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Von der Lehre zum Studium: Karrierewege für Lehrlinge an Unis und FHs

"Mit höherer Zielstrebigkeit" - Von der LAP zum Doktortitel: Lehre und Studium schließen sich heutzutage nicht mehr aus - es gibt diverse Möglichkeiten, mit einem Lehrabschluss an die Uni oder FH zu gehen.

Studierende mit einer Lehrausbildung steigen weniger oft aus dem Studium aus.
Studierende mit einer Lehrausbildung steigen weniger oft aus dem Studium aus.

Es ist noch nicht allzu lange her, als man sich als junger Mensch noch (gefühlt für die Ewigkeit) entscheiden musste: Lehre oder Studium inklusive Matura? Und wer weiß mit 15 oder 16 Jahren schon wirklich, wie der berufliche Werdegang ausschauen soll und welcher Job zu einem passt? In jungen Jahren sind die Meinung von Eltern und der Einfluss von Freunden bei der Entscheidungsfindung, wohin es nach der Pflichtschule gehen soll, sehr oft richtungsweisend. Oftmals kommt man erst viele Jahre später drauf, welcher Beruf einem wirklich liegt oder, dass es womöglich doch ein Studium sein soll, da es den eigenen Interessen und Fähigkeiten viel mehr entspricht.

Mittlerweile stehen jungen Menschen glücklicherweise diverse Wege zur Verfügung, die eine Höherqualifizierung in sämtlichen Ausbildungslagen möglich machen. Fest steht auch: Lehre und Studium schließen einander nicht aus.

Zugang zu Uni und FH durch "Lehre mit Matura"

Wirft man einen Blick auf die Zugangsmöglichkeiten, die einem den Weg an die Universität oder Fachhochschule ebnen, fällt einem unter anderem die "Lehre mit Matura" ins Auge. Viele Unternehmen werben damit, diese Form der Lehrausbildung anzubieten. Was vielen Jugendlichen in diesem Fall vielleicht nicht bekannt ist, ist die Tatsache, dass man eine solche Lehre mit Matura auch ohne Zustimmung des Lehrbetriebs absolvieren kann. Und zwar berufsbegleitend in der Freizeit.

"Der Lehrabschluss verschafft eine ausgezeichnete Startposition am Arbeitsmarkt - die Matura verbessert die Aufstiegschancen", ist man am Wifi Salzburg überzeugt. Denn: So kann es nach abgeschlossener Lehre direkt an die Hochschule gehen.

Was braucht es dafür? Um als Lehrling am Wifi die Matura zu machen, benötigt man einen gültigen Lehrvertrag, soll den dazugehörigen Informationsabend besuchen sowie am Beratungsverfahren teilnehmen. Die berufsbegleitenden Kurse finden wöchentlich ein Mal oder zwei Mal statt und dauern ein beziehungsweise eineinhalb Jahre.

Zu den Prüfungsfächern gehören Deutsch, Mathematik, Englisch und ein Fachbereich. Laut Wifi gilt: "Damit man zu den Prüfungen antreten kann, braucht man in den einzelnen Fächern eine Anwesenheit von mindestens 75 Prozent." Die Empfehlung des Ausbildungsinstituts lautet, zusätzliche Lern- und Übungszeiten einzuplanen, da man parallel zur Lehre auch das Maturaniveau erreichen möchte.

Die Kosten für Kurse und Kursunterlagen für die "Lehre mit Matura" sind für alle Lehrlinge kostenlos. Konkret heißt das: "Ab dem Start mit dem ersten Lehre-mit-Matura-Lehrgang hat man maximal fünf Jahre Zeit, die Berufsreifeprüfung kostenfrei zu machen", so die Wifi-Angaben.

Mit Studienberechtigungsprüfung oder Berufsqualifikation nach der Lehre an die FH

"Durchstarter statt Bremsklotz" zu sein, dafür plädiert Michaela Poxleitner - ihres Zeichens Studienberaterin an der Fachhochschule Salzburg. Neben dem üblichen Zugang mit (nachgeholter) Matura gibt es für junge Menschen, die ihre Lehre bereits abgeschlossen haben, zwei weitere Möglichkeiten, um an der FH Salzburg zu studieren.

