Eine der wesentlichen Aufgaben der Politik ist es, Rahmenbedingungen und Regelwerke für das Zusammenleben von Menschen zu schaffen. Unterschiedliche Interessen sind auszugleichen, spezielle Bedürfnisse zu befriedigen, die Politik stellt Sicherheit her und garantiert durch das staatliche Gewaltmonopol die Einhaltung der Gesetze.
In einer idealen Welt würden sich alle Bürger an alle Regeln halten und es gäbe keine Konflikte, keine Gesetzesverstöße, keinen Betrug, keinen Bankraub, keine Wirtshausschlägereien - und selbstverständlich auch keine Verkehrsunfälle. Da Verkehrsunfälle immer dann passieren, wenn sich Verkehrsteilnehmer nicht an die Regeln halten - Höchstgeschwindigkeit, Vorfahrtregeln, Ampeln, kein Alkohol am Steuer -, könnten wir theoretisch in einer fast unfallfreien Gesellschaft leben, abgesehen von technischen Gebrechen an Fahrzeugen oder ähnlichen unberechenbaren äußeren Einflüssen.
Da wir aber die ideale Welt allenfalls erträumen können, wird es wohl immer ein gewisses Restrisiko geben, vor allem auch im Straßenverkehr. Schärfere Überwachung durch die Polizei kann helfen, das Problem mit alkoholisierten Lenkern stark einzuschränken, völlig abschaffen wird man es kaum können.
Doch halt, ein Land am nördlichen Ende Europas will gerade das erreichen. In Schweden will man den Tod im Straßenverkehr abschaffen. Das klingt wunderbar, macht aber doch auch ein wenig stutzig. Denn wie will man das dort erreichen? Durch mehr Kontrolle, durch schärfere Gesetze, durch härtere Strafen?
Nun, Schwedens bekanntester Straßensicherheitsexperte weiß ganz genau, wie das geht. Man müsse, sagt der Mann, rund um den größten Schwachpunkt im Straßenverkehr, den Menschen, ein "idiotensicheres Rundumsystem bauen, das schwere Unfälle verhindert".
Nur selten hat jemand seine Meinung über andere Menschen so ehrlich offengelegt: Der Herr Verkehrssicherheitsexperte hält die Verkehrsteilnehmer grundsätzlich für Idioten, die man auch wie Idioten behandeln müsse. Damit betritt ein Vertreter der Obrigkeit gefährliches Terrain. Denn auch in Schweden dürfte es den ungeschriebenen Vertrag zwischen Obrigkeit und Untertanen geben, wonach die Untertanen die Obrigkeit respektieren, vorausgesetzt, auch die Obrigkeit bringt Respekt für die Regierten auf.
Besoffene Autofahrer, Raser und Leute, die Verkehrsregeln arrogant ignorieren, sind eine Gefahr, der man effektiv begegnen muss. Deshalb aber gleich alle Verkehrsteilnehmer als geistig Minderbemittelte hinzustellen, die man an der Hand nehmen und ständig führen muss, ist der beste Weg in eine Gesellschaft, in welcher der Staat nicht mehr wohlmeinender Wächter über die Sicherheit der Bürger ist, sondern ein widerlicher Tyrann.