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Ein Rezept gegen Parkplatzmangel

Das Vermieten von Supermarktparkplätzen in der Nacht könnte viel Entspannung bringen. Moderne Systeme kommen ganz ohne Schranken und Parktickets aus.

Automatischer Check-out beim Verlassen: Die KI-basierte Plattform erkennt das Fahrzeug bei der Ausfahrt. Kein Suchen nach dem Parkticket mehr, kein defekter Schranken.
Automatischer Check-out beim Verlassen: Die KI-basierte Plattform erkennt das Fahrzeug bei der Ausfahrt. Kein Suchen nach dem Parkticket mehr, kein defekter Schranken.

Das Thema Verkehr ist in Salzburg einerseits emotionsgeladen, andererseits durch äußere Umstände bedingt. So schränkt der Status als Unesco-Weltkulturerbe die Parkplatz-Entwicklung ein, während der private Parkraum im Schnitt nur zu 20 Prozent genutzt wird. "Das ist eine groteske Verschwendung in der Mozart-Stadt", sagt Bastian Pieper, Mitgründer des international tätigen Anbieters von Parkraumlösungen Wemolo: "Trotz vier P&R-Anlagen und der Mönchsberggarage herrscht Parkplatzmangel. Allein 5000 Supermarkt-Stellplätze vom Europark und anderen stehen ab 20 Uhr leer. Dazu Tausende weitere bei Hotels, Büros, Restaurants und Tourismus-Betrieben."

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"Tote" Parkplätze nachts in buchbare Stellflächen verwandeln

Diese Ineffizienz könnte die Smart-Grid-Pionierstadt mit KI-Technologie beenden, ist Pieper sicher: "Nachts verwandeln sich ‚tote' Privatparkplätze in buchbare Stellflächen. Die Technologie existiert bereits, entwickelt in München und erfolgreich zum Beispiel in Innsbruck im Einsatz."

"In Salzburg setzt bisher nur ein einziger Supermarkt auf die Öffnung seines Parkplatzes."
Bastian Pieper
Mitgründer Wemolo

Wemolo managt schon jetzt in der Stadt Salzburg sechs Parkflächen und im Bundesland 15 Standorte. In Salzburg setzt bisher aber nur ein Standort auf eine Öffnung für flexible Buchungsoptionen: der "Hofer"-Parkplatz in Wals in der Nähe des Flughafens. Dieser ist konkret buchbar für Drittnutzer. Flugreisende, Berufspendler, Einkaufende oder Bewohner können dort stunden-, tage- oder wochenweise buchen. Der Parkplatzeigentümer öffnet seinen Parkraum gezielt für weitere Nutzer und ermöglicht eine höhere Auslastung. Die KI-Technologie erkennt Kennzeichen automatisch, ohne Schranken oder Tickets.

Warum wird so ein Modell also nicht öfter eingesetzt? Der Grund für die geringe Öffnung laut Pieper: Einzelhändler fürchten zu Recht Umsatzeinbußen, wenn Kundenparkplätze durch Externe blockiert werden. "Studien belegen, dass volle Parkplätze nachweislich zu weniger Kunden und Umsatzrückgang führen."

Parkplätze von Supermarktketten in der Nacht für Anrainer öffnen

Die Suche nach einem Parkplatz gehört auch für viele Innsbrucker zum abendlichen Stressritual. Besonders in dicht besiedelten Stadtteilen wie Pradl, Wilten oder der Innenstadt kreisen Bewohner oft lang durch enge Straßen, während gleichzeitig Hunderte Stellplätze auf den Parkflächen lokaler Supermärkte ungenutzt bleiben.

Eine antizyklische Lösung kann zu einer Lösung führen. Wemolo möchte deshalb ab sofort die Parkplätze regionaler Supermarktketten für Anrainer in den Abend- und Nachtstunden öffnen.

"In Innsbruck stehen wir vor einem klassischen Stadtdilemma", erklärt Pieper: "Einerseits kämpfen die Bewohner mit akutem Parkplatzmangel, andererseits stehen nachts Hunderte Stellplätze leer." Mit seiner Plattform könne er diese Lücke schließen und eine Win-win-Situation für alle Beteiligten schaffen. "Die in Innenstädten so wertvolle Ressource Fläche wird so antizyklisch sinnvoll genutzt."

Das Prinzip ist einfach: Über eine Web-App können beispielsweise die Innsbrucker freie Parkplätze in ihrer Nähe finden, buchen und bezahlen. Die Preise liegen je nach Standort zwischen 50 und 80 Euro pro Monat. Pieper: "Das ist deutlich günstiger als die Anmietung eines Tiefgaragenplatzes, der in der Tiroler Landeshauptstadt schnell 120 Euro und mehr kosten kann." Das System biete maximale Flexibilität: Neben langfristigen Abos seien auch Tages- und Wochenpakete verfügbar.

"Wir wollten eine Lösung schaffen, die so flexibel ist wie das moderne Stadtleben", betont Pieper: "Ob jemand nur für ein paar Tage einen Stellplatz benötigt oder langfristig plant - unser System passt sich den individuellen Bedürfnissen an."

