Eine Generation Jungunternehmer macht ihr eigenes Ding
Sie wollen Lösungen für Probleme finden: Linda Lorenzoni, Bernhard Bocksrucker, Antonella Lerperger und Fabien Damböck sind Jungunternehmer. Ihre Pläne für die Zukunft sind ambitioniert. Was sie antreibt, was sie einbremst und wie sie sich ihre Zukunft wünschen.
BILD: SN/SCHNABLER
Sie sind jung, mutig und unerschrocken: vier Menschen, die sich beruflich selbstständig gemacht haben, über ihre Pläne, die Werte ihrer Generation und die Vorurteile, die sie über sich gern zu hören bekommen.
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Sie sind jung, mutig und unerschrocken: vier Menschen, die sich beruflich selbstständig gemacht haben, über ihre Pläne, die Werte ihrer Generation und die Vorurteile, die sie über sich gern zu hören bekommen.
Linda Lorenzoni war 18 Jahre jung und noch Schülerin, als sie ihr Business gründete. Sie vermittelt Personal für die Gastronomie. Ihre Erkenntnis: Es gibt genügend interessierte Arbeitskräfte, aber die Branche hat einfach einen zu schlechten Ruf.
Gemeinsam mit Bernhard Bocksrucker (Gründer von Afreshed), der Künstlerin Antonella Lerperger und dem Pädagogen und Unternehmensgründer Fabien Damböck diskutiert sie, was ihre Generation antreibt, über den Nutzen der Digitalisierung und die ihnen eigene Grundhaltung, nämlich dass Probleme da sind, um gelöst zu werden.
Was treibt euch an, warum wollt ihr selbstständig sein?Bernhard Bocksrucker: Ich für mich würde meine Begeisterung für das Unternehmertum nicht an eine Idee koppeln. Ich bin überzeugt, dass es in jeder Gesellschaft unterschiedliche Herausforderungen gibt und man als Unternehmer viele dieser Challenges lösen kann. Start-ups tun das ja: sich einen Bereich suchen, um eine Lösung für ein Problem zu finden. Das ist auch mein Antrieb. Dabei arbeite ich jetzt nicht dezidiert auf ein Ziel hin, für mich ist eher der Weg das Ziel. Es braucht in jeder Gesellschaft Leute, die bereit sind, diesen nicht immer einfachen Weg zu gehen.
Antonella Lerperger: Die Musik ist meine Leidenschaft, ein Lied kann mit seinem Text inspirieren, wie sehr, zeigt ja der Hype um Taylor Swift recht gut. Mit dem, was man sich von der Seele schreibt und was in der Regel sehr persönlich ist, zeigt man den Zuhörenden auch, dass sie mit gewissen Problemen nicht allein sind. Das treibt mich schon sehr an.
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Bernhard Bocksrucker ist seit jeher beseelt von der Idee, Unternehmer zu werden. Er studierte in Linz BWL, brach jedoch ab und gründete mit zwei Freunden ein Unternehmen. Die Idee dafür kam ihnen nach einem Gespräch mit einem Landwirt, der berichtete, was er pro Woche an Lebensmitteln wegwerfen muss. Es entstand die Retterbox, später wurde die Geschäftsidee in Afreshed geändert, das nun Bioobst- und -gemüsekisten für B2C-Kunden liefert. Mit dieser Geschäftsidee war Bernhard Bocksrucker im Februar 2022 bei „2 Minuten 2 Millionen“. Seither wächst das Unternehmen stetig.
