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Freude am Schwimmen: Was an dem Sport im "Schwebezustand" so fasziniert

Beim Schwimmen scheint die Schwerkraft beinahe aufgehoben. Ein Vorteil, der den Sport für Menschen jedes Alters attraktiv macht.

Ein Gefühl von Glück im kühlen Nass.
Ein Gefühl von Glück im kühlen Nass.

Wenn Luca Karl ins Wasser eintaucht, wird es still um ihn. Nur das Blubbern des Wassers umgibt ihn, während er mit jedem Kraulzug Wassermengen hinter sich schiebt. Der Alltagsstress ist ganz weit weg, an seine Stelle tritt die Regelmäßigkeit der Schwimmbewegungen. Ein Zustand, den der 23-jährige Salzburger als beruhigend und meditativ beschreibt. Luca Karl trainiert wöchentlich 30 Stunden im Salzburger Leistungszentrum in Rif. Nach 15 Staatsmeistertiteln und dem 6. Platz im Weltcup in Budapest 2023 hat er als großes Ziel die Olympischen Spiele vor Augen.

Zehn Kilometer am Stück

Die Begeisterung für den Schwimmsport ist für Karl, seit er im Alter von drei Jahren damit in einem Kinderschwimmkurs begonnen hat, ungebrochen. Bereits früh in seiner Karriere spezialisierte sich der Athlet auf das Langstreckenschwimmen. Dabei werden im Becken 800 oder 1500 Meter, im Freiwasser - traditionellerweise im Meer - beeindruckende Distanzen von 5, 10 oder gar 25 Kilometern zurückgelegt.

Während es für seine Kolleginnen und Kollegen, die sich auf Sprintwettkämpfe vorbereiten, "um Perfektion pur" auf der kurzen Strecke innerhalb von Sekunden gehe, seien die Anforderungen an Langstreckenschwimmerinnen und -schwimmer ganz andere. Hier spiele auch seine Körpergröße, die mit 1,76 Metern zwar keineswegs klein ist, "für den Schwimmsport aber eigentlich zehn Zentimeter zu wenig" beträgt, keine übergeordnete Rolle. "Es geht mehr um die Ausdauerbelastung und das Halten einer Geschwindigkeit über eine gewisse Zeit", erklärt Karl.

Faszination Wasser

Gerade das Schwimmen über eine lange Strecke, ob im Hallenbad, Freibad, See, oder Meer, bietet eine tolle Möglichkeit, einmal wortwörtlich abzutauchen und abzuschalten. "Schwimmen eignet sich wunderbar als Breiten- und Gesundheitssport, weil es gelenkschonend ist und sich für so gut wie jeden Menschen eignet, auch bei Übergewicht oder Gelenksproblemen", sagt Karl.

"Idealer Sport mit niedrigem Verletzungsrisiko."
Piero Lercher
Sportarzt

Das bestätigt Piero Lercher, Sportarzt, Präventiv-, Arbeits- und Umweltmediziner sowie Lehrbeauftragter an der Medizinischen Universität Wien: "Es ist ein idealer Ausgleichssport mit niedrigem Verletzungsrisiko und kann prinzipiell in jedem Alter durchgeführt werden, insofern keine medizinischen Kontraindikationen dagegensprechen."

Die Fortbewegung im Wasser rege das Kreislaufsystem an, aktiviere die Muskulatur, stärke und straffe den Körper und sei dabei noch gelenkschonend, beschreibt Lercher. Obendrein profitieren Schwimmerinnen und Schwimmer auch psychisch von ihrem Sport. So belegen Studien, dass leidenschaftliche Schwimmer weniger an Depressionen und Ängsten leiden und im Durchschnitt besser gelaunt sind. "Das Schweben im Wasser bietet ein ganz besonderes Körpergefühl, beruhigt und erfrischt. Die Schwerelosigkeit kann entlastend und schmerzlindernd, der fließende Rhythmus der Schwimmbewegungen wiederum meditativ wirken."

Die richtige Technik ist im Schwimmsport unabdingbar

Damit der Schwimmsport trotz der für den Körper erleichternden Bedingungen im Wasser nicht nach hinten losgehe, sei das Erlernen einer geeigneten Technik unabdingbar, betonen sowohl Karl als auch Lercher. "Ganz besondere Vorsicht ist bei körperlichen Vorbelastungen oder gewissen Erkrankungen des Bewegungsapparats geboten", sagt der Sportarzt, "beispielsweise, wenn bei Rückenproblemen mit nach hinten gestrecktem Kopf im Hohlkreuz brustgeschwommen wird, bei Schulterverletzungen kann wiederum Kraulschwimmen kontraindiziert sein."