"Die Studienberechtigungsprüfung kann in einem halben Jahr absolviert werden."
Michaela Poxleitner
FH Salzburg

Poxleitner: "Interessiert man sich für eine konkrete Studienrichtung, bietet sich die Studienberechtigungsprüfung an." Diese gilt eingeschränkt für einen einzigen Studiengang und umfasst fünf Teilprüfungen: "Ein schriftlicher Aufsatz in Deutsch, zwei bis drei Pflichtfächer und ein oder zwei Wahlfächer", erläutert Poxleitner. Die Kosten liegen in dem Fall bei 2000 bis 2500 Euro und variieren je nach Anbieter. "Die Studienberechtigungsprüfung kann in einem halben Jahr absolviert werden. Das ist allerdings sehr knackig - ich empfehle, sich besser ein Jahr dafür Zeit zu nehmen", so die Studienberaterin.

Auch mittels beruflicher Qualifikation kann es nach der Lehrabschlussprüfung an eine Fachhochschule gehen.
Auch mittels beruflicher Qualifikation kann es nach der Lehrabschlussprüfung an eine Fachhochschule gehen.

Eine weitere Möglichkeit, nach einer klassischen Lehre und somit ohne Matura an der FH Salzburg studieren zu können, ist die berufliche Qualifikation mit Zusatzprüfung. Poxleitner: "Diese Zugangsoption gilt allerdings explizit nur für Fachhochschulen und nicht für Unis. Die Dauer liegt bei ein bis zwei Semestern."

Dass der Weg nach einer Lehre per zusätzlichen Prüfungen an die Fachhochschule geebnet ist, ist laut Studienberaterin dennoch nicht immer zu hundert Prozent fix: "Ein gewisses Restrisiko, nicht aufgenommen zu werden, besteht allerdings immer - das möchte ich dazugesagt haben."

Lehrlinge im Studienbetrieb

Auch die Fachhochschule Kufstein in Tirol möchte Lehrlinge dazu ermutigen, nach absolvierter Lehrausbildung zu studieren. Mit drei zusätzlichen Prüfungen im ersten Studienjahr soll das auch hier möglich sein - diese ersetzen die Hochschulreife. Mathematik, Englisch und Deutsch stehen im Rahmen dessen an. "Der Aufwand der Zusatzprüfungen war überschaubar - die Mathematikprüfung im ersten Semester war fast deckungsgleich mit der Klausur in Mathematik für alle anderen meines Studienjahrs", erzählt ein Studierender. Nach einer Lehre im kaufmännischen Bereich erweiterte er sein Wissen mit einem Studium im Bereich Internationale Wirtschaft und Management.

Die FH Kufstein bietet für Lehrlinge während der ersten beiden Semester Vorbereitungskurse an, um gewappnet in die Prüfungen zu gehen. Generell handelt es sich beim Studium mit Lehre um Regelungen zur sogenannten Durchlässigkeit im österreichischen FH-Bildungssystem. Diese legen fest, dass auch Personen mit unterschiedlicher Vorbildung die Chance auf einen Studienzugang erhalten. Sind die Zusatzprüfungen erfolgreich absolviert, gibt es keine (formalen) Einschränkungen mehr - es kann somit getrost bis zum Doktortitel weitergehen.

Wie machen sich Lehrlinge erfahrungsgemäß im Studienbetrieb? "Personen, die mit einer Lehrausbildung bei uns ein Studium starten, sind auf den ersten Blick in den Lernergebnissen nicht zu unterscheiden. Bei näherer Betrachtung zeichnen sie sich aber durch eine merklich höhere Zielstrebigkeit aus, die durch die Berufserfahrung entsteht", sagt Christian Huber, Leiter der Studiengänge Energie- und Nachhaltigkeitsmanagement sowie Facility- und Immobilienmanagement: "Sie haben schlichtweg schon die Fähigkeit, sich selbst gut zu organisieren, und sind sehr motiviert - eine wichtige Qualifikation im Studium." Des Weiteren zeige sich laut Huber, dass Studierende mit einer Lehrausbildung weit weniger oft aus dem Studium ausstiegen. Und: "Sie stellen ihr Licht oftmals unter den Scheffel. Da kann ich nur zu mehr Mut und Selbstbewusstsein anregen."