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Mit Franziskus rollt der Stein

Unter der Hand verwandelt sich das Papstamt mehr, als jetzt zu sehen ist.

Josef Bruckmoser

Gestandenen Katholiken mag die Meldung ein wenig wundersam vorgekommen sein. Da meinte doch dieser Tage ein Erzbischof aus Argentinien, es sei kein Gesetz, dass der Papst in Rom residiere. Er könnte seine Zelte - oder konkret vielleicht sein Zimmer in einem Gästehaus - auch in Bogota aufschlagen. Die Kurie in Rom sei jedenfalls nicht für die Ausübung des Papstamtes wesentlich, sagte Erzbischof Victor Manuel Fernandez (52). Der Papst könnte auch außerhalb des Vatikans leben und "eine Behörde in Rom und eine andere in Bogota haben und sich vielleicht mit Liturgie-Fachleuten in Deutschland zu einer Telefonkonferenz zusammenschalten". Denn, so der Landsmann von Jorge Mario Bergoglio, aus theologischer Sicht sei es ohnehin nicht die römische Kurie, die dem Papst zur Verfügung stehe, um den Gläubigen zu dienen, sondern das Bischofskollegium.

Einen ähnlichen Gedanken über den Wandel des Papstamtes äußert der peruanische Priester und Poet Luis Zambrano. Er sagte im SN-Gespräch auf die Frage, was Papst Franziskus in der Kirche werde ändern können, "nicht viel". Das war aber nur die Hälfte der Antwort. Die andere Hälfte war die Überzeugung von Zambrano, dass mit dem Argentinier eine Ära von Päpsten aus den armen Ländern des Südens eingeläutet sei. Franziskus sei dafür - und das sei nicht wenig - der Türöffner. Er habe den Stein ins Rollen gebracht.

Fest steht: Mehr oder weniger im Handumdrehen hat Papst Franziskus das vollzogen, wovon seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil immer nur die Rede war: die Öffnung vom eurozentrischen römischen Katholizismus hin zur Weltkirche.