"Mit der richtigen Technik noch mehr Spaß. "
Luca Karl
Athlet

Sich während des Schwimmens länger zu unterhalten, den Kopf aus dem Wasser gestreckt, ist also keine gute Idee. Damit der Sport langfristig der Gesundheit dienen und dabei auch nachgewiesenermaßen gegen Rücken- und andere Beschwerden des Bewegungsapparats helfen kann, beispielsweise bei Arthrose, rheumatoider Arthritis und nach bestimmten orthopädischen Eingriffen, lohnt es sich, das Bewegungsmuster und die Körperhaltung im Wasser unter die Lupe zu nehmen. "Da geht es nicht um Leistung und Perfektion, sondern darum, dass der Sport nachhaltig Freude bereitet", erklärt Karl. Geeignet seien dafür Schwimmvereine. "Dort hilft nicht nur der Trainer oder die Trainerin, sondern auch die Vereinsmitglieder unterstützen sich, geben sich Tipps und motivieren sich gegenseitig."

Schwimmen ist ein geselliger Sport

Denn Schwimmen sei - auch wenn man nicht währenddessen redet - keineswegs ein einsamer Sport. "Wir im Leistungszentrum sind ein Team, es fühlt sich an wie ein Mannschaftssport. Und auch in den Vereinen ist die Gemeinschaft sehr wichtig. Man freut sich darauf, sich wieder zu treffen", beschreibt Karl, der seit diesem Sommersemester selbst mit großer Begeisterung als Trainer für einen Kurs des Universitätssportinstituts, kurz USI, fungiert. Nicht zuletzt motivierend seien die Fortschritte, die Menschen jedes Alters durch das Training im Verein machten. "Da kann es durchaus vorkommen, dass sich Freizeitschwimmerinnen und -schwimmer gegenseitig bei der Landesmeisterschaft herausfordern." Bei dieser könne jedes Mitglied eines Schwimmvereins teilnehmen. "Es macht oft noch mehr Spaß, wenn man merkt, wie man sich verbessert und schon schneller schwimmen kann als noch vor einigen Wochen."

Sowohl Lercher als auch Karl legen Freizeitsportlerinnen und -sportlern eine regelmäßige sportärztliche Untersuchung ans Herz. "Damit lassen sich potenzielle Risikofaktoren für den Schwimmsport oder auch für andere Sportarten ausschließen", sagt Lercher. Als tückisch beim Schwimmen können sich sonst bislang unentdeckte Erkrankungen wie Pfeiffersches Drüsenfieber oder Herzprobleme erweisen. Insbesondere für lange Strecken in Gewässern sei eine solche Untersuchung unbedingt erforderlich, unterstreicht der Sportarzt, "auch um die geeigneten idealen Trainingsparameter und Trainingspulse zu ermitteln"

Bojen und Boote - Sicherheitsvorkehrungen beim Schwimmen in freien Gewässern sind wichtig

Das Schwimmen vermittelt durch das Schweben im Wasser ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Bei Einhaltung wichtiger Sicherheitsmaßnahmen ist das besonders auch in freien Gewässern ein tolles Erlebnis.
Das Schwimmen vermittelt durch das Schweben im Wasser ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Bei Einhaltung wichtiger Sicherheitsmaßnahmen ist das besonders auch in freien Gewässern ein tolles Erlebnis.

Sicherheitsvorkehrungen spielen beim Schwimmen eine große Rolle, insbesondere, wenn man sich in den See oder ins Meer begibt. Eine am Körper befestigte mitführbare Schwimmboje sei unerlässlich, um einerseits für die Lenker von Booten und Schiffen sichtbar zu sein und sich andererseits für eine Pause oder im Falle eines Krampfes daran festhalten zu können, betont Karl. Noch besser sei ein Begleitboot oder ein begleitender Stand-Up-Paddler, der im Ernstfall Hilfe leisten kann. "Man ist sonst allein, niemand kann einen hören, und das schon, wenn man nur etwas weiter hinausschwimmt. Das wird oft unterschätzt", sagt Karl. Lercher warnt hier auch vor einer Unterzuckerung beim Schwimmen: "Man soll nicht mit vollem Magen ins Wasser - aber auch nicht mit leerem. Beide Extreme können zu Kreislaufproblemen und Übelkeit führen." Kohlenhydratreiche Nahrung wie Bananen oder Müsliriegel eignen sich vor dem Schwimmen am besten.

Die Risiken des Schwimmens in freien Gewässern, darunter starke Strömungen, Wetterumschwünge, Wellengang und die potenzielle Gefahr, von Tieren angegriffen oder schmerzhaft berührt zu werden, sind Karl wohlbekannt, "da muss man echt aufpassen und sollte daher nie unbegleitet schwimmen", warnt Lercher. Auch eine Unterkühlung tritt in kühleren Gewässern beim Schwimmen ohne geeigneten Neopren rasch ein. Wichtig sei, dass sich Schwimmerinnen und Schwimmer nicht selbst überschätzten, sagt Karl. Dann aber sei es ein großartiger Sport, "das Schweben ist einzigartig, als sei die Schwerkraft aufgehoben. Es gibt mir ein Gefühl von Freiheit."