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Was ein Finanzguru über Arm und Reich zu sagen hat

George Soros singt ein Loblied auf Mario Draghis Geldschwemme - und benennt ganz klar die Kehrseite.

Josef Bruckmoser

Für manche Analysen, die das europäische Establishment nicht gern hört, ist es vorteilhaft, einen unverdächtigen Kronzeugen zu haben. So wollen Merkel & Co. nicht wahrhaben, dass die EU seit Jahren ein sozialpolitisches Downsizing der Sonderklasse betreibt. Weil alle immer auf die "Rettung" der Banken starren, hat man glatt vergessen, dass es ein Volk gibt in der EU. Einen Mittelstand, der seine Felle davonschwimmen sieht und der sich in seiner Hilflosigkeit entweder einen Sündenbock sucht - das Hirngespinst einer islamischen Invasion im "christlichen Abendland" - oder zu neuen Linksparteien Zuflucht nimmt.

Der Untergang des Abendlandes ist schon deshalb ein Unsinn, weil eine aktuelle religionssoziologische Studie in Wien die Grenzen des demographischen Wandels hin zu den "Morgenländern" aufzeigt. Der Anteil der Muslime in Wien werde zwar noch von zwölf auf 20 Prozent steigen, dann aber stagnieren. Denn auch muslimische Familien bekommen mit steigendem Wohlstand weniger Kinder.

Was das alles mit George Soros zu tun hat? Nun ja, der legendäre Finanzinvestor ist in großen Jubel ausgebrochen, als EZB-Chef Mario Draghi seine Geldflut angekündigt hat. Das Ankaufprogramm der Europäischen Zentralbank sei "überwältigend" und habe "die hohen Markterwartungen sogar noch übertroffen".

Das ist die eine Seite. Die andere nennt Soros auch ganz unverblümt. Der Durchschnittsbürger - der in Dresden oder in Athen - werde wenig vom EZB-Programm haben. Im Gegenteil. Die Geldflut der Zentralbank werde die Ungleichheit zwischen Arm und Reich in Europa weiter befördern. Und das, so meint Soros, "dürfte ernsthafte politische Folgen haben".

Die Retter des Abendlandes in Dresden und der Wahlsieger in Athen lassen grüßen.