Wie haben deine Eltern auf deinen Wunsch, Musikerin zu werden, reagiert? Antonella:Sie haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, mit Musik kann man ja zu Beginn selten etwas verdienen. Ich musste sie schon überreden, mittlerweile unterstützen sie mich. Am Anfang war alles ein bisschen Kampf. Das Wichtigste dabei ist wohl Disziplin, um das, was man unbedingt tun will, auch durchzuziehen. Und man muss sich zum Weitermachen motivieren können, wenn man mal einen Durchhänger hat. Linda Lorenzoni: Ich persönlich will meine Zukunft in der Hand haben und sie selbst kontrollieren und steuern können. Meine Arbeitserfahrungen in großen Unternehmen und Konzernen mit Vorgesetzten, die sich in ihren Bereichen super auskannten, die aber stur die alten Strukturen weiterlebten, haben mich geprägt. Ich will ein Unternehmen aufbauen, das offen für Neues ist, und möchte keinen Anweisungen folgen müssen, hinter denen ich nicht stehe. In unserer jetzigen Gesellschaft braucht es neue Mittel und Wege, Teams gut zu führen, denn nur so kann man meines Erachtens zusammen Visionen pushen und produktiv zusammenarbeiten.
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Antonella Lerperger mit Künstlernamen Anto ist leidenschaftliche Musikerin und arbeitet seit einem Jahr mit einem Produzenten zusammen. Sie hat eine Tourismusschule absolviert, ging auf eine Internationale Schule, machte ein Sozialjahr in Bali. Sie studiert Marketing und widmet sich sonst der Musik. Antonella Lerperger schreibt ihre Songs und dreht ihre Videos selbst, sie gestaltet das dazugehörige Artwork. Eigentlich wollte sie in einer Castingshow auftreten, ihre Eltern waren dagegen. Sie unterstützen sie dennoch. Antonella weiß: Ohne Netzwerk geht nichts, will man als Künstlerin etwas erreichen.
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Linda Lorenzoni absolvierte die Tourismusschule Klessheim und machte sich mit 18 Jahren mit einer Personalvermittlungsagentur selbstständig. Ihrer Geschäftsidee ging ein Projekt für das Messezentrum voraus, die Gastronomie wieder zu einem attraktiven Arbeitsplatz zu machen. Sie studierte kurz Wirtschaftsrecht, brach ab und studiert nun berufsbegleitend Unternehmensführung. Sie ist überzeugt: Passen die Grundwerte, kann die Gastronomiebranche wieder ein attraktiver Arbeitsplatz werden. Über 1900 arbeitswillige Menschen finden sich im Pool von Gastro Exclusive wieder.
Wie geht ihr mit den ganzen Vorurteilen um, die es über eure Generation gibt?Linda: Wir haben in Salzburg und Wien über 1900 Menschen, die arbeiten wollen! Aber eben nur unter gewissen Bedingungen. Unsere Generation will mehr als nur Geld für ein Haus, das man sich für seine Familie baut. Das Monetäre ist schon wichtig, keine Frage. Aber in den letzten Jahren sind andere Aspekte in den Vordergrund gerückt, Social Media hat viel verändert, das Weltbild und die Werte überhaupt. Auch Unternehmer müssen da umdenken. Die hierarchischen Strukturen werden über kurz oder lang wegbrechen, davon bin ich überzeugt.
Fabien Damböck: Wir sind schon eine verwöhnte Generation, deren Eltern viel Vorarbeit geleistet und einiges aufgebaut haben. Der große Unterschied zu unserer Elterngeneration: Wir müssen nicht, wir dürfen. Für Arbeitgeber reicht es nicht mehr aus, einfach nur Jobs anzubieten. Unsere Generation erwartet eine Vision, die Arbeit muss uns etwas bringen, soll uns erfüllen. Niemand in unserer Generation will sich bucklig arbeiten bis zur Pension, falls wir überhaupt eine bekommen. Wir rechnen uns aus, wo wir mit Erwerbsarbeit in 40, 50 Jahren stehen, was uns das bis dahin kostet beziehungsweise wie viel wir in das System einzahlen und was im Gegensatz an Geld in der Familie ist, mit dem man etwas aufbauen könnte. Unsere Generation hat kein Verständnis, wenn der Chef zu Mittag mit dem Porsche wegfährt und noch ruft: Ciao und danke fürs Arbeiten! Ich glaube nicht, dass wir faul sind, wir sind nur anders zu motivieren.
