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Effiziente KI-Nutzung: Chance für kleine und mittelständische Betriebe

Mit der KI zu neuen Höhen: Künstliche Intelligenz bietet gerade kleinen Betrieben die Chance, die Konkurrenz durch einen höheren Output zu überholen - wenn sie wissen, wie.

Künstliche Intelligenz ist in allen Bereichen der Arbeitswelt auf dem Vormarsch. Wie man sie richtig nutzt.
Künstliche Intelligenz ist in allen Bereichen der Arbeitswelt auf dem Vormarsch. Wie man sie richtig nutzt.

Christoph Becker ist Geschäftsführer des IT-Trainingsanbieters ETC und Mitgründer der KI-Schmiede. Computerkurse bietet Becker seit den frühen 90er-Jahren an. Seitdem hat er mit der Einführung jeder neuen Technologie die Beobachtung gemacht, dass sie Menschen, die sich damit beschäftigen, mehr Produktivität und neue Geschäftsmodelle bringt. Was es braucht, um heute künstliche Intelligenz effizient zu nutzen, und wie gerade kleine und mittelständische Betriebe profitieren können, verrät der Experte im Interview.

Überlastung, Entlastung. KI kann für beides sorgen. Worauf kommt es an, Herr Becker? Christoph Becker: Wahrscheinlich auf den Reifegrad der KI-Einführung: Auf Stufe 1 nutzen Mitarbeiter die KI, um sich den persönlichen Arbeitsalltag zu erleichtern, etwa um Mails oder Meetings zusammenfassen zu lassen. In einem zweiten Schritt analysiert ein interdisziplinäres Pilotteam, was sich durch KI automatisieren lässt und in welchen Bereichen man die Produktivität erhöhen kann. In einem dritten Schritt verändert die Organisation ihr Geschäftsmodell hin zur KI. Weltweit sind dazu erst zehn Prozent übergegangen. In Österreich gibt es etwa Unternehmen, die sich digitale Lernstrecken mit KI-Assistenten bauen lassen, oder den Handelskonzern, der seine Logistik mit KI aufgesetzt hat.

Was sind die Herausforderungen, wenn es darum geht, KI im Betrieb zu implementieren? Österreich ist ein KMU-dominiertes Land. Viele dieser Betriebe haben Angst davor, sich mit KI auseinanderzusetzen oder sich in die Abhängigkeit eines externen Beraters zu begeben. Außerdem sind IT-Abteilungen am Rudern, weil nicht sie Copilot, ChatGPT & Co. in die Organisation eingebracht haben, sondern Mitarbeiter, die sagen, mir egal, ich nutze das jetzt, oder das Management, das die Notwendigkeit erkannt hat.

Welche KI-Tools eignen sich für den Arbeitsalltag? Ein Beispiel aus meinem persönlichen Leben: Um mich auf Mitarbeitergespräche vorzubereiten, nutze ich Copilot. Das Tool wertet alle Calls, Mails und Dokumente aus, an denen ich mit dem Mitarbeiter gearbeitet habe, und erstellt mir eine Agenda für das Meeting. So kann ich mich innerhalb von fünf Minuten vorbereiten. Außerdem lasse ich mir gern Dokumente zusammenfassen: So spare ich bestimmt zwei Stunden pro Woche.

Führt der Einsatz von KI tatsächlich zu einer Entlastung oder zu einer Verdichtung der Aufgaben? In der schönen Theorie spielt die KI den Menschen frei von repetitiven Tasks, damit er Zeit für kreative Aufgaben hat. Aber ja, meist wird diese Zeit dann wohl für zusätzliche Agenden genutzt werden.

Was sind die wichtigsten Fähigkeiten, um KI kompetent nutzen zu können? Für seinen aktuellen Work-Trend-Index hat Microsoft über eine Million Nutzerdaten gesammelt, außerdem Führungskräfte befragt: 82 Prozent davon sind überzeugt, dass KI völlig neue Fähigkeiten verlangt. Die häufigsten Nennungen sind analytisches Beurteilungsvermögen, Flexibilität, Kreativität. Erst an siebter Stelle kommt Prompting, technische Fähigkeiten noch später. Shit in, shit out haben wir früher in der IT gesagt: Man muss wissen, was man eingeben muss, und das bewerten können, was herauskommt.

Wo liegt die Verantwortung, wenn es darum geht, diese Fähigkeiten zu entwickeln? Laut dem aktuellen Digital Skills Barometer sind Herr und Frau Österreicher überzeugt, dass der Staat bzw. Betriebe verantwortlich sind, Wissen zu vermitteln. Sie sagen: Ich würde mich gern mit KI auseinandersetzen, wenn mir wer die Tools zur Verfügung stellt - im angloamerikanischen Raum ist das anders.

Was passiert, wenn Unternehmen hier den Anschluss verpassen? In wirtschaftlich angespannten Zeiten wie heute werden Gewinne nicht durch Umsatzwachstum erzielt, sondern über die Produktivität: Wenn ich KI nicht nutze, verpasse ich hier einen Vorteil, bis ich schließlich gezwungen werde, sie zu nutzen. Das zeigt die Vergangenheit: Internet, Mobile Working, Kommunikations- und Kollaborationstools in Pandemiezeiten - in Organisationen, die das nicht umsetzen konnten, stand der Betrieb still. Jene, die bereit waren, neue Technologien in den Workflow zu integrieren, hatten einen Vorteil.

Wo setzt die KI-Schmiede an? Eine US-amerikanische Studie zeigt, dass 77 Prozent der Arbeitnehmer erleben, dass durch die KI hohe Erwartungen an sie gestellt werden, die sie gefühlt nicht erfüllen können. Die KI-Schmiede hilft dabei, Wissen aufzubauen, damit Menschen selbst abschätzen können, wie sie KI-Tools in ihrem Arbeitsalltag einsetzen können. So erleben sie den Nutzen schnell am eigenen Leib. Auch KMUs Mittel in die Hand zu geben ist mir wichtig: Für die KI-Nutzung muss man nicht in Hardware, nicht in Software investieren. Hier tut sich eine große Chance für KMUs auf: Wer jetzt schnell ist, kann andere überholen.