Sie haben Räume erobert, Nutzungsrechte erkämpft, Strukturen aufgebaut, oft bis an den Rand der Selbstausbeutung ehrenamtlich gearbeitet. In der Aufbruchsstimmung der Achtziger schufen auch in Salzburg engagierte Freiwillige Kulturstätten, die inzwischen das Rückgrat einer lebendigen freien Szene bilden. Vierzig Jahre später steht vielerorts ein Generationenwechsel an: Die Gründer gehen in den Ruhestand, Junge rücken nach.
Doch ganz so reibungslos läuft dieser Übergang nicht, weiß Thomas Randisek, Geschäftsführer des Dachverbands Salzburger Kulturstätten, der 88 Häuser im Bundesland vertritt. Nachfolgeprozesse sind komplex, emotional aufgeladen und organisatorisch anspruchsvoll. "Der Einserfehler, wenn es um die Nachfolge geht, ist der radikale Bruch mit einem durchaus erfolgreichen Programm", sagt er. Das sorge zum einen für Verletzungen beim bestehenden Team, zum anderen dafür, dass das Publikum das Neue nicht mehr mit dem Haus verbindet.
Jazzit in Salzburg: Sensibles Vorgehen bei der Übergabe
Der Dachverbands-Geschäftsführer plädiert daher für ein sensibles Vorgehen bei der Übergabe, wie es etwa vor zwei Jahren dem Jazzit gelungen ist, das ab 1990 zunächst mit einer Veranstaltungsreihe, ab 2002 mit einem fixen Haus in der Elisabeth-Vorstadt dafür sorgte, dass sich Jazz als fixer Bestandteil der Salzburger Kulturszene etablierte. "Wir haben den Übergabeprozess bereits eineinhalb Jahre vor der tatsächlichen Übergabe eingeläutet", erklärt Jazzit-Obmann Willi Tschernutter, der im Brotberuf als Organisationsberater tätig ist. Die Wahl fiel schließlich klar auf den externen Bewerber Jürgen Vonbank. Drei Monate lang arbeiteten scheidender und neuer Geschäftsführer Seite an Seite. "Zuvor haben wir die organisatorischen Anforderungen geklärt und die Rollen der beiden klar definiert", erklärt Tschernutter. Denn: "Loslassen ist oft der emotional schwierigste Teil. Auch mit den besten Absichten gibt es berechtigte Ängste um das Geschaffene." Eine gemeinsame Klausur von Team und Vorstand rundete den Übergabeprozess ab.
Eine andere Lösung fand das Emailwerk in Seekirchen - mit einer Doppelspitze. "Je mehr Köpfe, desto mehr Perspektiven gibt es und umso breiter und spannender kann ein Programm werden", ist auch Marcella Wieland von der Lungauer Kulturvereinigung überzeugt. Dort steht ebenfalls ein Generationenwechsel an, der bis 2027 abgeschlossen sein soll: "Eine Übergabe passiert nicht über Nacht. Sie ist ein Prozess, in dem wir uns bewusst machen müssen, dass es verschiedene Wahrheiten gibt und in dem wir es schaffen müssen, dennoch miteinander im Dialog zu bleiben", betont sie.
Die Anforderungen an Führungskräfte in der freien Kulturszene sind hoch
95 Prozent der Kulturvereine arbeiten gemeinnützig, gerade auf dem Land sind viele Aufgabenbereiche ineinander verwoben - von der Buchhaltung bis zur Künstlerbetreuung. "Gesucht wird ein Wunderwuzzi", weiß Thomas Randisek. "Jemand, der einen guten Überblick über aktuelle kulturpolitische Entwicklungen und die Abläufe in der Verwaltung hat, ein breites Netzwerk mitbringt, ein hohes Maß an sozialen Skills, natürlich Interesse an der Kultur, und der bei Bedarf auch den Besen in die Hand nimmt." Hinzu kommt, dass man mit einer gewissen Planungsunsicherheit umgehen müsse: "Zwar gibt es inzwischen längere Förderverträge über 18 Monate, etwa mit dem Land und Kommunen", so Randisek, "für die Doppelbesetzung im Übergabeprozess wurden von dieser Seite außerdem zusätzliche Mittel zugesichert." Vonseiten des Bundes blieb die Fördersumme für 2025 jedoch lange ungewiss, bis Mitte Mai die Hiobsbotschaft verlautbart wurde: Statt einer Valorisierung werden im laufenden sowie im kommenden Jahr je zehn Millionen Euro für die freie Szene eingespart - eine Summe, die etwa den Fair-Pay-Zuschüssen von 2024 entspricht, die die existenzsichernde Bezahlung für Kunst- und Kulturschaffende sicherstellen.
Als weitere Hürde kommt hinzu, dass Führungspositionen für junge Menschen kaum mehr attraktiv sind: Laut einer aktuellen Deloitte-Studie streben nur sieben Prozent der unter 45-Jährigen gezielt eine Führungsposition an. "Für die jungen Generationen bedeutet Erfolg nicht mehr zwingend der Aufstieg auf der Karriereleiter", sagt Elisa Aichinger, Partnerin bei Deloitte Österreich, "vielmehr stehen finanzielle Sicherheit, Sinn und persönliches Wohlbefinden im Vordergrund."