Das Gefühl kommt unerwartet. Eine normale alltägliche Situation, vielleicht befindet man sich gerade in einem Bus, vielleicht sitzt man in der Arbeit oder einfach nur zu Hause. Plötzlich beginnt das Herz zu rasen. Das Atmen fällt schwerer, schlagartig wird einem übel und Schweiß tritt aus allen Poren. Einige Minuten - in manchen Fällen gar bis zu 20 - hält einen das Gefühl von Panik und Angst in engem Griff umklammert, bis es sich endlich wieder löst. Es lässt den Betroffenen in verängstigtem Zustand zurück. Woher kam dieser emotionale wie körperliche Überfall nur?
Es ist ein Teufelkreis der Angst
Marion Freidl, Psychiaterin an der Verhaltenstherapiestation am Universitätsklinikum der Medizinischen Universität Wien, spricht in solchen Fällen von einer Panikstörung, die sich in Panikattacken äußert. "Es ist ein Teufelskreis der Angst", erklärt sie, "zuerst werden die körperlichen Symptome wahrgenommen, etwa der schnellere Herzschlag. Daraufhin sorgt sich der Betroffene, es könnte sich um etwas Gefährliches wie einen Herzinfarkt handeln, was wiederum ein Gefühl der Angst auslöst und das Herzrasen dadurch noch weiter verstärkt." Die Folge: Angst davor, ohnmächtig oder wahnsinnig zu werden, gar zu sterben, extreme Existenzangst.
"Schuld" an den Phänomenen ist der Sympathikus: Angesiedelt im autonomen Nervensystem, das sich der willentlichen und bewussten Kontrolle entzieht, sorgt er gemeinsam mit dem Parasympathikus für die Balance zwischen Aktivierung und Entspannung des gesamten Organismus. Während der Parasympathikus Ruhe und Entspannung bewirkt, um beispielsweise Nahrung gründlich zu verdauen, aktiviert sich der Sympathikus unter anderem bei Freude und Sport. Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, die Aufmerksamkeit lässt sich fokussieren. Der Körper ist bereit, Leistung zu erbringen. Ganz im Sinne von "Fight or flight!" ist der Sympathikus allerdings auch dafür zuständig, kampf- oder fluchtbereit zu machen - ebendiese Reaktion tritt bei der Panikattacke auf. "Wenn der Sympathikus zu stark reagiert, gerät das System aus dem Gleichgewicht. Und wenn man nicht weiß, wieso er sich gerade aktiviert, schafft das große Unsicherheit und Ängste", erklärt Freidl. Die Folgen sind für die Betroffenen häufig verheerend: Viele isolieren sich zunehmend sozial, weil sie nicht wissen, wann die nächste Attacke kommt. Depressionen und Sozialphobien können zu großen Einschränkungen in der Lebensqualität führen.
Doch warum treten Panikstörungen überhaupt auf?
Die Ursachen für das psychiatrische Phänomen, das Frauen doppelt so häufig betrifft wie Männer und in jedem Alter zum Vorschein kommen kann, sind in vielen Fällen unklar. "Man weiß aber, dass sie eine Folge von Stress sein können", sagt Freidl, "manchmal gibt es einen Auslöser: ein traumatisches Ereignis wie einen Verlust durch den Tod oder die Trennung von einem nahestehenden Menschen." Meist seien es mehrere Faktoren, die zusammentreffen und gemeinsam zu einer Panikstörung führen. "Privater und beruflicher Stress kann zu Schlafstörungen und Depressionen führen, und wenn sich die Probleme summieren, können Panikattacken die Folge sein." Betroffene sind nicht allein: Fast jeder Dritte erlebt im Laufe des Lebens einmal eine Panikattacke, immerhin 10 bis 16 Prozent leiden unter einer Panikstörung. "Von einer Störung spricht man erst, wenn die Panikattacken über einen Zeitraum von mehreren Wochen häufiger erfolgen."
