Er selbst sieht sich als "Fleisch-Affineur". Der Begriff Affineur stammt ursprünglich aus der Käseveredelung und bezeichnet einen Käseverfeinerer. Der Käse-Affineur ist jemand, der mit viel Fingerspitzengefühl und durch jahrelanges Schnuppern, Wenden, Beobachten, Probieren und Experimentieren weiß, was ein heranreifender Käse benötigt, um zum höchsten Genusswert zu gelangen.
Fleisch veredeln für maximalen Genuss
Bei Richy Walkner trifft das ziemlich exakt auf das zu, was er mit Fleisch macht. Er hat sich auf die Veredelung von ohnehin bereits hochwertigen Fleischteilen spezialisiert. Er selbst schlachtet nicht, jedoch sucht er sich sehr genau aus, bei wem er seine Fleischteile zukauft. "Die Tiere müssen ein superschönes Leben haben, beispielsweise auf der Alm, wo sie sein können, wie es ihnen behagt. Sie sollen bestes Futter fressen und schließlich zu einem schnellen, stressfreien Tod kommen", ist ihm wichtig zu betonen. Er fordert höchsten Respekt sowie Wertschätzung für das Lebensmittel Fleisch ein. Immerhin muss erst ein Tier sterben, bevor Teile davon unter seinen Händen zu dem werden, was höchsten Genuss verspricht. "Lieber weniger, dafür hochwertiges Fleisch genießen", ist sein Credo.
Nach verschiedensten Ausbildungen eröffnet Richy Walkner seine Fleischboutique
Spezialisiert hat sich der gelernte Bankkaufmann, der jahrelang im Marketingbereich sowie in einer Werbeagentur gearbeitet hat, auf die Fleischreifung. "Mit 40 plus habe ich mich entschieden, noch einmal etwas völlig Neues zu beginnen." Nach diversen Fleischsommelier-Ausbildungen, der Konzessionsprüfung für das Gastgewerbe, der Biersommelier- und Grillmeister-Ausbildung hat der gebürtige Faistenauer im Elternhaus aus- und umgebaut und im August 2022 seine Fleischboutique GustaF eröffnet. Der Name ist eine Hommage an seine Familie, in der es oft hieß: "Gusta auf was Guats." Sein Geschäft ist Schau-, Verkaufs- und Gastroraum für Veranstaltungen und Verkostungen in einem.
Mit Tüftelei und alten Konservierungsmethoden wird gutes Fleisch noch besonderer
Mit monate- bzw. jahrelanger Herumtüftelei hat er die optimalen Methoden und Bedingungen herausgefunden, wie gutes Fleisch noch besonderer wird. Er lässt alte Konservierungsmethoden, die teils in Vergessenheit geraten sind, wieder aufleben, wie etwa die Rindertalgreifung. "Dazu verwende ich 100 Prozent reines Wagyu-Fett, das für ein besonderes Aroma sorgt. Dieses Fett schmilzt bei 28 Grad und zeichnet sich durch einen hohen Rauchpunkt bei 220 Grad aus. Ich verwende es auch für Gemüse zum Anbraten, das gibt ein angenehmes Umami-Aroma. Das gute Olivenöl kommt auf den Salat", plaudert er aus dem Nähkästchen.
Andere Edelteile packt er in Rohmilchbutter, in Alpenkräuterbutter, in Bienenwachs, in Rotwein, in Zirbenasche oder in Zirbenasche mit Pimenton. Besonders gelungen findet er die Behandlung von Schweinestücken in Zirbenasche mit Vanille, Zimtblüte und Knoblauch. Ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis kommt bei der Behandlung mit Almheu zur Anwendung, wozu er den zweiten Schnitt eines Almgebietes verwendet, auf dem nie gedüngt wird. Der Schnitt enthält besonders viele Almkräuter.
Ebenso praktiziert er Dry Aging, die klassische Trockenreifung. Etwa ein Jahr lang hat er gebraucht, bis er die optimale Einstellung für seine Trocknungskammer - prächtig-glänzendes Herzstück seines Geschäfts - gefunden hat. Einerseits braucht es die richtige Kühlung, andererseits die optimale Feuchtigkeitsregelung sowie die ständige Entkeimung, damit weder Schimmel noch Bakterien eine Chance haben. "Etwa alle zwei Tage gehe ich hinein in meine ,Schatzkammer'. Inzwischen erkenne ich schon am Geruch, wenn etwas nicht passt."
