Die Österreicherinnen und Österreicher lassen sich bei der Spendenbereitschaft nicht lumpen. Zweifellos wird auch das jüngste Erdbeben in Nepal mit seinen fürchterlichen Folgen eine Welle der Hilfsbereitschaft auslösen.
Ein entscheidender Faktor dafür sind, das stellen Hilfsorganisationen übereinstimmend fest, die Bilder. Eingestürzte Häuser, Menschen, denen es an Nahrungsmitteln ebenso fehlt wie an Medikamenten, Kinder und Jugendliche, die zu Waisen geworden sind - all das rührt ans Herz. Das Bedürfnis ist groß und ehrlich, das Leid und Elend wenigstens durch einen finanziellen Beitrag zu lindern.
Ganz anders ist es mit menschlichen Tragödien, die sich nicht im Lichte der Weltöffentlichkeit abspielen. Zum Beispiel jahrelang anhaltende bürgerkriegsähnliche Zustände in afrikanischen Ländern. Oder das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Chaos, das die westliche Intervention gegen den Diktator Gaddafi in Libyen hinterlassen hat.
Aus solchen Regionen gibt es kaum Bilder. Daher können wir uns auch die Not der Menschen dort kaum vorstellen. Was wir sehen - und was uns dann überrascht und erschreckt -, sind die Flüchtlingsströme, die sich derzeit aus Afrika nach Europa bewegen.
Ein erheblicher Teil des Unverständnisses, auf das diese Flüchtlinge in Europa stoßen, entspringt nicht bösem Willen oder besonderer Herzenshärte. Es fehlt uns, im wahrsten Sinne des Wortes, schlicht und einfach an "Einsicht". Wir sehen nicht in diese Länder hinein, weil wir keine Bilder haben. Die Not und die kriegerischen Auseinandersetzungen, die sich über Jahre erstrecken, geben wenig Anstoß zu einer aktuellen medialen Aufbereitung. Ein Megaereignis wie das Erdbeben in Nepal, das auf einen Schlag Tausende Menschenleben kostet, rührt uns viel unmittelbarer an.
Wir sollten uns zumindest bewusst sein, wie die Bilder, die wir haben - und vor allem die, die wir nicht haben -, unsere Empathie und Hilfsbereitschaft bestimmen.