Dass Kinder im Religionsunterricht erst das Kreuzzeichen lernen müssen, ist nicht neu. Mit dem Palmbuschen verhält es sich ein wenig anders. Denn die Palmprozession gehört zu jenen Ereignissen im Laufe des Kirchenjahres, das am meisten Aufmerksamkeit findet. So viel wie oder manchmal sogar mehr als die Gottesdienste zu Weihnachten.
Das ist plausibel. Denn bei der Palmprozession harmonieren die realen Alltagserfahrungen am besten mit dem kirchlichen Ritual. Da geht es um das Erwachen des Frühlings, symbolisiert in den Palmbuschen, es geht um die Begegnung mit der Natur, vollzogen in der Prozession unter freiem Himmel, und das Ganze hat für Kinder auch noch einen erlebnishaften Charakter, weil sie während der ganzen Zeremonie kaum erwarten können, endlich von den Brezen auf dem Palmbuschen zu naschen.
Besagte Religionslehrerin geht denn die Sache pragmatisch an. Sie wird mit den Kindern Palmbuschen binden. Wohl die meisten werden diese dann stolz in der Prozession vor sich her tragen.
Generell bestätigt die Erfahrung der Religionslehrerin, was die Jesuitenzeitschrift "Christ in der Gegenwart" unlängst so formuliert hat: Fremdsprache Deutsch, Fremdsprache Religion. Das Christentum müsse hierzulande wieder wie eine lebende Fremdsprache erlernt werden. Von Grund auf neu, mehr oder weniger bei null beginnend.
Bedenklich muss die Kirchen bei diesem Vergleich stimmen, dass eine Sprache nur in jungen Jahren gut und akzentfrei angeeignet werden kann. Nicht dass es später gar nicht mehr möglich wäre, aber es wird unendlich viel mühsamer.
Ein Zweites: Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Deutsch als lebende Fremdsprache nur dann nachhaltig erlernt wird, wenn die Kinder auch zu Hause eine entsprechende "Ansprache" haben. Alle Förderprogramme, und mögen sie noch so früh einsetzen und didaktisch noch so perfekt sein, nützen wenig, wenn die Eltern nicht dahinterstehen.
Die Logik gilt auch für das Erlernen der Fremdsprache Religion. Diese Aufgabe darf nicht allein auf die Religionslehrerinnen und Religionslehrer abgewälzt werden. Denn die leisten zwar einen bewundernswerten Einsatz und sind hervorragend pädagogisch-didaktisch geschult. Aber ganz allein können auch sie kein religiöses Sprachenwunder wirken.