"Die KI hat mich nicht ersetzt, aber meine Produktivität massiv gesteigert."
Martin Giesswein
Digitalisierungsexperte und Manager
KI steigert auch Produktivität bei Mitarbeitergesprächen
Auch im Zwischenmenschlichen, wie bei Mitarbeitergesprächen, Coachings und im Teambuilding, profitierte er von der Unterstützung durch die künstliche Intelligenz: "Vor schwierigen Gesprächen habe ich mich von Sprach-KIs coachen lassen, meist während meiner Zug- und Autofahrten. Die KI simulierte anhand meiner Beschreibungen das Gesprächsverhalten des jeweiligen Kollegen und gab mir Anregungen für eine motivierende Gesprächsführung und effektive Fragetechniken." Giessweins Fazit: "Ersetzt hat mich die KI zwar nicht, aber meine Produktivität wurde massiv gesteigert. Obwohl die eingesetzten Systeme noch nicht perfekt sind, habe ich im letzten Jahr durchschnittlich fünf Stunden pro Woche eingespart. Zeit, die ich für mein Unternehmen oder meine Familie nutzen konnte."
KI-Einsatz erfordert mehr Schulungen
Voraussetzung, um durch KI Zeit im Arbeitsalltag einzusparen, ist freilich das nötige Know-how, um die einzelnen Applikationen situationsadäquat einsetzen zu können. Und das geht vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aktuell ab: 77 Prozent der Angestellten in den USA berichten davon, dass die KI ihren Arbeitsalltag nicht erleichtert, sondern im Gegenteil für eine erhöhte Arbeitsbelastung sorgt, so eine aktuelle Studie der Gig-Job-Plattform Upwork. So sehr, dass die Burn-out-Wahrscheinlichkeit steigt. Die Studie nennt auch den Grund für die Überforderung: mangelnde Ausbildung in den Unternehmen.
Unternehmen KI-fit machen
"Noch scheuen sich viele Unternehmen vor dem Einsatz der KI und verschenken damit wertvolles Potenzial", bemängelt auch Christoph Becker, Geschäftsführer des heimischen Anbieters von IT-Trainings ETC. "Intern fehlt meist das spezialisierte Wissen um die Einführung und Bewertung von KI in Unternehmen. Wer aber KI nicht strategisch mitdenkt und implementiert, wird in den nächsten Jahren massive Probleme bei Wettbewerbsfähigkeit und Datenschutz bekommen." Gemeinsam mit dem Weiterbildungsexperten ARS hat das Unternehmen die KI-Schmiede entwickelt. Deren Ansatz: Unternehmen von innen heraus KI-fit machen: "Um eine erfolgreiche Integration von KI sicherzustellen, ist es entscheidend, eine optimale Projektgruppe zu formieren. Die Schirmherrschaft muss im Managementteam verankert sein. Das interne Projektteam kommt aus HR, IT und Development."
KI-Betrugsversuche erkennen
Wesentlich für KI-Kompetenz ist ein kritischer Geist. "Betrugsversuche sind definitiv ein Thema", weiß Martin Giesswein. Um seinen Studierenden an der WU Executive Academy die Möglichkeiten der KI drastisch vor Augen zu führen, nutzte er den Videogenerator HeyGen, um einen täuschend echt wirkenden Avatar von sich selbst mit geklonter Stimme zu erstellen. "In Trainings mussten die Teilnehmenden ihre detektivischen Fähigkeiten unter Beweis stellen und echte Videos von mir von gefälschten KI-Versionen unterscheiden", sagt er. "Denn auch wenn Videokonferenzsysteme immer mehr Sicherheit bei der Identifizierung bieten: Letztendlich müssen wir Menschen entscheiden, ob unser Gegenüber ein Mensch oder ein Betrüger mit KI-Unterstützung ist", so die Einschätzung des Experten.