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Weibliche Herzgesundheit

Ein Forschungsteam aus Innsbruck zeigt, wie sich eine Schwangerschaft, das Stillen eines Kindes und die Wechseljahre auf die Gesundheit des weiblichen Herz-Kreislauf-Systems auswirken.

Im Sinne der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der medizinischen Forschung legt eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck den gezielten Fokus auf das weibliche Herz im Laufe des Lebens.
Im Sinne der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der medizinischen Forschung legt eine Studie der Medizinischen Universität Innsbruck den gezielten Fokus auf das weibliche Herz im Laufe des Lebens.

Wenn Frauen im Laufe ihres Lebens gestillt haben, erleiden sie seltener eine koronare Herzkrankheit, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Das zeigt eine Publikation der Medizinischen Universität Innsbruck (MUI). Allerdings ist unklar, auf welche Weise das Stillen die Herzgesundheit verbessert. Lena Tschiderer, Erstautorin der Studie, nennt als möglichen Grund die "Reset-Hypothese", der zufolge Stillen den weiblichen Stoffwechsel wieder in den Zustand vor der Geburt zurücksetzt. "Während der Schwangerschaft werden Fettreserven im Körper angelegt, die die Frau in dieser Zeit braucht. Durch das Stillen erreichen die Mütter schneller wieder ihre früheren Werte, zum Beispiel beim Risikofaktor Cholesterin", sagt Tschiderer.

Erhöhtes Risiko nach der Menopause

Die Mathematikerin am Institut für Gesundheitsökonomie der MUI untersucht Datensätze mit mehreren Hunderttausend Personen in statistischen Analysen. Damit will sie herausfinden, wie sich die Lebensphasen von Frauen auf das Herz-Kreislauf-System auswirken. Diese Frage ist besonders relevant, da die Erkrankungsgruppe seit Jahrzehnten die Liste der Todesursachen in Österreich anführt und für jeden dritten Todesfall verantwortlich ist.

Tschiderers Projekt wird vom Wissenschaftsfonds FWF im Rahmen des Postdoc-Programms Hertha Firnberg gefördert. So konnte die Wissenschafterin neben dem Faktor Stillen auch andere Einflüsse auf die Herzgesundheit von Frauen entdecken, etwa das Auftreten von Bluthochdruck während der Schwangerschaft oder das Alter bei Eintritt in die Wechseljahre. Lange Zeit ging man davon aus, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen typischerweise Männer betreffen. Dabei sind Frauen genauso gefährdet. "Global gesehen stirbt sowohl ein Drittel der Frauen als auch der Männer an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber die Krankheiten entwickeln sich oft in anderer Form", betont Tschiderer. Im Zentrum ihrer Analysen standen Lebensabschnitte, die aus biologisch-medizinischer Sicht "typisch weiblich" sind und mit der Fruchtbarkeit oder Schwangerschaft zu tun haben.

"Frauen sind gleich häufig wie Männer von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betroffen."
Lena Tschiderer
Mathematikerin

Vor allem die Monate, in denen sich der weibliche Körper auf ein Kind einstellt, können laut Tschiderer als "Stresstest" für den Organismus verstanden werden. Das zeigt zum Beispiel ihre Studie über die Krankheit Präeklampsie, eine Komplikation in der Schwangerschaft, die mit Bluthochdruck und anderen Symptomen einhergeht. Tschiderers Berechnungen ergaben, dass Präeklampsie mit einem höheren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im späteren Leben der Frau zusammenhängt. Noch wichtiger ist jedoch die Erkenntnis, dass es sich dabei um einen kausalen Zusammenhang handelt. "Deshalb ist diese Zeit auch eine Chance, um zu erkennen, ob eine Frau später Probleme mit ihrem Herz-Kreislauf-System haben wird. Es ist wichtig, betroffene Frauen nach der Geburt unter Beobachtung zu halten und andere Risikofaktoren zu minimieren", erläutert Tschiderer die Relevanz der Ergebnisse.

Anders verhält es sich mit dem Faktor Menopause, also dem Ausbleiben der Regelblutung und damit dem Ende der Fruchtbarkeit im Leben einer Frau. Bekannt ist, dass die Lebensphase nach der Menopause mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht. Tschiderer konnte zudem zeigen, dass es auf den Zeitpunkt ankommt: Je früher die Menopause einsetzt, desto höher ist das Schlaganfallrisiko - um neun Prozent pro fünf Jahre. In diesem Fall ergaben die Analysen aber, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Menopause und dem Schlaganfall besteht.