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Lieber mehr Brot statt immer teurerer Spiele

Beim Aufstand in Brasilien prallten das große Geld der wenigen und die leeren Taschen der vielen aufeinander.

Josef Bruckmoser

Das war ein besonders fantasievolles Transparent bei den jüngsten Protesten in Brasilien: "Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, wir verändern soeben Brasilien!"

Wer hätte das gedacht, dass im fußballbegeisterten Brasilien die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 für einen wochenlang anhaltenden Protest sorgen könnten.

"Brot und Spiele", mit dieser politischen Zauberformel haben römische Kaiser ihr Volk beruhigt. Wer genug zu essen hat und genug Unterhaltung hat, ist ruhig. Das war wohl auch eine Überlegung der politisch Verantwortlichen und der Sportfunktionäre in Brasilien. Die zwei Mega-Sportevents sollten den Nationalstolz beflügeln und dem sogenannten Wirtschaftswunder unter Präsidentin Dilma Rousseff die Krone aufsetzen.

Völlig unerwartet ist dieser Schuss nach hinten losgegangen. Denn für viele Brasilianerinnen und Brasilianer stimmt die Rechnung nicht mehr, Sie haben wenig Brot und sehen nur teure Spiele. Während Universitäten verrotten, werden für viele Milliarden Euro Prachtbauten errichtet. In Rio de Janeiro hat die Aussicht auf die Olympischen Spiele sogar in den Favelas, den Vierteln der Habenichtse, die Grundpreise in die Höhe getrieben. Selbst wenn der eine oder andere der bisherigen Bewohner einen kurzfristigen Gewinn daraus ziehen kann, muss er sich andernorts eine neue Existenz aufbauen. Dass die Großstädte jetzt auch noch die Preise für die öffentlichen Verkehrsmittel in die Höhe getrieben haben, brachte das Fass zum Überlaufen.

Brasilien ist in den vergangenen Tagen zu einem Brennpunkt des großkapitalistischen Spiels geworden: Weltmeisterschaften und Olympia sind ganz nach dem Geschmack von Grundstückspekulanten, Bauherren und Tourismusmanagern. Wer schon bisher im unteren Drittel der Einkommenspyramide gelegen ist, geht bei diesen Spielen der Großen leer aus.

Die Botschaft der Demonstranten ist eindeutig: Mehr Brot, weniger Spiele!