriegs wieder zu pauschalen Urteilen und Vorurteilen zurückzukehren scheinen. Geschehen ist, dass sich die Politiker ihrer Verantwortung für die veränderte Welt weitgehend zu entziehen versuchen - weil sie selbst nicht wissen, wie mit dieser veränderten Welt umzugehen ist. Genau da liegt das Problem - in Deutschland genauso wie in Moskau.