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Jobsharing: Zu zweit geht's leichter!

Die neue Arbeitswelt verlangt nach mehr Flexibilität. Wie Jobsharing dabei helfen kann.

Die beiden Marketingexpertinnen Elke Kickinger (l.) und Astrid Harner (r.) teilen sich seit gut zwei Jahren die Leitung eines Marketingteams bei Teekanne.
Die beiden Marketingexpertinnen Elke Kickinger (l.) und Astrid Harner (r.) teilen sich seit gut zwei Jahren die Leitung eines Marketingteams bei Teekanne.

Man kennt es von Datingplattformen: ein Wisch, ein Match. Doch funktioniert ein Algorithmus auch in der Arbeitswelt? Wenn es nach Katharina Miller geht, auf jeden Fall. Die Gründerin von Job Twins bringt seit Sommer 2020 mit ihrem Team Teilzeitkräfte zusammen. "Der Algorithmus nimmt Personalabteilungen die Aufgabe der Vorselektion ab", erläutert Miller. "Er reagiert darauf, wie Kompetenzen und Social Skills harmonieren." Im weiteren Verlauf steht die Agentur beratend zur Seite.

Der demografische Wandel sorgt dafür, dass klassische Anreize wie mehr Gehalt, Essenszuschüsse und ein Obstkorb nicht mehr funktionieren. An Bedeutung gewinnt der Wunsch nach Arbeitszeitflexibilisierung - gleichzeitig sind 90 Prozent der Stellen nach wie vor in Vollzeit ausgeschrieben. Eine aktuelle PwC-Studie zeigt: Jobsharing hat Potenzial. 65 Prozent der Führungskräfte wären bereit, sich die Verantwortung mit einer zweiten Person zu teilen.

Für Miller ist es ein Modell, das sie als "eierlegende Wollmilchsau" bezeichnet: Es sorgt für mehr Jobzufriedenheit, interne und externe Player haben ständig eine Ansprechperson, die Vertretung im Urlaubs- und Krankheitsfall ist geregelt. Zudem liegen Ressourcen, etwa von bestens ausgebildeten Karenzrückkehrerinnen, nicht länger brach; langgediente Mitarbeiter können ihre Erfahrungen an die nächste Generation weitergeben. Den Jungen wird so der Einstieg erleichtert: "Gerade bei ihnen sinkt die Tendenz, nach Führungspositionen zu streben. Zu zweit geht's leichter", ist Miller überzeugt.

Führungsposition in Teilzeit: Vorreiterinnen bei Teekanne

Ganz ohne Algorithmus zusammengefunden haben Elke Kickinger und Astrid Harner. Die beiden sind langjährige Kolleginnen bei Teekanne und gehören zu jenen 15 Prozent der 152 Beschäftigten am Standort in Salzburg-Liefering, die Teilzeit arbeiten. Die beiden Mütter teilen sich seit zwei Jahren die Leitung eines fünfköpfigen Marketingteams - und wollen damit auch andere Frauen ermutigen, sich Führungspositionen in Teilzeit zuzutrauen.

"2021 wurde eine Umstrukturierung der Abteilung notwendig. Dabei ist die Idee des geteilten Teamleads entstanden", erzählt Harner. Die Geschäftsleitung unterstützte die beiden in ihrem Vorhaben, immerhin setzt der Teespezialist auf flache Hierarchien, wertschätzendes Miteinander, kurze Entscheidungswege. "Mit flexiblen Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodellen versuchen wir größtmögliche Flexibilität für alle Lebenslagen anzubieten", betont Geschäftsführer Thomas Göbel, der selbst Vater von drei Kindern ist. Diese Bemühungen bleiben nicht unbelohnt: Teekanne wurde mehrfach als "Great Place to Work" ausgezeichnet.

Shared Leadership ist eines jener Modelle, mit denen das Unternehmen auf die Bedürfnisse seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeht. Die Zuständigkeitsbereiche haben sich Kickinger und Harner nach Sortiment und Märkten aufgeteilt: Die eine hat die Agenden für Zentral-Ost-Europa übernommen, die andere jene für Früchtetee, Grün- und Schwarztee. "Die Anforderungen der Arbeitswelt werden immer komplexer. Da ist es gut, wenn wir gegenseitig als Sparringspartnerin fungieren, durchdiskutieren können, was ansteht - große Entscheidungen treffen wir gemeinsam", sagen die Marketingexpertinnen. "Wir ergänzen uns außerdem ganz wunderbar, was unsere Fähigkeiten betrifft. Dadurch, dass nicht jede alles machen muss, können wir unsere Stärken gut ausspielen", betont Harner. Für sie sind das Produktentwicklung und -management, Kickinger kümmert sich um die strategische Markenführung und Marktanalysen. "

Mitarbeiter führen und weiterentwickeln ist eine gemeinsame Stärke von uns", sind sich die beiden einig. Die Frauen sind auch privat befreundet, das Miteinander macht ihnen viel Spaß. "Wir sind gerne in der Arbeit, die Atmosphäre ist wohlwollend. Dieser gute Spirit überträgt sich auch auf unser Team", ist Kickinger überzeugt. Bei einer guten Tasse Tee - Kickinger trinkt am liebsten Blutorange-Ingwer, Harner bevorzugt Bio-Hochland-Grüntee - tauschen sie sich gerne informell aus, darüber hinaus gibt es ganz klassisch den wöchentlichen Stand-up und den Teamtag, an dem alle Teammitglieder im Büro sind und auch das gemeinsame Mittagessen zur Stärkung des Teamgeists nutzen.

Jobsharing biete auch ganz pragmatisch einige Vorteile: "Wir wissen immer Bescheid, was im jeweiligen Arbeitsbereich gerade los ist. So muss nicht jede an allen Meetings teilnehmen; wir wechseln uns ab. Die Wochentage teilen wir uns so auf, dass immer eine von uns beiden vor Ort im Büro ist. Und es beruhigt ungemein zu wissen, dass jemand da ist, der mich vertritt, wenn ich auf Urlaub bin." Freilich sei dem ein hartes Stück Arbeit vorausgegangen: "Man muss im Team gut kommunizieren, wer wofür zuständig ist, um Doppelgleisigkeiten zu vermeiden. Das ist ein ständiger Lernprozess."

Shared Leadership: Geteilte Arbeit, doppelte Power

Gerade in der Anfangszeit bringe Jobsharing Herausforderungen mit sich, räumt auch Matching-Agentin Miller ein: "Was die Abrechnung betrifft, die Akzeptanz im Betrieb, die Produktivität: Aufgrund der Absprachen, die getroffen werden müssen, bleibt anfangs Zeit liegen." Langfristig zahle sich Jobsharing aber aus, ganz nach dem Motto: "Geteilte Arbeit, doppelte Power."

Jobsharing ist laut der Expertin für jede Position und jede Branche geeignet. "Allerdings ist nicht jede Persönlichkeit für das Konzept geeignet. Es bedarf einer gewissen Offenheit, Flexibilität und vor allem Teamfähigkeit. Ein ausgeprägtes Ego hat beim Jobsharing keinen Platz."