SN.AT / Kolumne / Zeitzeichen

Der Papst ist endgültig kein Übermensch mehr

Papst Franziskus glaubt, dass er "noch vier, fünf Jahre" in seinem Amt sein wird. Tritt er dann zurück, wie sein Vorgänger?

Josef Bruckmoser

Es war nicht die erste verblüffende Aussage von Papst Franziskus und es wird nicht die letzte sein. Dennoch hat es überrascht, dass der Nachfolger von Benedikt XVI. so früh daran denkt, es demselben nachzutun und zu gegebener Zeit in den Ruhestand zu treten.

Damit bewahrheitet sich, was historisch und kirchenpolitisch denkende Menschen schon bei dem sensationellen Schritt von Papst Benedikt XVI. prophezeit haben: Dass die Erkenntnis von Joseph Ratzinger, aus Alters- und Gesundheitsgründen sein Amt nicht mehr in vollem Umfange ausüben zu können, dieses Amt fundamental verändern werde.

Als erstes kann man dazu nur sagen: Gut so! Denn ein zurückgetretener und ein amtierender Papst können offensichtlich bestens nebeneinander leben. Dafür hat Benedikt XVI. mit seiner vornehmen und vorbildlichen Zurückhaltung den schlagenden Beweis geliefert. Man kann sich gut vorstellen, dass es von konservativer Seite im Vatikan vor allem während der Bischofssynode über Partnerschaft und Familie Versuche gegeben hat, Joseph Ratzinger zu einem "klärenden Wort" in seinem Sinne zu bewegen.

Papa emérito hat es nicht getan - mit Ausnahme der unschönen Korrektur seiner früheren wohlwollenden Aussagen zu wiederverheirateten Geschiedenen. Die hat Benedikt XVI. in seinem Text aus jüngeren Jahren gestrichen und auf sein heutiges, strengeres Verständnis hin zurechtgeschrieben. Das war unnötig. Der emeritierte Papst hätte sagen können: Ja, so habe ich das damals gesehen und so bleibt es aus historischen Gründen auch in meinen gesammelten Werken stehen. Aber ich schreibe ausdrücklich dazu, dass ich die Sache heute anders sehe.

Papst Franziskus tut sich da mit seinem geradezu lockeren Zugang zu seinem Amt leichter. Daher ist für ihn der Gedanke so plausibel, dass er nicht länger im Amt bleiben werde als es ihm seine Gesundheit und sein Alter erlauben. Er ist immerhin ein Mann im 79. Lebensjahr. Wäre er "nur" Bischof von Rom, hätte er bereits vor vier Jahren seinen Rücktritt einreichen müssen. So gilt es für Bischöfe.

Noch gelten für den Papst anderen Regeln. Diese lauten zur Zeit, ein Papst geht von sich aus, wenn er meint, seine Aufgabe erfüllt zu haben oder weitere Vorhaben nicht mehr bewältigen zu können. Die Zeiten, in denen ein Papst ein Übermensch sein musste, sind endgültig vorbei.