Das Konzept ist in Innsbruck an acht Standorten verfügbar, verteilt über nahezu alle Stadtteile. Eine interaktive Karte im Internet zeigt auf einen Blick, wo freie Parkplätze verfügbar sind. Die Nutzer erhalten nach der Buchung einen digitalen Parkberechtigungsnachweis, der die Nutzung während der gebuchten Zeiten legitimiert. Die wahre Innovation zeige sich im Alltag: Nach der einmaligen Registrierung des Kennzeichens erkennt das KI-basierte Kamerasystem das Fahrzeug automatisch bei jeder Ein- und Ausfahrt, ohne dass der Fahrer Tickets ziehen, Schranken bedienen oder irgendwelche Apps öffnen muss.

Vielversprechender Ansatz zur Entlastung des urbanen Parkdrucks

Verkehrsexperten sehen in solchen Konzepten einen vielversprechenden Ansatz zur Entlastung des urbanen Parkdrucks. "Die sinnvolle Mehrfachnutzung bereits versiegelter Flächen entspricht modernen Konzepten einer smarten, ressourcenschonenden Stadtentwicklung", erklärt Pieper: "Wenn Bewohner schneller einen Parkplatz finden, reduziert das zudem Emissionen durch den Parksuchverkehr."

Tatsächlich verursacht die Parkplatzsuche in europäischen Städten durchschnittlich 30 Prozent des innerstädtischen Verkehrs. Studien zeigen, dass ein Fahrzeug auf Parkplatzsuche bis zu 1,3 Kilogramm CO₂ pro Stunde ausstößt. Das ist eine vermeidbare Belastung für den Menschen und auch für die Umwelt.

Ein weiteres Problem ist ein grundsätzlich erhöhtes Unfallrisiko durch gestresste Autofahrer, die einen Parkplatz suchen oder waghalsig einparken, um sich einen raren Stellplatz zu sichern.

Laut einer Studie der Unfallforschung der Versicherer steht fast jeder fünfte innerörtliche Unfall mit Personenschaden im direkten oder indirekten Zusammenhang mit dem Parken. Besonders gefährdet sind schwächere Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer. Radfahrer sind überproportional häufig durch sogenannte Dooring-Unfälle oder Sichtbehinderungen durch parkende Autos betroffen.

Die Daten sprechen eine klare Sprache: In Innsbruck stehen laut einer Anfragebeantwortung im Gemeinderat nur 9912 markierte Bewohnerparkplätze in sieben Stadtteilen zur Verfügung, während rund 13.000 Innsbrucker eine Anrainerparkkarte besitzen. Besonders in den engen Gassen von Pradl, Wilten und der Innenstadt führt diese Diskrepanz zu einem täglichen Wettlauf um die knappen Stellflächen. Die durchschnittliche Parkplatzsuchzeit von sieben Minuten pro Vorgang summiert sich für einen Autofahrer auf rund 42 Stunden pro Jahr. Verkehrsforscher bestätigen, dass dieser Parksuchverkehr in Spitzenzeiten bis zu einem Drittel des innerstädtischen Verkehrs ausmachen kann und damit erheblich zu Emissionen, Lärm und Unfallgefahren beiträgt.

"Die Rückmeldungen unserer ersten Nutzer sind durchweg positiv", freut sich Pieper: "Viele berichten, dass sie zum ersten Mal seit Jahren einen festen Parkplatz in Wohnungsnähe haben. Das spart nicht nur Zeit und Nerven, sondern schafft ein neues Gefühl von Wohnsicherheit."

Die Bezahlung der Parkplätze erfolgt online, eine spezielle App-Installation ist nicht erforderlich. "Wir wollten die Einstiegshürde so niedrig wie möglich halten", erklärt Pieper: "Das System funktioniert auf jedem Smartphone oder Computer mit Internetzugang." Salzburger Parkraum

Supermarkt-Segment
- Circa 60 bis 80 Supermärkte in der Stadt Salzburg (Spar, Billa, Hofer, Lidl, MPreis)
- Europark Shoppingcenter: Circa 3200 Stellplätze
- Geschätzt 8000 bis 10.000 Supermarkt-/Handelsstellplätze gesamt
- Ab 20 Uhr: 80 bis 90 Prozent leer, das sind nachts etwa 7000 bis 8000 ungenutzte Plätze
- Pro Jahr: 2,5 Millionen ungenutzte Parkstunden (nur Handel, nur nachts)

Tourismus-/Hotelgewerbe
- Circa 80 bis 100 Hotels in Salzburg-Stadt mit geschätzt 4000 bis 5000 Stellplätzen
- Durchschnittliche Hotelauslastung: 65 bis 70 Prozent. 30 bis 35 Prozent der Parkplätze sind meist ungenutzt
- Während der Festspiele sind die Hotels voll, ansonsten weniger ausgelastet
- Saisonabhängig: Winter/Nebensaison erhebliche Leerkapazitäten

Büroimmobilien
- Innenstadt/Europark-Umgebung: geschätzt 3000 bis 4000 Büro-Stellplätze
- Abends/Wochenenden: 90 bis 95 Prozent leer
- Pro Jahr: 850.000 ungenutzte Büro-Parkstunden
Quelle: Wemolo