Wir brauchen auch in Österreich die Möglichkeit für den Gebäudetyp E", sagt Gunther Graupner, Geschäftsführer der ZAB Zukunftsagentur Bau in der Salzburger Moosstraße. Gebäudetyp E? "In Deutschland gibt es ihn schon", betont Graupner: "Das E steht für Experimental." Konkret geht es bei diesem Gebäudetyp darum, zu einfachen Konstruktionen zurückzukehren und Innovationen zuzulassen. "Der Gebäudetyp E gibt das Ziel vor, aber nicht den Weg", erläutert der Experte.
Derzeit sei im Bausektor alles in ein Normenkorsett eingezwängt, das Innovationen nicht zulässt. "Gerade die Komfortstandards wären aber dringend zu hinterfragen", sagt Graupner: "Im Flugzeug oder in der Bahn gibt es auch verschiedene Klassen, nur beim Bau muss alles erste Klasse sein." Er nennt als Beispiel den Deckenaufbau, dessen Zusammensetzung und vor allem Dicke in den einzelnen Staaten Europas zwischen 20 und 45 Zentimetern schwanke.
Bau-Standards wandeln sich ständig
"Die Statik wird immer komplizierter", ergänzt Peter Dertnig, Landesinnungsmeister Bau in der Wirtschaftskammer Salzburg: "Was vor 15 Jahren gepasst hat, ist heute nicht mehr möglich. Die Bauten von damals haben aber auch keine Sprünge." Auch Dertnig nennt den Deckenaufbau als Beispiel, wo man einerseits Kosten sparen, andererseits auch mehr Ökologie umsetzen könnte. "Vor 40 Jahren waren 50 Kilogramm Stahl für die Bewehrung pro Kubikmeter üblich, heute sind es mindestens 100, eher 125 Kilogramm." Grund für diese Entwicklung sei die mögliche Durchbiegung der Decke. Heute seien nur mehr 0,3 Millimeter zulässig. "Das ist bei Sichtbeton ein Haarriss, den man kaum sieht; ist die Decke verputzt, ist das gar nicht sichtbar", sagt Dertnig. Für die Statik spiele das keine Rolle: "Stahl dehnt sich mehr als Beton, daher kommen die feinen Risse." Durch die doppelte Menge an Stahl müsste dessen Zugkraft nicht ausgenutzt werden, wodurch keine oder nur kleinere Risse entstehen. Graupner: "Ich muss das einhalten, auch wenn die Decke verputzt wird. Läge die Vorschrift statt auf 0,3 wie früher bei 0,6 Millimetern, würde man sich elf Prozent an Kosten für die Decke und sieben Prozent an CO₂ ersparen." Dies zeige die Studie "Bauen außerhalb der Norm" der Universität Innsbruck, Arbeitsbereich für Baumanagement, Baubetrieb und Tunnelbau gemeinsam mit der Zukunftsagentur Bau. "Vieles ist auch in der Wohnbauförderung fixiert, etwa 2,6 Meter tiefe Balkone und durchgehende Glasgeländer", ergänzt Landesinnungsmeister Dertnig: "Das war politisch gewünscht. Es muss ja nicht gleich ein Plattenbau sein, es reicht schon, ,normal' zu bauen!"