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Fabien Damböck ist Kindergartenpädagoge und arbeitet als solcher 30 Wochenstunden, daneben ist er Eventmanager, Producer, Entrepreneur, Fußballer und spielt Posaune. Sein unternehmerisches Baby ist ein Tonstudio-Konzept, das in Containerform in großen Städten aufgestellt wird und über eine Vernetzungs-App angemietet werden kann. Die Idee dahinter: Viele junge Menschen wollen Musik machen, können sich aber kein teures Tonstudio leisten. Mit einer guten Vernetzung sei das Leben einfacher, ist er überzeugt, auch und gerade für junge Musiktalente.
Ihr vergleicht wirklich die Erwerbsarbeit mit ihren Steuern und Abgaben mit dem, was unterm Strich ein Erbe mehr bringen würde?Fabien: Klar. Meine Großtante beispielsweise hat ihr Erbe schon vor ihrem Tod ausbezahlt, sie sagte: Was soll ich damit, wenn es bei meiner Nichte, also meiner Mutter, besser aufgehoben ist? Das finde ich keine schlechte Idee, meine Mutter hat mir das auch angeboten. Ich könnte mit dem Geld arbeiten. Dieser Support wiederum würde das Unternehmertum fördern. In der Praxis ist es ja so, dass gerade bei jungen Menschen Geldmangel oft verhindert, dass sie ihre Ideen umsetzen können. Wenn man das volkswirtschaftlich sieht, reichen schon kleinere Erbbeträge aus, um sich damit selbstständig machen zu können. Das würde auch das Land wirtschaftlich stärken. Das Ganze steigert natürlich auch die Arbeitsmotivation, weil man umsetzen kann, wofür man brennt.
Antonella: Über eine vorzeitige Ausschüttung des Erbes nachzudenken, finde ich sehr vernünftig, ich sehe das ja bei mir. Die Kosten sind enorm, da kannst du noch so dein Bestes geben, wenn Geld fehlt, ist es ein Problem. Es wäre schon ein Motivationsschub, wenn man als Künstler nicht ständig mit finanziellen Dingen beschäftigt und belastet wäre. Als Musikerin kann man eigentlich nur mit Livekonzerten Geld verdienen, mit den Streams auf Spotify jedenfalls nicht. Als Musikerin brauche ich eine Band, die Musiker wollen auch bezahlt werden. Du musst dich um alles kümmern und dann hast du auch noch Menschen, die an dir und mit dir Geld verdienen wollen.
Bernhard: Bei uns im Unternehmen zeigt sich recht anschaulich, was junge Menschen wollen, eigentlich sind wir zwei Gruppen von Beschäftigten: die einen, die hands-on die Arbeit erledigen - Ware ausliefern, im Lager anpacken -, also alles, was man nicht so schnell wird automatisieren können. Das ist mit 40 Vollzeitäquivalenten bei uns die größte Gruppe. Und dann gibt es den Bereich Verwaltung, wo wir die meisten Bewerbungen bekommen, streng genommen managen aber nur meine zwei Kollegen und ich das Unternehmen. Wir sind nach unserem Auftritt bei "2 Minuten 2 Millionen" extrem gewachsen, unsere Strukturen sind aber noch die eines Start-ups. Organisatorisch hilft uns die Digitalisierung enorm, etwa im Bereich Marketing, wo die generative KI schon ordentliche Texte erstellen kann. Menschen, die zupacken, wirst du immer brauchen, aber im Verwaltungs- und Sales-Bereich lässt sich enorm viel automatisieren. Probleme wird in Zukunft nicht mehr der Mitarbeiter lösen, sondern eine KI.
