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Hämorrhoidalleiden: Wenn es am Gesäß zwickt und zwackt

Hämorrhoiden erfüllen eine zentrale Funktion beim Stuhlgang. Umso wichtiger ist es, sanft und pfleglich mit ihnen umzugehen.

Nässen und Stuhlschmieren, die mit Jucken, Schmerzen und Brennen am After einhergehen können, weisen auf lädierte Hämorrhoiden hin.
Nässen und Stuhlschmieren, die mit Jucken, Schmerzen und Brennen am After einhergehen können, weisen auf lädierte Hämorrhoiden hin.

Jeder Mensch hat Hämorrhoiden, drei sogar, "und sie erfüllen eine sehr wichtige Funktion". Mit dieser Klarstellung räumt Michael Kisser, Facharzt für Chirurgie und Visceralchirurgie am Hämorrhoiden-Zentrum Wien, zu Beginn des SN-Gesprächs mit dem weitverbreiteten Missverständnis auf, der Begriff Hämorrhoiden bezeichne eine Krankheit. Hämorrhoiden sind Blutgefäße, erklärt er, die ausgehend vom Mastdarm den Analkanal bis zum Schließmuskel von innen wie Polster auskleiden. Als Schwellkörper garantieren sie den Feinverschluss des Afters. Mechanisch ausgedrückt, sagt Kisser, "arbeiten Hämorrhoiden wie ein Drucksensor, der sehr wichtig für die Feinabdichtung des Afters ist". Das Ergebnis einer jeden Hämorrhoidentherapie ist für den Experten damit nicht, dass man diese entferne, sondern dass die Hämorrhoiden ihre für den Körper sehr wichtige Funktion bestmöglich erfüllen können und dabei keine gesundheitlichen Probleme machen: "Sie sollen nicht jucken, sie sollen nicht bluten, sie sollen nicht rausfallen, das ist das Ziel."

Warnzeichen Blutspuren

Das erste Zeichen, dass mit den Hämorrhoiden etwas nicht in Ordnung sein könnte, sind helle Blutspuren beim Gang aufs WC: am Toilettenpapier, in der Klomuschel, am Stuhl. "Blutung aus dem After ist ein Zeichen dafür, dass mit den Hämorrhoiden etwas nicht stimmt", sagt Kisser und rät bei Auftreten dieser Indikation zur medizinischen Abklärung: "Denn das Blut könnte auch von weiter oben im Darm stammen, die Blutung hätte dann eine andere Ursache und gehört deswegen genau untersucht."

Andere Symptome lädierter Hämorrhoiden sind Nässen oder Stuhlschmieren, die mit Juckreiz, Schmerzen und Brennen am After einhergehen können. Grund dafür sind vergrößerte Hämorrhoiden, bis hin, dass diese über den Schließmuskel hinaushängen. In dieser Position können die Hämorrhoiden ihre Funktion als Dichtungsring des Afters nicht mehr ausüben. Umgangssprachlich heißt es dann: Die oder der hat Hämorrhoiden, der passende medizinische Fachausdruck dafür lautet aber "Hämorrhoidalleiden". Dieses kann in unterschiedlichen Schweregraden auftreten, ist eine sehr weit verbreitete, auch altersbedingte Erkrankung. Der Grund dafür sei, dass der Zustand der Hämorrhoiden auch mit einer Bindegewebsschwäche in Zusammenhang stehe, sagt Kisser: "Das heißt, mit zunehmendem Alter steigt auch die Tendenz für Probleme mit den Hämorrhoiden."

Hämorrhoiden mit körperliche Bewegung vorbeugen

Körperliche Bewegung, Sport und Gymnastik zur Kräftigung der Muskulatur um die Leibesmitte lautet daran anschließend der Rat des Experten, um den Dichtungsring zwischen den Pobacken auch in einem höheren Alter in straffem Zustand und an der richtigen Stelle zu halten. "Von einer guten Bauch- und Beckenbodenmuskulatur profitieren auch die Hämorrhoiden", sagt Kisser und nennt als weitere Vorbeugemaßnahmen, "dass der Stuhl weich ist und der Toilettengang möglichst effizient und kurz gehalten wird". Weicher Stuhlgang bedeutet weniger Kraftaufwand beim Pressen und damit weniger Druck auf die Hämorrhoiden. Gleiches gilt für einen zügigen und effizienten Toilettengang.

"Toilettengang möglichst effizient und kurz halten."
Michael Kisser
Chirurg

Wer seinen Hämorrhoiden etwas Gutes tun will, verzichtet daher auf ausgedehnte WC-Sitzungen, da sie in dieser Stellung immer stärker anschwellen und über den Schließmuskel hinausgedrückt werden.

Wasser statt Klopapier

Als weitere Empfehlung für einen schonenden Umgang mit den Hämorrhoiden gibt Kisser seinen Patienten den Rat, "wenig mit Klopapier zu arbeiten, stattdessen den After auszuduschen". Aber ohne Seife, nennt er eine im ersten Moment nicht leicht nachvollziehbare Einschränkung, reden wir hier doch vom Moment direkt nach dem Stuhlgang. Als Begründung zieht Kisser einen Vergleich: "Niemand würde jeden Tag seine Zunge oder Lippen mit Seife waschen, genauso wenig sollte das am After gemacht werden." Natürlich weiß er vom Gefühl, dass man gerade am Po bestmögliche Hygiene einhalten möchte, aber auch mit Wasser ohne Seife oder Desinfektionsmittel sei diese erreichbar, sagt er, "denn die Keimanzahl um den After ist so und so nicht reduzierbar, das gehört zur natürlichen Flora dazu". So wie Lippen oder die Zunge sind auch Hämorrhoiden empfindlich und können, wenn sie nach dem Stuhlgang über den Schließmuskel hinausstehen, durch Klopapier, durch Reiben, durch Seife leicht verletzt bzw. gereizt werden.

Veröden wie Krampfadern

Zu den konservativen Therapien bei Hämorrhoidalleiden gehören deswegen an erster Stelle Stuhlaufweicher, sanfte Analhygiene und Sitzbäder. Fortgeschrittene Entzündungen und Schwellungen werden auch mit Salben oder Zäpfchen behandelt. Im Anfangsstadium von Beschwerden kann auch eine Verödung helfen; vergleichbar mit der Behandlung bei Krampfadern ist diese schmerzlos und wird ambulant durchgeführt.

Erst wenn sich die Hämorrhoiden nicht mehr hinter den Schließmuskel zurückzögen, müsse man operativ tätig werden, sagt Kisser. Der Bogen an Eingriffen spannt sich von einer Gummibandligatur, bei der man die Hämorrhoiden mithilfe eines Nahtverfahrens hineinzieht, über das sogenannte Stapler-Verfahren, das sie durch Raffen der Schleimhaut mit einem Klammergerät wieder an ihren ursprünglichen Platz bringt, bis hin zur klassischen Hämorrhoidenoperation, bei der sie entfernt werden. Entscheidend für eine Heilung sei, sagt Kisser, dass die Behandlung den Problemen und körperlichen Voraussetzungen der Patienten angepasst werde, "dann sind die Erfolgsaussichten sehr gut". Dazu gehört, dass man bei ersten Anzeichen für Probleme mit den Hämorrhoiden sofort ärztlichen Rat sucht und diesen Kontakt nicht etwa aus falsch verstandener Scham länger hinauszögert, lautet Kissers abschließender Rat. Denn bereits eine kurze Untersuchung und möglicherweise eine Darmspiegelung reichen für eine gesicherte Diagnose aus, warum es zwischen den Pobacken juckt und was dagegen hilft.