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Restaurator Rupert Kreuzberger: Historisches Wissen im Holz gespeichert

In seiner Werkstatt in Bischofshofen restauriert Rupert Kreuzberger Kostbarkeiten aus Holz. Mit viel Feingefühl und handwerklichem Geschick erweckt er alte Stücke zu neuem Leben.

Ein Mann für spezielle Fälle: Rupert Kreuzberger restauriert sakrale und profane Einrichtungsgegenstände mit fachkundiger Hand.
Ein Mann für spezielle Fälle: Rupert Kreuzberger restauriert sakrale und profane Einrichtungsgegenstände mit fachkundiger Hand.
Gestühl der Buchbergkirche, ein fertiggestellter Auftrag.
Gestühl der Buchbergkirche, ein fertiggestellter Auftrag.
Das Kirchengestühl aus der St. Blasisus Kirche vor der Werkstatt.
Das Kirchengestühl aus der St. Blasisus Kirche vor der Werkstatt.

Hoch über dem Talboden von Bischofshofen stapelt sich vor der Werkstatt von Rupert Kreuzberger dunkles Kirchengestühl. Eigentlich gehört es in die St.-Blasius-Kirche am Nordende der Salzburger Getreidegasse. 280 Jahre lang haben die 60 Eichenbänke dort ihren Dienst getan, nun zehrt die Feuchtigkeit schon recht bedrohlich am Holz.

"An der Machart sind Einflüsse des Rokoko und des Barocks erkennbar", erklärt Rupert Kreuzberger, während er mit einer Hand über einen porösen Stollen streicht und dabei ein paar Späne löst. "Bei den meisten Bänken werde ich ganze Teile austauschen müssen", meint er seufzend, "das zerbröselt ja regelrecht." Im Laufe der nächsten Monate wird er ein Stück nach dem anderen in Augenschein nehmen und geduldig restaurieren. Mindestens ein Jahr wird es dauern, bis alles gemacht ist.

Sensible Arbeiten mit Holz

Kreuzberger beschäftigt sich seit 35 Jahren mit historischen Einrichtungen, Möbeln und Antiquitäten aus Holz. Durch sein Gespür, seinen Feinsinn und sein handwerkliches Geschick hat er sich als Restaurator und Kunsttischler mittlerweile weit über Salzburg hinaus Ansehen erwirtschaftet. So zählen unter anderem das Bundesdenkmalamt und das Domamt zum festen Kreis seiner Auftraggeber. Daneben hat der 59-Jährige eine Reihe von privaten Kunden, die ihm sensible Holzarbeiten und kostbare Möbel anvertrauen.

Neben seinen Restaurationsarbeiten übernimmt Kreuzberger aber auch vergleichsweise "klassische" Aufträge - Küchen- oder Schlafzimmereinrichtungen und Tischlerarbeiten aller Art - allerdings mit einer Einschränkung. Verwendung finden bei ihm ausschließlich heimische, naturbelassene Edelhölzer. Furniere, Lacke oder Kunststoffe lehnt er kategorisch ab.

Holz seit Kindertagen

Zu seinem Beruf ist der Pongauer über Umwege gekommen. Nach einer Kfz-Elektriker-Lehre, einer Zeit in der Forstwirtschaft und später im Staatsdienst hat er sich vor 35 Jahren als Tischler selbstständig gemacht. Als Quereinsteiger fühlt er sich trotzdem nicht. "Holz begleitet mich als Werkstoff mein ganzes Leben", meint er. "Schon als kleiner Bub hab ich beim Vater in der Werkstatt geschnitzt und ,gemachelt' - wie es bei uns heißt." Kreuzberger würde sich immer wieder für diesen Weg entscheiden. Das ist auch, was er jungen Menschen rät. "Es zahlt sich aus, einem Beruf nachzugehen, der glücklich macht und einen ausfüllt - egal wie die Umstände sind oder was andere erwarten oder denken."