Was müsste sich eurer Meinung nach in euren Branchen, in der Wirtschaft ändern, wo muss man umdenken?Antonella: Als Künstlerin muss man versuchen, alles, was möglich ist, selbst zu machen, und genau schauen, ob das, was man macht, sich überhaupt auszahlt. Man kann sich nicht auf eine Sache fixieren und gezwungen sein, nebenher auch anderes zu tun, als Producer zu arbeiten oder als DJ …
Linda: Ich glaube, dass ein guter Teamgeist beziehungsweise die Mitarbeiter allgemein entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens sind. Und ich glaube auch, dass dieses von Fabien erwähnte Beispiel des mit dem Porsche wegfahrenden Chefs, der noch zuruft: "Viel Spaß, Guys, ich bin dann mal weg!", heute nicht mehr funktioniert. Gerade in einigen Luxusbetrieben in der Gastronomie herrscht noch ein sehr hierarchisches Denken, es gibt das "Oben", mit Management und Stabsstellen, unten sind die Mitarbeiter im Service und in der Küche, die ihren "Rang" auch zu spüren bekommen. Bei meiner Zusammenarbeit mit dem Messezentrum habe ich gelernt: Egal, welcher Job, alle sind wichtig, ohne den Abwäscher funktioniert es auch bei allen anderen nicht. Es geht um eine neue Wertekultur, und die hat, so glaube ich, unsere Generation schon verinnerlicht. Auf dem Arbeitsmarkt müssen sich viele umstellen, weil es über kurz oder lang nur mit einem solchen Denken funktionieren wird. Mir ist schon klar, dass wir uns gerade auf einem Arbeitnehmermarkt befinden und Arbeitssuchende es leichter haben, ihre eigenen Bedingungen durchzusetzen. Selbst haben wir in unserem Unternehmen auch Provisionsmodelle für die Teamleiter. Ich sage immer: Wenn wir wachsen, sollt ihr auch etwas davon haben, schließlich wart ihr daran beteiligt.
Bernhard: Solche Sachen scheitern in Österreich an der Bürokratie. Im Silicon Valley gibt es solche Beteiligungsmodelle seit Langem, unsere GmbH-Struktur lässt das aber nicht zu beziehungsweise erschwert solche Ausschüttungen. Ich finde ja: Gerade die Leute am Anfang einer Unternehmensgründung tragen das höchste Risiko und sollten entsprechend teilhaben können am Erfolg. Doch die Bürokratie behindert das bei uns. Linda: Das stimmt. Haben unsere Teammitglieder tolle Leistungen erbracht, muss ich bei Bonuszahlungen die Beträge noch einmal versteuern. Wie soll sich das für den Arbeitgeber auf lange Sicht noch rentieren? Oft habe ich das Gefühl, dass in Österreich Arbeit eher bestraft als belohnt wird. Da muss man sich als Staat schon fragen, ob das förderlich für das Unternehmertum und die nationale Wirtschaft ist. Oder ob wir ein System haben wollen, in dem Betriebe aus Kostengründen ins Ausland gehen und wir die ganzen Subprodukte zukaufen, wovon der Staat einnahmenseitig so gut wie gar nichts hat. Bernhard: Und das ist das Interessante an unserer Generation, wir wissen, dass wir von überall aus arbeiten können, es ist egal, ob wir in Zürich, München, San Francisco oder London sitzen. Ich brauche nur meinen Computer und mein Handy. Auch als Unternehmer. Fabien: Mit dieser Grundhaltung mache ich mir schon Sorgen um die Zukunft des Landes. Die ganzen Jungen, die jetzt von ihren Eltern Betriebe übernehmen, die global vernetzt sind und super Englisch können, haben kein großes Problem, die Produktion ins Ausland zu verlagern oder das Vermögen, das die Elterngeneration aufgebaut hat, woanders für sich arbeiten zu lassen. Was unserer Generation zudem fehlt, ist Transparenz: Als Unternehmer, aber auch als Bürger, hat man kaum Einblick, wofür unsere Steuergelder eingesetzt werden. Wir wollen das aber wissen. Bernhard: Der Staat fühlt sich nicht verpflichtet zu informieren. Das wäre aber gutes Marketing. Zum Thema, was sich ändern muss, habe ich ein gutes Beispiel: Der globalisierte Weltmarkt hat dazu geführt, dass Fairness heute anders gesehen wird und die junge Generation sich ein neues Miteinander wünscht. Letztens war ich auf einer Messe in Helsinki. Schon vorher schrieb mir ein Vertreter der Schweizer Wirtschaftskammer, der auf Social Media gesehen hatte, dass ich in Helsinki bin, und fragte um ein Treffen an. Dabei bot er mir eine Zusammenarbeit an, er würde unserem Unternehmen den Weg in die Schweiz ebnen und uns unterstützen, wo wir Unterstützung brauchen. Das war mir neu: Da kommt jemand und "verkauft" mir die Schweiz, ohne dass ich viel tun muss! In Österreich wäre das undenkbar. Linda: Wir müssen hier dringend umdenken. Das bürokratische System gehört einfach aufgebrochen und neu geordnet. Was ist effektiv und sinnvoll und wo kann eingespart werden? Die Bürokratie in Österreich ist in manchen Bereichen einfach ausgeartet. Kein Unternehmen könnte es sich leisten, so zu arbeiten.
