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Papst Franziskus - ein katholisches Paradoxon

Mit Joseph Ratzinger alias Papst Benedikt XVI. hat Hans Küng seine kirchenpolitischen Kämpfe ausgetragen. Jetzt hegt der 85-jährige Theologe wieder Hoffnung auf einen Umschwung in der katholischen Kirche.

Josef Bruckmoser

Am 19. März dieses Jahres ist Hans Küng 85 Jahre alt geworden. Es war jener Festtag des hl. Josef, an dem der Jesuit Jorge Mario Bergoglio in sein Amt als Papst Franziskus eingeführt wurde. In einem Essay in der "Süddeutschen Zeitung" vom Samstag setzt Hans Küng sich nun mit dem auseinander, was er das "Franziskus-Paradox" nennt - beinahe ein wenig perplex und mit dem erstaunten Unterton: Ist es wirklich wahr, dass ich das noch erleben kann, einen Papst, der vielleicht tatsächlich auf den Spuren des Bettelmönchs wandelt?

"Unfehlbar? Eine Anfrage ", mit diesem Buch über das Papstamt hatte der führende deutsche Theologe und Konzilsberater Hans Küng das katholische Lehramt herausgefordert. Dieses reagierte mit seiner schärfsten Sanktion und entzog Küng im Jahr 1979 die Lehrerlaubnis.

Hans Küng hat seinen Weg gefunden und mit seinem "Projekt Weltethos" einen durchaus maßgeblichen Weg für den Dialog der Weltreligionen beschritten. "Kein Weltfrieden ohne Religionsfrieden" lautet seine Kurzformel, die - leider - tagtäglich bestätigt wird.

Und jetzt das. "Als ich mich entschloss, zum 85. Geburtstag meine Ehrenämter niederzulegen", schreibt Küng in seinem aktuellen Essay, "ging ich davon aus, dass mein Traum, nochmals einen Umschwung in unserer Kirche zu erleben, nicht in Erfüllung gehen würde. Und siehe da: Mein theologischer Lebensbegleiter Joseph Ratzinger trat vom päpstlichen Amt zurück, und am 19. März, seinem Namenstag und meinem Geburtstag, trat ein neuer Papst mit dem überraschenden Namen Franziskus sein Amt an."

Küng erinnert daran, dass das Papsttum mit Innozenz III. (1198-1216) einen Höhepunkt erreicht hatte - und dass Franz von Assisi mit elf Brüdern im Jahr 1209 genau diesen Papst ersuchte, seine Lebensweise "nach der Form des heiligen Evangeliums in Armut" zu genehmigen.

Seither seien Papsttum und mönchische Armutsgelübde im schroffen Gegensatz zueinander gestanden. Ein Gegensatz, den "Papst Franziskus" offenbar überwinden wolle. "Lassen sich Papst und Franz je versöhnen?", fragt Küng und gibt sich und allen reformfreudigen Katholiken die Antwort: "Unsere Hoffnung sollten wir nicht zu früh aufgeben!"