Es schaut so wunderbar nach einer einfachen Lösung aller europäischen Sorgen aus. Die Populisten und Nationalisten in den diversen Ländern Europas locken rundum mit Patentrezepten: Die Rollbalken runter an den Grenzen, Zäune gebaut quer durch das vereinte Europa - und schon kommt keiner mehr zu uns, den besorgte Bürger nicht bei uns haben wollen. Der Gedankengang ist nicht nur nicht praktikabel und wenig menschenfreundlich, er ist rundum schädlich.
Es wäre ja nicht damit getan, dass Ungarn an den Grenzen zu den Nachbarländern Zäune baut und Slowenien dem Beispiel folgt und danach womöglich Österreich und Deutschland und wer auch immer sonst noch. Grenzen zu schließen und "die anderen" draußen zu halten allein funktioniert ja nicht. Die Folge wäre nicht nur ein Ende des freien Transfers von Menschen innerhalb der Europäischen Union, sondern auch des freien Warenverkehrs.
Wer nun meint, das wäre ja noch kein Beinbruch, ist sich nicht der dichten wirtschaftlichen Verflechtung bewusst, die die europäische Wirtschaft mittlerweile erreicht hat. Die Wertschöpfungsketten gehen längst über alle Grenzen hinweg und sind auf die offenen Grenzen angewiesen. Die Herstellung von Gütern hat sich in weiten Bereichen der Wirtschaft auf eine Just-in-time-Produktion eingespielt, die ohne teure Lagerhaltung und ohne lange Lieferzeiten auskommt.
Die Fragmentierung des europäischen Wirtschaftsraumes durch die gegenseitige Abschottung, wie sie von Viktor Orbán, Marine Le Pen, HC Strache und anderen als Allheilmittel angepriesen wird, würde nicht nur der Wirtschaft schaden, sondern auch jenen, deren selbsternannte Vertreter diese rechten Populisten sind: den anständigen und fleißigen Menschen, die dank des riesigen europäischen Marktes heute wirtschaftlich besser dastehen als in der Zeit, als Europa von Grenzbalken zerteilt war.
Die Fragmentierung der EU hätte aber auch unmittelbare Nachteile für die Sicherheit Europas zur Folge. Der Umgang mit der Flüchtlingskrise ist ohne die Kooperation aller europäischen Länder schwierig genug. Wenn Ungarn, Polen und andere weiterhin ihre nationalistischen Egoismen pflegen, bleiben die Lasten des Flüchtlingsstroms an einigen wenigen Ländern hängen. Wenn diese nationale Eigenbrötelei sich auf die Kooperation bei der Terrorismusbekämpfung ausdehnt, dann haben ausgerechnet jene Politiker die Gefahren für Europa vergrößert, die pausenlos Alarm schreien.
Nationalisten und Populisten führen ihre Anhänger auf einen Holzweg, indem sie ihnen vorgaukeln, Abschottung bringe Sicherheit vor Terroristen und erhalte zugleich den Wohlstand, weil wir den dann nicht mit Flüchtlingen zu teilen brauchten. Dabei ist es gerade die Zersplitterung Europas, die die Wirtschaft und die Terrorabwehr schwächt.