"Der Job eines Unternehmers ist, Mitarbeiter zu motivieren. Das gelingt aber nur, wenn er selbst weiß, in welche Richtung er gehen will"
Linda Lorenzoni
Personaldienstleisterin
Was hört ihr eigentlich von älteren und langgedienten Unternehmern?Bernhard: Du hörst natürlich in Österreich ständig, dass du zu jung für den Job bist. Bei uns herrscht die Meinung, dass man erst mal Wirtschaft studieren und in einem Unternehmen arbeiten muss, damit man auch wirklich weiß, wie alles funktioniert. Ich habe schon das Gefühl, dass unsere Generation in großen Betrieben bestimmte Strukturen hinterfragt und gern aufbrechen möchte. Es ist halt oft nicht einfach, wenn diese Strukturen lange Zeit etabliert wurden. Bei uns werden immer wieder Unternehmer vorstellig, um zu fragen, wie wir gewisse Dinge effizienter erledigen. Linda: Viele Unternehmer sind innovativ und offen, wir unterstützen einander. Meine Geschäftspartner zeigen mir ihre Strukturen und ich zeige meine. Es wäre ja schade, wenn wir nicht von den Fehlern anderer lernen würden und smarte Strategien, die offensichtlich funktionieren, nicht ebenfalls implementieren. Fabien: Das mit dem Aufbrechen der Strukturen ist nicht so einfach, wenn da Leute sitzen, die dir sagen, dass man das schon seit 50 Jahren so macht. Wenn du mit einem entsprechenden Anteil an so einem Unternehmen beteiligt bist, kannst du als Junger noch so innovativ sein und Neues antreiben wollen. Akzeptieren das die Mitarbeiter nicht, wird es schwierig werden. Linda: Das alles fängt schon bei der Einstellung an, bei den Unternehmenswerten und der Vision. Würde ich ein Unternehmen mit solchen Mitarbeitenden übernehmen, würde ich zu Beginn klarlegen, dass sich viel ändern wird, und jene einladen, die sich gern einbringen möchten. Wer offen ist und neue Ideen hat, ist herzlich willkommen, von den anderen trennt man sich besser.
