Es klingt wie eine Weihnachtsgeschichte, was Jakob Paula in der renommierten Zeitschrift "Christ in der Gegenwart" erzählt. Im Pfarrhaus läutet ein junger Mann mit Zopf und modisch geschnittenem Bart an. Auf die Frage, ob er mit dem Pfarrer spreche, erklärt er in gutem, nicht ganz rundem Deutsch, dass er in der Fußgängerpassage des Omypischen Dorfes in München einen Frisieursalon eröffne. Da solle "etwas Heiliges" dabei sein.
Der Pfarrer erwidert: "Sie meinen, dass Ihr Geschäft gesegnet wird?" Doch der Friseur beharrt: "Ich möchte, dass der neue Anfang heilig ist!"
Am Samstagvormittag kommt der Pfarrer pünktlich um 11 Uhr in den Friseursalon, ausgestattet mit Kerze, Weihwasser, Stola und Gebetbuch, aber in zivil. Der Friseur ist enttäuscht: "Ich habe gedacht, Sie kommen als Pfarrer. Die Leute sollen sehen, dass der Pfarrer bei uns ist, und wir wollen Fotos machen."
Etwas verunsichert bereitet der Pfarrer im Salon alles für die Segnung vor. Neben ihm werkt eine Vertreterin von "sexy hair", einer Kosmetikfirma. Die Produkte stehen im Regal, in kräftigem Rot beschriftet.
Der Pfarrer tröstet sich "mit Papst Franziskus, der uns auffordert, an die Peripherien zu gehen und keine Scheu zu haben". Endgültig bricht das Eis, als der Ladenbesitzer das Zeremoniell erklärt: "Wir gehen alle hinaus, dann gibt es eine feierliche Musik zum Einzug, dann folgen Stille und Segnung - und erst dann wieder Musik."
Der Pfarrer ist berührt, eilt in die nur 300 Meter entfernte Sakristei, holt eine Albe aus dem Schrank und kommt als "richtiger Pfarrer" zurück.
Auszugsweise zitiert aus "Christ in der Gegenwart" Nr. 46/2013. Die Zeitschrift erscheint wöchentlich und sieht sich allen Reformkräften verbunden, die für Gewissenserforschung, Freimütigkeit und Glaubenserneuerung eintreten. Meditation, Liturgie und Gesellschaftspolitik spielen eine wichtige Rolle.