Was eine Diktatur ist, weiß jeder: ein System der Unterdrückung, des Schreckens, der Zensur, der Alleinherrschaft. Dass in Salzburg angeblich eine "Öko-Diktatur" herrscht, weiß allein Marlene Svazek: Die Salzburger FPÖ-Obfrau bezeichnete jedenfalls die geplante gesetzliche Auflage, bei Volksfesten künftig umweltfreundliche Mehrwegbecher zu verwerden, als "Öko-Diktatur".
Hält sie folgerichtig die zuständige Umweltreferentin Astrid Rössler für eine Diktatorin? Von der Wortwahl her stellt Svazek die demokratisch legitimierte Landesregierung und eines ihrer Mitglieder jedenfalls auf eine Stufe mit Nordkorea und Kim Jong Un. Das kann nicht ihr Ernst sein.
Es ist auch nicht ihr Ernst. Dennoch ist es Absicht. Es geht darum, mit überzogener Wortwahl größtmögliche Aufmerksamkeit zu erregen. Man hört "Diktatur" und denkt: "Muss ja ganz arg sein."
Zwar fallen die Freiheitlichen mit demagogischer Rhetorik besonders oft auf, andere Parteien sind aber keineswegs immun dagegen. Die Neos, zum Beispiel: Sie treten gegen die Pflichtmitgliedschaft in Arbeiter- und Wirtschaftskammer auf. An vorderster Stelle steht dabei der Salzburger Abgeordnete Sepp Schellhorn. Dass er und seine Parteifreunde dies aber in einer Kampagne mit dem Titel "Kammerjäger" tun, weckt Assoziationen der schlimmsten Art. Kammerjäger werden eingesetzt, um Ungeziefer zu vertilgen. Kammerangehörige als Ungeziefer also?
Salzburg stehen vier Wahlen in neun Monaten bevor - beginnend mit der Nationalratswahl am 15. Oktober, gefolgt von der Bürgermeisterwahl in wahrscheinlich zwei Durchgängen vor Weihnachten und schließlich der Landtagswahl am 22. April.
Und wenn es in der Tonart weitergeht, dann liegt ein Dreivierteljahr voll verbaler Grenzüberschreitungen vor uns.
Es sei denn, alle Beteiligten hören mehr auf ihr Hirn als auf ihren Bauch. Der Wiener Bürgermeister muss ja nicht immer recht haben mit seinem berühmten Spruch, wonach Wahlkampf "eine Zeit fokussierter Unintelligenz" ist.
Man darf durchaus hinterfragen, ob jede freiwillige Feuerwehr ein Abfallwirtschaftskonzept vorlegen muss, bevor sie ihr Sommerfest veranstaltet. Auch die Pflichtmitgliedschaft in den Kammern muss nicht auf alle Ewigkeit bestehen. Kritik ist in einer Demokratie an allem und jedem berechtigt, solange argumentiert wird - und nicht polemisiert oder gar denunziert.
Diskussionskultur würde nicht nur dem sozialen Klima im Land nutzen, sondern auch das ramponierte Ansehen der Politik wieder heben. Wie sehnt man sich nach Diskussionen, in denen Argumente ausgetauscht werden und nicht Unterstellungen. In denen ein Problem ausführlich von mehreren Seiten beleuchtet wird. In denen ein ziviler Umgangston herrscht und sich nicht der lauteste Schreihals Gehör verschafft.
Für Fairness im Wahlkampf brauchen die Parteien keine entsprechenden Abkommen. Es reicht, dass sie fair sind.