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Am Ende dankt Europa den Griechen

Das Schauspiel, das wir derzeit in der Europäischen Union erleben, ist im Grunde erbärmlich.

Gleichzeitig ist es aber auch so etwas wie eine Katharsis, ein Reinigungsprozess, aus dem Europa gestärkt hervorgehen kann. Zumindest in seinem Zentrum.

Weit ist es gekommen, dass die Eurostaaten einen ihrer Partner knebeln und fesseln müssen wie einen Dieb. Europa hat zurzeit nicht nur das Vertrauen vieler Bürger in seine Handlungsfähigkeit verloren. Es ist auch die Vertrauenskrise der EU-Staaten untereinander, die das Miteinander erschwert.

Die Griechen sind natürlich durch eigenes Verschulden und die Korruptheit zweier Familienclans, die das Land heruntergewirtschaftet haben, in die jetzige Misere geraten. Sie sind aber nicht nur Täter, sondern auch
Opfer gravierender Konstruktionsmängel des Euro, die wie ein Turbo die hausgemachten Fehler weiter verschärft haben.

Ob die Eurozone in der jetzigen Form Bestand haben wird, ist noch keineswegs sicher. Sicher ist vorerst allerdings, dass schon viel mehr gemacht wurde, um das Fundament für die gemeinsame Währung neu zu bauen, als einem durch die strapaziöse Dauerdebatte über Griechenland bewusst ist. Sicher ist vorerst aber auch, dass die Grundfesten des Euro noch nicht stabil genug sind, um nicht erpressbar zu sein.

Deshalb treibt das griechische Drama wichtige Veränderungen in der EU rascher voran, als das wohl sonst der Fall wäre. Der Druck ist anhaltend groß. Heute müssen die Griechen praktisch mit der Pistole am Kopf gezwungen werden, notwendige Reformen umzusetzen. In Zukunft könnte das mit der sogenannten Gemeinschaftsmethode auch demokratiepolitisch besser vertretbar und korrekter funktionieren.

Es kann nicht sein, dass auf Dauer die Entscheidungen weiter in abgeschotteten Kämmerlein der Staats- und Regierungschefs nach Machtworten von Deutschland und Frankreich fallen und dann von den nationalen Parlamenten durchgewinkt werden. Das EU-Parlament, das schon heute in vielen Gesetzgebungsprozessen über die Parteigrenzen hinweg maßgeblich Veränderungen durchsetzt und mehr Transparenz schafft, muss noch viel mehr zur öffentlichen Bühne der inhaltlichen Auseinandersetzung werden. Das würde Europa den Bürgern entscheidend näher bringen, die EU-Politik würde greifbarer. Nationale Politiker könnten eigenes Unvermögen nicht mehr so leicht nach Brüssel abschieben.

Europa wird in Zukunft noch mehr als bisher mit unterschiedlichem Tempo marschieren. Aber es wird ein sehr starkes, eng aufeinander abgestimmtes Zentrum bekommen. Und das hat vor allem auch mit Griechenland zu tun.