Stilkunde und Fleiß

Ganz allein seinem Talent ist sein beruflicher Werdegang aber nicht geschuldet. Ein solides Wissen hat sich Kreuzberger hart erarbeitet und dafür unzählige Bücher über Stilkunde gewälzt. Das habe sich bezahlt gemacht, ist er heute überzeugt. "Ich weiß heute, wie ich an Dinge herangehen muss, ich weiß, wie Gärungen, Verbindungen und Verzinkungen gemacht wurden, und ich kann eingrenzen, wie und mit welchen Methoden in einer bestimmten Epoche gearbeitet wurde. Natürlich kommt es immer wieder zu verzwickten Situationen", räumt er ein. "Da muss man sich dann einfach einlesen."

Mit jedem Auftrag gewinne man auch an Erfahrung, setzt er nach. "Da gab es zum Beispiel Holzkünstler und Bildhauer, die in einem klar erkennbaren Stil gearbeitet haben, wie zum Beispiel die Oberstädter Kistler." (Anmerkung: "Kistler" ist eine historische Berufsbezeichnung für Tischler.) Spannend sei auch, mit welchen Methoden die Bildhauer und Künstler ihre Werke signiert hätten, setzt er fort. "In einigen Truhen und Kästen habe ich öfter schon Geheimfächer mit Nachrichten entdeckt. Da waren kleine Zettel versteckt, auf denen sich die Erbauer mit Botschaften verewigt haben, ohne dass das jahrhundertelang jemand bemerkt hat."

Sein Wissen gibt Kreuzberger heute nicht bedenkenlos an jeden und jede weiter. Auch unter seinen Handwerkerkollegen und Kolleginnen, die im Restaurationsbereich tätig seien, sei das nicht üblich, meint er. "Die Steinmetze, Maurer, Maler, die wie ich viel im sakralen Bereich unterwegs sind, bedienen sich jahrhundertealter Techniken. Dafür ist sehr viel Erfahrung nötig, die sich alle mühsam erarbeitet haben."

Das Original als Vorbild

Zurück zum Rokoko-Gestühl in der Blasiuskirche. "Bei den meisten öffentlichen Aufträgen werden vorab Muster angefertigt, die dann von den Kunsthistorikern und Kunsthistorikerinnen begutachtet und auf Herz und Nieren geprüft werden", schildert der Pongauer Handwerker das Prozedere. Im Fall der Kirchenbänke müssen sie dann genauso ausschauen wie das 280 Jahre alte Original. Insbesondere der Urfarbton müsse akkurat getroffen werden, hebt er hervor. "Das ist eine ziemlich sensible Angelegenheit."

"Kulturgüter zu erhalten, ist mein größter Ansporn."
Rupert Kreuzberger
Restaurator

Die Zusammenarbeit mit Kunsthistorikern schätzt der Handwerker sehr. "Bei jedem Besuch kann man einerseits unglaublich viel lernen, andererseits wird Qualitätsarbeit auch erkannt und wertgeschätzt." Daran beteiligt zu sein, altes Kulturgut zu bewahren und zu erhalten, ist ihm persönlich der größte Ansporn. "Auch wenn es manchmal mühsam ist, weil der Wurm sich schon über alles hergemacht hat."

Techniken vom Balkan

Seine Arbeit bringt Kreuzberger selbst nach Jahrzehnten noch zum Staunen: "Ab und zu stoße ich auf Holzverbindungen, die man dem Balkangebiet zuordnen kann. Da ist vermutlich ein Möbelstück während der k. u. k. Monarchie weit herumgereist", nimmt der Tischler an. "Oder auch andersherum: Handwerker waren auf der Stör und haben ihre Techniken aus der Heimat in andere Länder weitergetragen."

Nachbau des Gasteiner Hochzeitsschranks.
Nachbau des Gasteiner Hochzeitsschranks.

Wer beim Pongauer Kunsttischler zu Gast ist, darf zum Abschluss vielleicht auch sein Wohnhaus besichtigen. Hier hat der Handwerker einige seiner schönsten Arbeiten ausgestellt. Unter anderem auch einen ungewöhnlichen barocken Schrank, den Kreuzberger vor vielen Jahren für seine Frau zum Anlass der Verlobung gemacht hat. Nicht ohne Grund genau diesen: "Das ist ein Gasteiner Hochzeitsschrank", sagt er, "das Original kann man im Monatsschlössl in Hellbrunn besichtigen."