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Dem Kinderwunsch im Weg - als Mann

Nicht nur Frauen - auch Männer sind für ungewollte Kinderlosigkeit verantwortlich. Eine frühe Abklärung der Ursachen ist daher entscheidend, um helfen zu können.

Viele Paare stehen vor dem Problem, dass sich ihr Kinderwunsch einfach nicht erfüllen will. Oftmals lässt sich das Problem medizinisch lösen.
Viele Paare stehen vor dem Problem, dass sich ihr Kinderwunsch einfach nicht erfüllen will. Oftmals lässt sich das Problem medizinisch lösen.

"Als wir beide erfahren haben, dass wir wahrscheinlich nie Kinder haben können, waren wir am Boden zerstört", erinnert sich Marian. Seit Jahren freuten sich er und seine Partnerin Anita darauf, eine Familie zu gründen. Doch sie sind nicht die Einzigen mit dieser Diagnose: Allein über 11 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen sind im Laufe ihres reproduktiven Lebens mit Unfruchtbarkeit konfrontiert, heißt es in einer vom Österreichischen Familieninstitut durchgeführten Erhebung. Bei Männern steigt die Unfruchtbarkeit mit dem Alter: Während diese in der Altersgruppe der 25- bis 29-Jährigen bei 4 Prozent liegt, macht sie bei den 40- bis 44-Jährigen bereits 20 Prozent aus.

Kinderwunsch nicht zu weit nach hinten schieben

Der Kinderwunsch von Marian und Anita war groß, zumal beide in ihren beiden Ursprungsfamilien mehrere Geschwister haben. Bevor sie aber "mit dem Basteln" beginnen wollten, wollten sie die Zeit noch intensiv nutzen, indem sie viel reisten und sich beruflich engagierten. "Viele Paare verschieben den Kinderwunsch gerne nach hinten, wodurch aber die Fruchtbarkeit sinkt", warnt Heinz Strohmer, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und Leiter des Kinderwunschzentrums in Wien, der Paare unterstützt, Kinder zu bekommen. Laut Studien seien die Spermien von über 45-jährigen Männern bereits weniger beweglich, weshalb der Kinderwunsch besser in jüngeren Jahren verwirklicht werden sollte.

Krampfadern im Hoden gefährden Fruchtbarkeit

Sehnsuchtsvoll erwarteten Marian und seine Partnerin einen positiven Schwangerschaftstest. Doch dieser blieb aus. Nachdem es nach zwei Jahren nicht klappen sollte, suchten sie mehrere Ärzte auf, um der Ursache der Kinderlosigkeit auf den Grund zu gehen. Eine Ultraschalluntersuchung bei einem Urologen brachte schließlich Gewissheit: Nicht Anita, sondern Marian stand der Elternschaft im Weg. Bei ihm wurde eine Krampfader (Varikozele) im Hodensack diagnostiziert. "Oft ist der Krampfaderbruch im Hoden ein Zufallsbefund", erklärt Reproduktionsmediziner Heinz Strohmer. Zwei Formen werden dabei unterschieden: eine angeborene und eine, die sich erst im Laufe des Lebens des Mannes entwickelt. Rund 1 Prozent der Buben kommt mit einer Krampfader zur Welt; bei der Musterung wird sie im Schnitt bei 15 Prozent der erwachsenen Männer entdeckt.

"Eine Krampfader im Hoden ist oft ein Zufallsbefund."
Heinz Strohmer
Reproduktionsmediziner

"Gehäuft tritt eine Krampfader im linken Hoden auf", erklärt Heinz Strohmer. Ursache ist eine erweiterte Vene, die sich im Hodensack ausbreitet und eine Art Geflecht bildet. Daraus kann das Blut nicht mehr abfließen, weshalb es sich staut und die Temperatur ansteigen lässt. Diese Bedingungen beeinflussen die Samenproduktion und die Beweglichkeit der Spermien. Einige Männer können zwischen Infertilität und Impotenz hingegen nicht unterscheiden, was sich auch auf die Partnerschaft auswirkt, so der Mediziner.

Ernährung beeinflusst Spermienqualität

Nicht nur eine Krampfader - auch die Ernährung wirkt sich auf die Spermienqualität aus, weiß Heinz Strohmer vom Kinderwunschzentrum: "Wer stark übergewichtig ist und raucht, darf sich keine besonders gute Samenqualität erwarten." Während das Spermiogramm bei Vegetariern und Veganern signifikant bessere Werte zeigt, verschlechtern sich dessen Ergebnisse besonders bei hohem Fleischkonsum deutlich. Expertinnen und Experten raten Eltern zu einer ausgewogenen Kost aus Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Nüssen, Fisch und gesunden Fetten sowie Olivenöl. Marian hat in dieser Zeit auch seine Ernährung umgestellt und betrieb Sport, um die Spermienqualität zu verbessern. Auch nahm er zusätzlich ein Präparat.

Operation verbessert Fruchtbarkeit signifikant

Eine weitere Untersuchung ergab so auch, dass Marian eine Krampfader im Hoden hat. "Oft ist sie ein Zufallsbefund", sagt Reproduktionsmediziner Heinz Strohmer. Marian ließ ein Spermiogramm erstellen, die Probe dafür wird durch Masturbation gewonnen. Dessen Ergebnis war für die beiden niederschmetternd: Weder die Anzahl noch die Zusammensetzung der Spermien noch deren Beweglichkeit waren ausreichend, um eine Befruchtung der Eizelle auszulösen. Was aber nicht bedeutet, dass dadurch das Kinderkriegen problematischer sei. "Manchmal kann zwar der Mann in seiner Fruchtbarkeit eingeschränkt sein, bei der Frau ist jedoch alles in Ordnung." Für Marian führte kein Weg an der Operation des Krampfaderbruchs vorbei. Schon wenige Tage danach konnte er das Krankenhaus wieder verlassen. Anschließend wiederholte er das Spermiogramm alle drei Monate, um zu sehen, ob sich die Entfernung der Varikozele positiv auf die Spermienproduktion ausgewirkt hatte.

All das liegt schon eine Zeit zurück. Heute sind Marian und Anita glückliche Eltern von einem zweijährigen Sohn. Eine Tochter erwarten sie im Sommer. "Wir hätten uns nie gedacht, dass es doch funktionieren wird", strahlen die beiden, "die Hoffnung haben wir nie aufgegeben."

Zwischen Mann und Frau
Obwohl das Thema Unfruchtbarkeit sowohl das männliche als auch das weibliche Geschlecht betrifft, wird es von vielen Männern ausschließlich mit Frauen in Verbindung gebracht.
Für rund 55 Prozent der unerfüllten Kinderlosigkeit sind jedoch Männer "verantwortlich", für rund 15 Prozent Frauen und in 30 Prozent sind beide Partner der Grund, heißt es in einer Erhebung des Marketagent-Instituts in Wien.
44 Prozent der Männer sorgen sich, dass Frauen heute unfruchtbarer sind als noch vor 20 Jahren. 41 Prozent der Frauen schreiben das Problem eher den Männern zu.