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Master - oder ab in den Job?

Die Arbeitswelt kämpft mit Fachkräftemangel. Umso stärker stellt sich die Frage: Lohnt sich ein (höherer) Studienabschluss überhaupt noch?

Kann man sich den Master sparen?
Kann man sich den Master sparen?

Als er seinen Bachelorabschluss in der Tasche hatte, habe es gleich mehrere Jobangebote gegeben, erzählt der heute 31-jährige Roland. Vor allem eines sei derart lukrativ gewesen, dass man es eigentlich nicht ablehnen konnte. Roland tat es dennoch. Und entschied sich, stattdessen den Master in Informatik an der Universität Wien nachzulegen. "Ich habe den Schritt nie bereut. Der Abschluss war mir wichtig. Und die Jobangebote gab es auch nach dem Master."

Hat es Sinn, den Master abzuschließen?

Seit jeher muss sich schier jeder Bachelorabsolvent und schier jede Bachelorabsolventin die Frage stellen, ob es Sinn ergibt, den Master anzuschließen - oder doch gleich in das Berufsleben einzusteigen. Spätestens, seit der Fachkräftemangel die heimische Wirtschaft umtreibt, ist es aber wohl noch diffiziler geworden, eine adäquate Antwort zu finden: Vor allem in Segmenten wie der Informatik gieren Unternehmen geradezu nach Arbeitskräften. Kann man sich den Master also mittlerweile sparen?

Diese Frage pauschal zu beantworten sei schwierig, sagt Dominik Engel, Geschäftsführer der Fachhochschule Salzburg. Dies hänge freilich von den Lebensumständen, dem finanziellen Spielraum, den persönlichen Vorlieben und auch von den jeweiligen Jobangeboten ab. Aber: "Wenn jemand schon in einem Masterprogramm drinnen ist, würde ich jedenfalls raten, fertig zu studieren", sagt Engel. Es habe ja Gründe gegeben, wieso man sich für den Studienweg entschieden habe - und diese verflögen nicht einfach. "Und auch danach bekommt man einen guten Job." Das Argument, man könne das Studium ja ebenso in einigen Monaten oder Jahren beenden, zählt für Engel wenig. "Die Wahrscheinlichkeit, dass man ein Studium abschließt, nachdem man schon einmal aufgehört hat zu studieren, ist deutlich geringer." Zudem könne es sein, dass sich derweil das Curriculum geändert habe und man einige Leistungen zusätzlich oder neu machen müsse. Und Engel verweist auch auf die zu erwerbenden Zusatzqualifikationen: "Die Herangehensweise von Menschen mit einem Masterabschluss ist oftmals reflektierter: Er oder sie musste sich kritischer mit Themen auseinandersetzen und sich diesen im Zuge einer Masterarbeit intensiver und strukturierter widmen. Das macht schon einen großen Unterschied."

Freilich sei nicht von der Hand zu weisen, dass es einen Fachkräftemangel gibt. "Der Markt giert nach allem, was er kriegen kann", sagt Engel. Dies belegt auch eine vergangene Woche veröffentlichte Studie des IT-Security-Unternehmens G Data CyberDefense: Rund ein Drittel aller deutschen Unternehmen (36 Prozent) tut sich schwer, im IT-Bereich qualifiziertes Personal zu finden. Aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer solle aber nicht nur an den Jobeinstieg, sondern auch an die Folgejahre gedacht werden, ergänzt Engel. "Das Fortkommen im Beruf ist dann oft der Knackpunkt. Das fällt mit einem Masterabschluss nach wie vor leichter."

Christine Bauer-Grechenig,Geschäftsführerin BiBer Bildungsberatung: „Der Trend zu Höherqualifikation ist nach wie vor da.„
Christine Bauer-Grechenig,Geschäftsführerin BiBer Bildungsberatung: „Der Trend zu Höherqualifikation ist nach wie vor da.„

Christine Bauer-Grechenig sieht das um eine Spur anders. Die Geschäftsführerin der BiBer Bildungsberatung sieht auch bei jenen, die gleich nach dem Bachelor in das Berufsleben einsteigen, einen Vorteil: In einigen Jobs sei die früher einsetzende und somit längere Berufserfahrung ein zentrales Kriterium, um die Karriereleiter nach oben klettern zu können, beschreibt sie. Ein Masterabsolvent oder eine Masterabsolventin steige hingegen meist mit einem höheren Gehalt in den Job ein. "Beide Wege haben Vorteile. Und die Bedingungen sind von Branche zu Branche verschieden", fasst Bauer-Grechenig zusammen.

Trend zur Höherqualifizierung

Dass es mittlerweile sogar einen Trend in Richtung "Niedrigerqualifizierung" gebe, können aber sowohl Dominik Engel als auch Christine Bauer-Grechenig ausschließen. Im Gegenteil: "Der Trend zu Höherqualifizierung ist nach wie vor da. Unbestritten", sagt die BiBer-Chefin. Das spürten sie und ihr Team in der Beratung. "Die Nachfrage war früher schon groß, ist aber in den letzten Monaten und Jahren noch gestiegen."

Ebenso einig sind sich die Expertin und der Experte, wenn es um einen dritten Ansatz geht - den Abschluss zu machen, während man bereits arbeitet: "Die Nachfrage nach berufsbegleitenden Bildungsangeboten nimmt zu", berichtet Engel aus dem Hochschulalltag. Von rund 3200 Studierenden an der Fachhochschule Salzburg absolvieren 870 ihre Ausbildung berufsbegleitend - Tendenz steigend.

Der Ansatz, seinen Masterabschluss parallel zum Berufsalltag schaffen zu wollen, verlange jedoch einiges ab - und zwar sowohl von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern als auch von den Unternehmen. "Es braucht im Regelfall auf beiden Seiten sehr viel an Kompromissfähigkeit", sagt Bauer-Grechenig. Für die angehenden Masterabsolventinnen und -absolventen gehöre ferner "viel Disziplin und Durchhaltevermögen" dazu. Aber es lohne sich - und zwar auch für die Unternehmen: "Firmen, die berufsbegleitende Fortbildung fördern, schaffen nicht nur eine stärkere Professionalisierung - im Regelfall steigt auch die Unternehmensbindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter."