SN.AT / Leben

Der Friedhof als Lebensraum

Durch naturnahe Bepflanzung und eine durchdachte Gestaltung könnten Friedhöfe zu einem Ort werden, an dem man gut verweilen kann und der Lebensraum für Tiere und Pflanzen schafft.

Blühstreifen zieren den Friedhof in Ebenau.
Blühstreifen zieren den Friedhof in Ebenau.

In einer intensiven, landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft könnten Gemeinden und Städte Voraussetzungen für Rückzugsmöglichkeiten und die Ausbreitung gefährdeter Arten schaffen. Bereits jetzt gehen Ökologen davon aus, dass in bewohnten Gebieten oft mehr Vielfalt herrscht als in der sie umgebenden Natur.

Friedhöfe sind grüne Inseln inmitten bebauter und versiegelter Flächen. Alte Bäume sorgen für Feinstaubfilterung und Kühle im Sommer, alte Strukturen in Mauern und Bäumen bieten Nistmöglichkeiten und als meist unversiegelte Fläche dienen Friedhöfe der langsamen Versickerung und bringen so zusätzliche Kühlung an heißen Tagen - so könnte es sein und in größeren Städten ist das häufig so. Auf den Friedhöfen kleinerer Gemeinden sind hingegen Kiesel, Marmor und Beton weit verbreitet. Gerade im Sommer können diese Orte zu einer Qual werden, denn kein Schatten und kein Grün lindern die Hitze - ein reichlich lebensfeindliches Umfeld für Mensch und Tier.

Friedhof als Begegnungsstätte

Die sozialen Aspekte werden oft unterschätzt, ist doch der Friedhof nicht nur ein Ort, um sich an die Vorangegangenen zu erinnern, sondern vielmehr auch ein Platz des Zusammenkommens. Würden Friedhöfe durch Sitzmöglichkeiten und ansprechende Bepflanzung eher einem Friedpark gleichen, könnten soziale Kontakte besser geknüpft und erweitert werden. Auch für Tiere und Pflanzen ließen sich interessante Projekte gestalten.

Der besorgniserregende Artenschwund in Europa ist eng mit dem Einsatz verschiedenster Pestizide verknüpft. Wenn die seltenen Tiere, Pflanzen oder Pilze auch nicht direkt geschädigt werden, so führen ausgeräumte Landschaften und die übermäßige Verwendung von Unkrautvernichtungsmitteln aufgrund von Nahrungsmangel und Habitatzerstörung doch zu einem weiteren Rückgang der ohnedies gefährdeten Arten. Durch den Verzicht auf Pestizide und die Verwendung organischer Dünger leisten manche Gemeinden bereits einen Beitrag zur Erhöhung der Biodiversität. Würden zusätzlich strukturelle Nischen und Biotope geschaffen, wäre das für seltene Pflanzen und Tiere ein Gewinn.

Warum also nicht den Friedhof zur naturnahen Begegnungsstätte umgestalten? Was bietet sich da besser an, als eine pestizidfreie Naturoase zu schaffen, die gerne besucht wird, die Schatten spendet und interessante Pflanzen und Tiere beheimatet?

Bäume und Sitzbänke sind einfache Möglichkeiten, die zum Zusammenkommen, zum Verweilen und Reden einladen.

Nein zu Pestiziden, Nein zu Kunstdünger

Gegen praktisch alle vorkommenden Krankheiten und Schädlinge an Pflanzen gibt es ökologische Alternativen, die das Gleichgewicht der Natur bewahren und trotzdem hochwirksam sind. Der erste Punkt eines ökologisch gepflegten Friedhofs ist daher der Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide. Der Boden ist die Grundlage der Pflanzengesundheit. Analog zum Darm des Menschen sollte auf eine gute Flora, also Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien, geachtet werden. Um diese zu erhalten und zu fördern, sollte man auf mineralische Kunstdünger verzichten. Diese meist salzhaltigen Düngemittel vernichten das Bodenleben, besonders die wichtigen Mykorrhizapilze. Der zweite Punkt in der Pflege des Naturfriedhofs lautet demnach: Verzicht auf chemisch-synthetische Düngemittel!

Um eine Grünoase zu schaffen, sollten möglichst viele Gehölze gesetzt werden. Bäume und Sträucher werden im Laufe der Jahre zu stilbildenden Elementen. Warum nicht eine Allee am Hauptweg planen? Auch Hecken eignen sich hervorragend als lebende Zäune. Mindestens ein Großbaum, auch als Symbol von Bedeutung, sollte auf einem kleinen Friedhof seinen Platz finden.

Wege neu gestalten

Mit Kies geschotterte Wege sind sehr pflegeintensiv und deshalb teuer im Unterhalt. Zudem sind solche Rieselflächen nicht barrierefrei und für viele Personen schwer nutzbar. Hauptwege, größere Plätze und breitere Zwischenwege sollten entsprechend umgestaltet werden - beispielsweise sind wassergebundene Decken, Schotterrasen, Pflasterungen oder auch die Kombination verschiedener Möglichkeiten sehr viel pflegeärmer und auch optisch ansprechender.

Auf Kiesflächen sollte größtenteils verzichtet werden. Lediglich in den schmalen Wegen um die Gräber erweist sich Kies als sinnvoll, denn eine Umgestaltung ist hier aufwendig. Mit einfachen Handgeräten wie der Pendelhacke lassen sich ungewollte Beikräuter in diesen Zwischenräumen rasch entfernen - oft stehen diese genau wie Gießkannen kostenlos zur Verfügung.

Weg also von Kieselwegen und hohem Arbeitsaufwand, hin zu Vielfältigkeit, Natur und ansprechenden Blühflächen. So kommt mehr Leben auf den Friedhof!