Jan Böhmermann hat übertrieben. Was er für Satire auf einer Metaebene hielt, geriet zur plumpen, untergriffigen Beleidigung. So etwas gehört sich nicht und hat Kritik verdient. Die Reaktion des unflätig Beschimpften freilich war alles andere als souverän. Und die Art, in der sich nun die Bundesrepublik Deutschland dem Herrscher in Ankara zu Füßen wirft, ist in ihrer Unterwürfigkeit geradezu unappetitlich.
Es ist den Kontrahenten zu danken, dass sie den Blick der Öffentlichkeit auf ein Phänomen gelenkt haben, das viel zu oft in Vergessenheit gerät: Die Tatsache, dass auf Satire und Pöbeleien nur der mit gereizter Empfindlichkeit reagiert, der sich seiner Position aus irgendeinem Grund nicht sicher ist.
Die ÖVP hatte zum Beispiel einmal einen Generalsekretär, der sich als wahrer Kettenhund der Politik verstand und sich auch so benahm. Kein Wunder also, dass er in zahllosen Karikaturen verspottet und verhöhnt wurde. Der Mann, selbst angesehener Rechtsanwalt, klagte aber nicht einen einzigen Karikaturisten. Im Gegenteil, er kaufte die Originale all jener Karikaturen, in denen er kräftig durch den Kakao gezogen wurde. Nicht, um diese Spottwerke aus dem Verkehr zu ziehen, sondern, um sie stolz herzuzeigen. Ihm war klar, dass Gegenstand solchen Spotts nur wird, wer in seiner Position gefestigt und prominent ist.
Von solchem Selbstbewusstsein ist weit entfernt, wer jeden Satiriker und jeden Kritiker gleich mit dem Strafgesetzbuch verfolgt. Die Klagswelle, die der türkische Präsident Erdoğan gegen Journalisten, Karikaturisten, Satiriker und viele andere losgetreten hat, ist zwar bedrohlich für jedes einzelne seiner Opfer. Zusätzlich aber zeigt sie, dass der Möchtegern-Sultan wenigstens fühlt, wie wenig legitim sein Allmachtsanspruch ist.
Diktatoren, Monarchen, totalitäre Systeme fürchten nichts mehr als Satire und Humor. Denn ihnen ist nicht mit der Entmachtung des Parlaments, mit Pressezensur und einem tyrannischen Sicherheitsapparat beizukommen. Humor schlägt sich überall dort Bahn, wo normale Kritik an den politischen Zuständen verboten ist.
Diktaturen sind nach dem Willen der Herrscher humorfreie Zonen. Denn nichts schmerzt den Autokraten mehr als die Lächerlichkeit seiner Posen, die in der Satire bloßgestellt wird, die Witze, die über seinen Herrschaftsanspruch erzählt werden. Deshalb gingen auch alle Tyrannen mit brachialer Gewalt gegen jeden vor, der den Humor als Mittel der politischen Kritik einsetzte. Nazis, Sowjets und alle anderen Unrechtsherrscher des 20. Jahrhunderts verfolgten Satiriker. Es ist schon erstaunlich, dass Erdoğan ausgerechnet dort seine Vorbilder sieht.