Der Wandel vollzieht sich schleichend, aber scheinbar unaufhaltsam. Dass sich das gesellschaftliche und soziale Gefüge in den Landgebieten abseits der Tourismushochburgen ändert, fällt meist nur dann auf, wenn wieder einmal ein Traditionsbetrieb zusperrt. So wie in diesen Wochen die Metzgerei Andessner in Henndorf oder die Bäckerei Seitz in Großgmain. Der Grund hier wie da für das Zusperren: Es zahlt sich einfach nicht mehr aus.
Das Sterben der kleinen Geschäfte - in Salzburg haben derzeit zehn Gemeinden keinen Nahversorger mehr - ist nur ein Symptom zerbrechender traditioneller Strukturen. Ein anderes sind Orte, in denen es keine Wirtshäuser mehr gibt, in denen die Menschen zusammenkommen können.
Wirte und Kaufleute sind freilich nicht die Einzigen, die die Rollläden für immer herunterlassen. Die Zeit, da jede größere Gemeinde ihren Gendarmerieposten und ein eigenes Postamt hatte, ist lang vorbei. Von den 210 Pfarren im Land haben nur noch 60 einen Seelsorger für sich allein. Dazu kommt der beginnende Ärztemangel: Obwohl die Warteliste für Kassenstellen übergeht, sind kaum noch Jungmediziner bereit, Landarzt zu werden. Aktuell sind drei Kassenstellen in den Bezirken unbesetzt.
Der Lungau und Teile des Pinzgaus haben Probleme, ihre Jugend in der Region zu halten: In 15 Jahren werden laut Bevölkerungsprognose vier Prozent weniger Menschen im Lungau leben. Dafür wachsen die Stadt, die bereits jetzt aus allen Nähten platzt, der Flachgau und der Tennengau bis dahin um fünf Prozent und mehr.
Die Abwanderung aus abgelegenen Regionen und der ungebremste Zuzug in den Speckgürtel um die Stadt werden eine gemeinsame Folge zeitigen, wenn die Trends ungebremst weitergehen: den Verlust von Identität und sozialem Leben. Die Orte an der Peripherie sterben aus, jene im Einzugsgebiet der Stadt werden zu Schlafgemeinden für Menschen, deren Interessen und Arbeitsplätze ganz woanders liegen - nämlich in der Stadt. Das bedeutet langfristig eine ungeheure kulturelle und soziale Verarmung für die aussterbenden Orte ebenso wie für die wachsenden Gemeinden im Zentralraum: Die Vereine bekommen da wie dort keinen Nachwuchs mehr, das lokale Brauchtum versiegt, der Zusammenhalt geht verloren, aus dem gemeinsame Feste und Feiern entstehen.
Das mag ein düsteres Zukunftsszenario sein. Aber es ist eines, das sich wie aus Puzzlesteinen aus den geschilderten Tendenzen und Prognosen zusammensetzt.
Man kann es ernst nehmen und auf allen Politikfeldern mit Macht gegensteuern: Dann wird es nicht in dieser Dramatik Wirklichkeit werden. Oder aber man verschließt die Augen vor der Entwicklung. Nach dem Motto: "Der Letzte macht das Licht aus!"