Wie ließen sich jene "Bremser" motivieren?Linda: Das ist der Job des Unternehmers, Mitarbeiter zu motivieren. Vorausgesetzt, er weiß selbst, wo er in fünf oder zehn Jahren stehen möchte. Tut er das nicht, wie sollen das die Mitarbeitenden wissen? Fabien: Ich glaube auch, dass die Zusammenstellung des richtigen Teams wichtig ist für eine langfristig gute Zusammenarbeit. Alle müssen dieselben Werte teilen. Eine Person sollte nicht aufgenommen werden, weil sie in diesem einen Bereich gut ist, sondern weil sie zum gesamten Team, zur Idee, zum Unternehmen passt. Linda: Wie gesagt: Das geht nur, wenn man weiß, wohin man will. Bernhard: Es gibt Auswertungen, wonach rund 70 Prozent der befragten älteren Firmen kein Mission- oder Vision-Statement haben, wie es bei einem Start-up gang und gäbe ist. Die meisten Unternehmer sind so in ihrem Alltag drin und denken, solang das Radl rennt, braucht man nichts verändern. Linda: Das sehe ich in unserer Branche. Hier hat jedoch die Pandemie eine Zäsur gebracht. Jene Betriebe, die mit ihren Mitarbeitenden gut umgegangen sind, haben ihr Team fast gänzlich erhalten. Bei kleineren Häusern war das oft leichter als bei größeren. Ich arbeitete einmal in einem Münchner Luxushotel, da war in den Mitarbeiterzimmern Schimmel an den Wänden. Wenn du so etwas in einem Luxusbetrieb angeboten bekommst, wie verändert das wohl dein Bild von der Gastronomie? Vor allem in den Bereichen Service, Küche, Logistik, Bar gibt es anstrengende Jobs, in denen es gilt, immer offen und freundlich zu sein, selbst wenn man es mit den schwierigsten Kunden zu tun hat. Wirst du dann noch von deinem Chef schlecht behandelt und bekommst auch noch wenig bezahlt, fragt sich jeder: Warum sollte ich das tun?
Habt ihr einen Plan B?Antonella: Ich möchte es zu eigenen Livegigs bringen und träume natürlich vom Auftritt in der Wiener Stadthalle. Vielleicht gründe ich einmal ein eigenes Label und helfe beim Aufbau junger Künstlerinnen und Künstler. Ich möchte schon in der Branche bleiben, wobei ich mir einen kreativen Job im Marketing auch gut vorstellen könnte. Linda: Plan B ist die falsche Einstellung, bei mir gibt es nur einen Plan A. Fabien: Ich bleibe auch bei Plan A. Sollte Plan B infrage kommen, würde ich ihn zu Plan A umschreiben. Der Weg muss sich anpassen, man muss mit der Zeit gehen. Der Plan A eines Unternehmers von vor 20 Jahren funktioniert heute vermutlich auch nicht mehr. Linda: Ich finde es immer bedenklich, wenn Autoritätspersonen sagen: Überlegt euch einen Plan B und C. Eigentlich sollte doch die Aussage sein: Wenn du Plan A unbedingt umsetzen willst, wirst du es auch schaffen. Will ich mit einem Kunden zusammenarbeiten, ist für mich die Frage nur, wie lange es dauern wird, bis es zur Partnerschaft kommt. Dieses Mindset braucht ein Unternehmer. Sonst läuft man Gefahr, eines Tages zu sagen: Ich habe so viele schlechte Erfahrungen gemacht, ich lasse es überhaupt sein. Bernhard: In unserer Gesellschaft findet diese Haltung leider nicht viel Anklang, wäre aber wichtig: Wenn es dich auf die Nase haut, hat es dich nur auf die Nase gehauen. Du bist nicht gestorben, deine Eltern auch nicht, deswegen kannst du auf jeden Fall weitermachen. Fabien: Für mich stellt sich die Frage: Wie viele Menschen haben außerhalb ihrer Luxusbubbles schon gesehen, wie es an anderen Orten der Welt abläuft, in den Slums und in armen Ländern? Von dort hochzukommen ist bestimmt schwieriger als vom Wohnzimmer der Eltern.
Da ist vermutlich aber der Antrieb stärker, von dort rauszukommen.Fabien: Man könnte aber auch sagen: Gerade deswegen solltest du dranbleiben. Hier auf die Welt gekommen zu sein ist eine so coole Chance, also bemüh dich drum, deine Pläne und Träume umzusetzen. Antonella: Das stimmt, ich war in Indonesien, dort gibt es sicher viele Menschen, die dasselbe Talent haben wie Menschen hier, aber nicht die Möglichkeiten. Wir haben echt Glück, hier leben zu können.