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Abkassieren, abzocken, ausnehmen - und das ohne Leistung

Offenbar ist es für Banken eine Zumutung, dass die Leute ihr eigenes Geld abheben wollen. Drum sollen sie dafür zahlen.

Viktor Hermann

Wo sind die Zeiten geblieben, als man in Österreich eine Bank betreten und sich dort willkommen fühlen konnte? In den vergangenen Jahren haben die Banken ihre Filialen kräftig umgerüstet. Sie haben Barrieren errichtet, um nur ja zu verhindern, dass allzu viele Kunden zu einem der wenigen Bankangestellten vordringen. Sie haben Maschinen aufgestellt, die all das tun, was früher von diensteifrigem Personal erledigt wurde: Geld überweisen, Kontoauszüge drucken, den Kontostand abfragen, Geld abheben. Dafür, dass der Kunde nun die ganze Arbeit selbst erledigt, verrechnet ihm sein Geldinstitut eine Kontoführungsgebühr.

Zinsen auf Einlagen sind ebenso eine Sache der Vergangenheit. Man erinnert sich noch daran, wie man einst höhere Einlagenzinsen aushandeln konnte, indem man drohte, es halt bei einem anderen Institut zu versuchen. Heutzutage muss man schon dankbar dafür sein, wenn Sparguthaben mit sensationellen 0,1 Prozent verzinst werden, von denen nach Abzug der KESt fast nichts bleibt. Aber keine Sorge: Auch das wird nicht mehr lange so sein. Da man am Service nur mehr schwerlich etwas einsparen kann, wird der p. t. Bürger, der die Chuzpe hat, sein Geld einer Bank anzuvertrauen, bald dafür zahlen müssen, dass das Institut sein Geld überhaupt annimmt. Das als Negativzins zu bezeichnen, kann nur einem einfallen, der seinerzeit Massenentlassungen in der Industrie als "Freisetzung" schöngeredet hat.

Und nun taucht die Idee auf, Leute dafür bezahlen zu lassen, dass sie ihr eigenes Geld wieder von der Bank abholen wollen, um damit einkaufen zu gehen oder den Kindern das Taschengeld auszuzahlen. Es dürfte den Geldhäusern als Zumutung erscheinen, wenn Leute, die zuerst der Bank ihr Geld aufgedrängt haben, einen Teil dieses Geldes plötzlich wieder zurückhaben wollen.

Freilich erinnert diese Gier nach anderer Leute Geld auch ein wenig an unsere Regierung. Der Sozialminister ist zwar flott da mit der Absicht, eine Bankomatgebühr gesetzlich zu verbieten, lässt aber selbst keine Möglichkeit aus, seine Klientel abzuzocken. Wie sonst wäre es möglich, dass er kurzzeitig plante, Alterspensionisten die Pension zu kürzen, wenn die sich erfrechen, nebenbei etwas zu verdienen? Wie sonst ist es denkbar, dass unser Sozialsystem von Pensionisten, die weiterarbeiten, Pensionsbeiträge einfordert, obwohl diese Leute niemals eine Gegenleistung für diese Beiträge erhalten werden?

Da offenbart sich bei Banken, Regierung und Sozialsystem eine fatale Grundhaltung: Da man offenbar mit dem Geld, das einem anvertraut wurde, nicht auskommt, verlegt man sich darauf, bei der Kundschaft abzukassieren - denn die kann sich eh nicht wehren.