Schon heute fehlen österreichweit an die 28.000 IT-Fachkräfte, bis 2029 soll sich die Lage weiter zuspitzen. Bis zu 58.000 Arbeitsplätze könnten laut österreichischer Industriellenvereinigung in der IT unbesetzt bleiben. In Indien soll es dagegen bis zum Jahr 2030 einen Überschuss von fast 250 Millionen IT-Fachkräften geben. Gelöst werden könnte das Problem mit qualifizierter Zuwanderung. Trotzdem ziehen nur wenige Inderinnen und Inder mit entsprechendem Know-how nach Österreich. Im Jahr 2022 sollen es rund 400 Personen gewesen sein - davon landete nur ein Bruchteil von etwa 20 Personen in Salzburg.
Internationale Konkurrenz: Wie Länder um IT-Talente aus Indien werben
Viele Länder haben Indien hingegen längst als Quelle für IT-Fachkräfte entdeckt, die Konkurrenz für Österreich ist also groß. Besonders englischsprachige Staaten wie Großbritannien oder die USA sind im Vorteil. Schon wegen der Sprache fühlen sich Inderinnen und Inder dort schnell wohl. So wirbt Australien stark mit Boni und Visa-Schnellverfahren und auch im benachbarten Deutschland sollen beschleunigte Verfahren sowie Integrationsangebote helfen, Menschen mit IT-Know-how anzulocken. Zudem zeigt die intensive Zusammenarbeit mit deutschen Hochschulen Wirkung. Inderinnen und Inder stellen mittlerweile die größte Gruppe ausländischer Studierender an deutschen Hochschulen. Der Wegfall hoher Studiengebühren macht Studieren in Deutschland vergleichsweise günstig.
Außenwirkung Österreichs als Arbeitgeber ausbaufähig
Ein Vorteil, mit dem auch Österreich punkten könnte. Doch so wirklich präsent ist das Land in Indien nicht. Wer Österreich überhaupt kennt, verbindet die Alpenrepublik mit Urlaub oder erinnert sich an die Kulisse von Bollywoodfilmen, die in den 90er-Jahren oftmals hier gedreht wurden. Das erzählt Purshotam Sharma, er ist heute IT-Leiter bei Pro Juventute und österreichisch-indischer IT-Experte. Er lebt und arbeitet seit mehr als 20 Jahren in Salzburg: "Die, die wirklich etwas können, müssen nicht nach Österreich kommen. Sie finden auch in Indien gute Jobs und wenn sie wegwollen, gehen sie eher ins englischsprachige Ausland."
Indische IT-Fachkraft in Österreich: Erfahrungsbericht
Dass Österreich noch Luft nach oben hat, um IT-Talente anzuziehen, bestätigt auch Andreas Schnitzhofer, HR-Director bei Skidata. Einzelne Mitarbeitende aus Indien werden zwar in Grödig beschäftigt, viel mehr setzt Skidata aber auf einen eigenen lokalen Software-Hub in Bangalore: "Österreich und gerade der Raum Salzburg bieten zwar eine fantastische Lebensqualität, jedoch hat man sich in der Außenwahrnehmung noch nicht ausreichend als einwanderungsfreundliches Land positionieren können", erläutert Schnitzhofer. Weil Ina Rana neugierig war und nach der Pandemie wissen wollte, wie das Leben im Ausland wirklich ist, bewarb sich die heute 38-Jährige über das Karrierenetzwerk LinkedIn. Sie landete schließlich bei einer Softwarefirma mit Sitz in Salzburg. Vor zwei Jahren heuerte sie dort in der Qualitätssicherung an und siedelte dann von Neu-Delhi in die Stadt Salzburg: "Ich hatte keine Ahnung, wie wichtig es beispielsweise ist, Deutsch zu sprechen. Die Firmensprache ist zwar Englisch, aber ohne Deutschkenntnisse ist es außerhalb der Arbeit wirklich schwierig, Anschluss zu finden." Sie berichtet zudem über Vorurteile aufgrund ihrer Hautfarbe. Langfristig sieht sie ihre Zukunft deshalb nicht in Österreich.
Kulturelles Verständnis als Voraussetzung
Doch auch umgekehrt erfüllen sich Erwartungen nicht immer. Vielfach werden IT-Fachkräfte aus Indien nach Österreich geholt, doch die Abschlüsse entsprechen nicht immer den gängigen Standards, auch mit gefälschten Zeugnissen müsse man rechnen, weiß Purshotam Sharma, der selbst eine Zeit lang als HR-Berater Fachkräfte aus Indien rekrutierte.
Es gebe zahlreiche Firmen in Indien, deren Geschäftsmodell darauf beruhe, Studien- und Arbeitsplätze im Ausland zu vermitteln. Damit so etwas nachhaltig erfolgreich sei, brauche es Vertrauen und ein Verständnis für beide Kulturen, sowohl für die indische als auch für die Lebens- und Arbeitsweise im Zielland. Als Beispiel beschreibt Sharma Unterschiede in der Arbeitskultur, etwa wenn zeitliche Vereinbarungen nicht so eingehalten werden wie erwartet. Andererseits kann die österreichische Direktheit schnell als abwertend aufgefasst werden. Missverständnisse würden eine gelingende Zusammenarbeit behindern. Eine Herausforderung besteht zudem in der Vielfalt Indiens, die wir uns hier kaum vorstellen können.
Zum Vergleich: In Indien leben 1,4 Milliarden Menschen, die EU zählt im Vergleich nur knapp 450 Millionen, also etwa ein Drittel der Bewohner und Bewohnerinnen Indiens. Der Süden Indiens unterscheidet sich viel stärker vom Norden, als sich bei uns etwa Skandinavien von Sizilien abhebt, hinzu kommen 22 offizielle Sprachen und an die 1600 lokale Sprachen und Dialekte. Sharma selbst hat die Hälfte seines Lebens in Österreich verbracht, er kennt daher beide Welten sehr gut: "Es gibt viele Inder mit IT-Wissen, das Potenzial für die österreichische Wirtschaft ist bestimmt da. Die Kunst liegt aber darin, diejenigen anzusprechen, die von Ausbildung, Lebensstandard, Kultur und vor allem Persönlichkeit hierher passen."
Weitere Infos erhalten Unternehmen, die IT-Fachkräfte aus Drittstaaten suchen, bei Innovation Salzburg GmbH, Simone Weiß, Tel.: +43 5 7599 722 41, simone.weiss@innovation-salzburg.at