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Gefragteste Kompetenzen am Arbeitsmarkt: Soft Skills entscheiden

Die Arbeitslosigkeit unter jungen Akademikerinnen und Akademikern steigt. Gleichzeitig suchen Unternehmen händeringend Fachkräfte. Eine aktuelle Studie legt nun offen, warum Bewerbungen scheitern - und was derzeit die gefragtesten Fähigkeiten am Arbeitsmarkt sind.

Hard Skills dienen oft als Eintrittskarte, während im Bewerbungsgespräch Soft Skills ins Zentrum rücken.
Hard Skills dienen oft als Eintrittskarte, während im Bewerbungsgespräch Soft Skills ins Zentrum rücken.

Auf dem Arbeitsmarkt herrscht aktuell eine paradoxe Situation vor: Unternehmen klagen über den Fachkräftemangel. Gleichzeitig haben bestens ausgebildete junge Studienabsolventinnen und -absolventen zunehmend Schwierigkeiten, den Berufseinstieg zu schaffen. Zu Jahresbeginn 2025 waren knapp 32.000 Personen mit akademischem Abschluss in Österreich arbeitslos - ein Anstieg um 18 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Zum Vergleich: Die Gesamtarbeitslosenquote stieg im gleichen Zeitraum um 6,4 Prozent.

Diese Diskrepanz wirft Fragen auf: Macht sich der technologische Wandel bereits auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar? Übernimmt künstliche Intelligenz zunehmend Routineaufgaben, die bisher Berufseinsteigerinnen und -einsteigern vorbehalten waren? Und wenn ja: Welche Skills sind dann noch gefragt? Das hat nun das Technologieunternehmen Nejo in Kooperation mit der Fachhochschule Technikum Wien herausgefunden. Die KI-gestützte Analyse von 225.000 Skills aus mehr als 21.000 Stellenanzeigen zeigt überraschende Prioritäten österreichischer Arbeitgeber.

Geforderte Kompetenzen: Kundenorientierung ganz oben

So führt Kundenorientierung das Ranking der meistgeforderten Kompetenzen am Arbeitsmarkt an - etwa jede sechste Stellenanzeige fordert diese Eigenschaft, gefolgt von selbstständigem Arbeiten, Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit. Das Bild ist aufschlussreich: Gefragt sind Menschen, die in der Lage sind, eigenverantwortlich zu arbeiten, aber dennoch starke Teamplayer sind.

Lernbereitschaft komplettiert die Top 5 - ein Zeichen dafür, dass sich Arbeitgeber flexible Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen, die sich an neue Anforderungen anpassen können. Microsoft Office ist der einzige Hard Skill, der es in die Top 10 schafft - etwa jede 13. Stellenanzeige fordert diese Fertigkeit. Die weiteren Plätze belegen Bereitschaft zum Schichtdienst, Stressresistenz, Verantwortungsübernahme und Engagement - Eigenschaften, die auf einen Arbeitsmarkt hindeuten, der hohe Anforderungen an Flexibilität und Durchhaltevermögen stellt.

"Soft Skills machen fast die Hälfte aller analysierten Jobanforderungen aus."
Aloisious Caraet
Data Scientist bei Nejo

"Soft Skills machen fast die Hälfte aller analysierten Jobanforderungen aus", fasst Aloisious Caraet, Data Scientist bei Nejo, zusammen. "Im Durchschnitt fordern Stellenanzeigen 4,6 persönliche Kompetenzen, aber nur 1,2 fachliche." Dennoch fungieren Hard Skills oft als erster Filter im Bewerbungsprozess: Sie entscheiden, wer zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird. "Im Gespräch selbst werden dann allerdings oft die Soft Skills zum entscheidenden Kriterium", erklärt Caraet.

Hard Skills: Welche fachlichen Fähigkeiten sind von besonderem Interesse?

Bei den gefragtesten fachlichen Kompetenzen dominiert Microsoft Office mit großem Abstand, gefolgt von allgemeinen EDV-Kenntnissen (etwa jede 41. Stellenanzeige) und Tabellenkalkulationsprogrammen (etwa jede 98. Stellenanzeige).

Bemerkenswert: Mit Java schafft es eine Programmiersprache auf Platz 4 der gefragtesten Hard Skills. Etwa jede 172. Stellenanzeige fordert diese Kompetenz. Das zeigt, dass Programmierkenntnisse längst nicht mehr nur in der IT-Branche gefragt sind. Selbst im Baugewerbe, der Energieversorgung und Finanzbranche sind Coding-Skills unter den Top 15 der gefragtesten fachlichen Kompetenzen. In Deutschland haben Programmiersprachen in diesen Branchen sogar schon die Top 5 erobert, ein Indiz dafür, dass die Digitalisierung dort schneller voranschreitet.

"Programmieren hält in allen Branchen Einzug. Es geht längst nicht mehr darum, Vollzeitentwickler zu werden", sagt Günter Essl, Berufsfeldforscher an der FH Technikum Wien. "Entscheidend ist, Routinen zu automatisieren und Daten souverän zu verstehen. Mit KI gewinnt das weiter an Bedeutung: Wer ChatGPT & Co. wirklich produktiv einsetzen will, profitiert von soliden Programmiergrundlagen - um eigene Lösungen zu bauen und Tools intelligent zu verbinden."

Kompetenzen rund um KI scheinen noch nicht gefragt

Obwohl Tools wie ChatGPT den Arbeitsalltag bereits verändern, erwähnen weniger als 1 Prozent der Stellenanzeigen explizite Kompetenzen rund um künstliche Intelligenz, zum Beispiel den Einsatz von maschinellem Lernen oder die Anwendung von Grundlagen der künstlichen Intelligenz.

Die bisher geringe Verbreitung liegt allerdings wohl auch an der im Rahmen der Studie eingesetzten Skill-Taxonomie "ESCO", die von der Europäischen Union herausgegeben und gewartet wird. "Fähigkeiten wie der Umgang mit ChatGPT oder anderen generativen AI-Tools sind in dieser Taxonomie noch nicht abgebildet und waren für uns daher im Rahmen dieser Studie nicht erfassbar", erklärt Simona Hübl, CEO von Nejo. "KI wird den Arbeitsmarkt nachhaltig verändern. Umso wichtiger ist es, genau zu wissen, was sich in welchem Tempo hier verändert", betont Hübl, die mit ihrem Team bereits an einer eigenen KI-Skill-Taxonomie für zukünftige Forschungsprojekte arbeitet.