Um Pflanzen als Teil der Architektur und zur Gebäudekühlung bestmöglich zu nutzen, hat der steirische Unternehmer Johannes Leitner ein innovatives Housing-System entwickelt. Der jüngste Coup des international tätigen Begrüners: ein Wüstenpaneel, das in Städten wie Riad grüne Fassadenoasen auch unter extremen Temperaturen wachsen lassen soll. Wie das funktionieren kann, verrät der Steirer im SN-Interview.
Herr Leitner, Sie haben ein neues Begrünungspaneel entwickelt, das besonders hohen Temperaturen standhält. Was ist dem vorausgegangen? Johannes Leitner: Ich bin seit vielen Jahren beruflich und privat in Saudi-Arabien und den Emiraten unterwegs. Bei all diesen Aufenthalten habe ich beobachtet, dass viele Bemühungen rund um Fassadenbegrünungen kläglich gescheitert sind. Das hat mich sozusagen herausgefordert! Auf Basis unserer bestehenden Systemkomponenten haben wir es nun tatsächlich geschafft, eine Begrünungstechnik zu entwickeln, die den extremen Wüstenbedingungen standhält. Lufttemperaturen um die 45 Grad und Abstrahlungstemperaturen über 60 Grad waren die Voraussetzungen, mit denen wir in unser Forschungsprojekt gestartet sind. Nun steht unser "Desert Panel" (Wüstenpaneel) kurz vor dem Einsatz. Das bedeutet: grüne Fassaden auch für Wüstenstädte wie Riad.
Wo und wie haben Sie Ihr Produkt getestet? Wir haben bei uns in Hartberg eine spezielle Klimakammer gebaut, in der wir unsere Versuche durchgeführt haben. Sprich: Wir haben in dieser Kammer die extremen Bedingungen von Wüstenstädten wie Riad simuliert. Aktuell sind wir mit der Produktentwicklung im Finale und stehen kurz davor, das Paneel auf dem Markt in Saudi-Arabien anzubieten.
Wie genau funktioniert das "Desert Panel"? Ab Temperaturen von 38 Grad Celsius erleiden Pflanzen im Regelfall Schäden. Wenn das Thermometer einmal 40 Grad überschreitet, beginnen sich die Proteine in den Pflanzenzellen zu zersetzen. Unser Lösungszugang für dieses Problem war, das "Habitat" der Pflanze so weit abzukühlen, dass die Temperatur unter dem gefährlichen Grenzwert bleibt. Dabei wirken mehrere Komponenten unseres Systems zusammen, wie eine helle Beschichtung, die die Sonne reflektiert, und eine Hinterlüftung, die die Pflanzen kühlt. Als Technologie nutzen wir die sogenannte adiabate Kühlung, aber sehr spezifisch. Mit dieser Methode haben wir bereits eine Kühlwirkung von 22,8 Grad erzielt - bei einer Temperatur von 52 Grad in der Klimakammer.
Durch die Kühlung im Kokon überlebt die Pflanze also? Genau, das zum einen, und darüber hinaus können wir natürlich auch das Mikroklima erweitern. Jetzt sind wir ungefähr bei einem Radius oder einem Abstand von circa 1,50 bis zwei Metern. Der nächste Schritt wäre, das noch weiter auszudehnen.
Wie viel Wasser benötigt Ihr Fassadensystem? Generell kommt unser System mit sehr wenig Wasser aus, weil jeder einzelne Kokon oder jede einzelne Pflanze über Druckmembranen nur tröpfchenweise bewässert wird. Durch das Housing-System sind die Pflanzen gut geschützt. Was die Kühlung betrifft, ist der Wasserverbrauch minimal. Es wird auch nicht durchgehend bewässert, sondern in Intervallen.
Wie wird das System gewartet - passiert das vor Ort? Zum einen übernehmen das Partnerbetriebe vor Ort, zum anderen kann das System auch direkt von Hartberg aus gesteuert werden, wir können einen Livestatus abrufen. Das Ganze ist global anwendbar und wird natürlich nicht nur in Wüstenstaaten, sondern auch in Australien oder Kalifornien möglich sein, wo Hitzeperioden immer intensiver werden.