Die italienischen Medien hatten rasch ihre Schlagzeile. Sie sprachen vom Sonntag als dem "Tag der vier Päpste". Gemeint war, dass in Anwesenheit von zwei Päpsten - von Franziskus und seinem Vorgänger Benedikt XVI. - zwei verstorbene Päpste - Johannes XXIII. und Johannes Paul II. - heiliggesprochen wurden.
Zählt man alle vier zusammen, dann ergibt das ein buntes Bild. Man könnte beinahe auf die Idee kommen, dass dieser Heiligsprechungssonntag eine neue Vielfalt der römisch-katholischen Kirche demonstriert hat. Denn keiner der vier gleicht dem anderen, vielmehr stellen sie alle die ganz individuelle Ausprägung jenes Amtes im Vatikan dar, von dem Johannes XXIII. gesagt hat: "Papst kann jeder werden. Ich selbst bin das lebendige Beispiel dafür."
Es ist das Schöne und zugleich naturgemäß das Kreuz der römisch-katholischen Kirche, dass ein einziger Mensch - den man Papst nennt - ihr in einzigartiger Weise den Stempel aufdrücken kann. Weil aber kein Mensch wie der andere ist, ist so gesagt, wie vielfältig diese Kirche sein kann. So gar nicht der monolithische Block, als der sie oft erscheint.
Da war Johannes XXIII., der mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil die Kirchenfenster weit aufgesperrt hat. Da war Johannes Paul II., der als der "eilige Vater" versucht hat, seine Botschaft in die ganze Welt hinauszutragen. Da war Benedikt XVI., der gesehen hat, was alles zu tun wäre, und den Platz frei machte für einen anderen. Und da ist Papst Franziskus, der viele Pole in sich vereint: den Jesuiten und den Franz von Assisi, den Lateinamerikaner und den Sohn mit italienischen Wurzeln, den Schrecken der Vatikan-Bürokratie und den furchtlosen Bischof von Rom, der im offenen Jeep durch die Menge fährt.
Das Katholische ist jeweils mehr, als ein Papst gewesen ist oder sein kann. So gesehen hatte dieser "Tag der vier Päpste" einen programmatischen Charakter.