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Religion ist mehr gefragt als vermutet

Josef Bruckmoser

Religiosität und Kirchenbindung nehmen ab, gleichzeitig gibt es aber in der pluralen Gesellschaft eine zunehmend positive Grundhaltung gegenüber dem Christentum. Drei Viertel der Westdeutschen und die Hälfte der Ostdeutschen sehen das Christentum als "Fundament unserer Kultur" an. Und 70 Prozent der Westdeutschen und ein Drittel der Ostdeutschen halten eine religiöse Erziehung der Kinder für wichtig. Wobei man einschränken muss: Gemeint ist weniger die religiöse Erziehung daheim als im Religionsunterricht.

Angesichts dieser positiven Grundstimmung beklagt Viola von Melis, Leiterin des Zentrums für Wissenschaftskommunikation der Universität Münster, dass Theologinnen und Theologen die Chance, sich stärker in den öffentlichen Diskurs einzubringen, noch nicht erkannt hätten. Anstatt religiöse Traditionen fundiert - und allgemein verständlich - zu erklären und in einen kritischen Austausch mit der Gesellschaft und mit anderen Wissenschaften einzutreten, spiele sich Theologie weithin im sprichwörtlichen Elfenbeinturm ab. Es bestehe ein Grundinteresse an religiösem Wissen, das nicht ausreichend bedient werde.

Die Gretchenfrage stellte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Sorge, das christliche Abendland gehe unter, konterte sie mit der Frage, ob jemand spontan erklären könne, was Christen zu Pfingsten feiern.