Spezialität alte Milchkuh
Mit seinen Lieferanten ist er ständig im Austausch und besucht sie regelmäßig. Geschlachtet werden die Tiere entweder direkt am Hof, wo sie leben, oder beim kleinen Metzger gleich in der Nähe. "Sie sollen so wenige Kilometer wie möglich hinter sich bringen müssen. Den Transport selbst sind sie gewöhnt, weil sie ja auch nach dem Winter auf die Alm gebracht werden." Beim Metzger dürfen sie sich noch über Nacht ausruhen und werden erst am nächsten Tag geschlachtet.
Beim Rindfleisch selektiert der Mittvierziger sehr genau. "Ich nehme nicht alles, gewisse Parameter müssen erfüllt sein." Stier kommt ihm nicht ins Haus, ebenso wenig Kalbfleisch. "Ein Kinderrind zu töten, das geht für mich aus ethischen Gründen nicht, das könnte ich nicht verantworten." Bei ihm gehen die guten Rindfleisch-Kategorien erst beim Ochsen los, dann folgen Kalbin, Mutterkuh oder eine alte Kuh, die ihr Leistungspensum bereits erfüllt hat. "Eine alte Milchkuh hat ihr Leben lang einen guten Job gemacht, da muss ihr Fleisch nicht anschließend in der Verwurstung landen."
Einen speziellen Bauern hat er im Mühlviertel an der Hand. Dieser kauft alte Biomilchkühe, die ausgedient haben, lässt sie zwei Jahre lang am Hof in Ruhe leben und füttert sie. Fleisch von der alten Kuh müsse man erst kennenlernen und wissen, wie damit umzugehen ist. "Dann kann ich das richtig zelebrieren, denn das Fleisch hat eine ganz besondere Aromatik", weiß Richy Walkner. Ein Stück davon dürfe man keinesfalls medium oder well done servieren, denn die Fleischfasern würden sich zu sehr verhärten. "Ideal sind 51 Grad Celsius Kerntemperatur. Ich verwende es aber auch gerne roh für Carpaccio vom Beiried, das ist wunderbar zart und aromatisch." Hauptsächlich veredelt Walkner Rinderrücken mit seinen "englischen" Stücken: Tomahawk, T-Bone oder Porterhouse-Steak, in ausgelöster Form als Beiried oder Rib-Eye-Steak und natürlich Filetstücke und Special Cuts. Seine Lieferanten haben sich auf Wagyu-Kreuzungen sowie Angus-Rind spezialisiert, mit Qualitäten, die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis darstellen.
Schweine dürfen langsam aufwachsen
Seine Schweine kauft er hauptsächlich im Pongau, wo sie auf einem 400 Jahre alten Bauernhof auf etwa 1000 Metern Seehöhe aufwachsen. Dort können sie sich 24 Stunden am Tag frei bewegen, drinnen oder draußen sein. Ein kleines Bacherl führt daneben vorbei und eine Suhle steht für die beliebten Schlammbäder bereit. "Dieser Bauer ist auch ein Metzger, der dafür eingerichtet ist und selbst schlachtet." Hauptsächlich leben dort Duroc-Schweine oder Duroc-Kreuzungen. Sie zeichnen sich durch besondere Speckqualität aus, weil sie viel stärkeres intramuskuläres Fett ansetzen. Dadurch ist das Fleisch viel saftiger, geschmackvoller und sehr zart. "Das hat mit einem Schwein aus Intensivmast überhaupt nichts mehr zu tun", ist er überzeugt.
Einen kleineren Anteil an Schweinefleisch bezieht Walkner aus dem Innviertel, wo die Tiere ebenso gut gehalten werden. "Sie werden mit viel Gras gefüttert und wachsen sehr langsam. Deren Fett ist viel kerniger." Der hohe Anteil an Raufutter (Anm.: Gras, Heu) beschert den Tieren ein besonders gutes Fettsäuremuster. "Das ist nicht mehr weit weg vom Olivenöl, es enthält jede Menge mehrfach ungesättigter Fettsäuren und das Omega-3-Omega-6-Fettsäuren-Verhältnis ist ausgezeichnet", stellt der Fachmann klar. Deshalb sind diese Produkte viel leichter verdaulich, sind gesünder und schmecken besser. "Wir dürfen überdies nicht vergessen: Fleisch ist ein bester Energieträger."


