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Platz genug: Klein, kleiner, Micro Home

Das micro compact home ist ein in Leichtbauweise ausgeführter, modularer und mobiler Minimalwohnraum für ein bis zwei Personen.

Zwei Micro-Häuser mit je einer Wohnfläche von 6,5 m² stehen auf dem Gatterbauer-Firmengelände.
Zwei Micro-Häuser mit je einer Wohnfläche von 6,5 m² stehen auf dem Gatterbauer-Firmengelände.

Wohnen in der sprichwörtlichen Schuhschachtel? Ja, das geht. In einem Würfel mit 2,66 x 2,66 x 2,66 Metern - sprich: auf sechseinhalb Quadratmetern Wohnfläche - ist alles vorhanden, was der moderne, urbane, flexible und höchst mobile Mensch heutzutage braucht. WC, Dusche, Küchenzeile mit Abwasch, Induktionsherdplatte, Mikrowelle, kleinem Kühlschrank und Abfallsammelsystem sowie ausreichend Stauraum in ausziehbaren Schubladen. Der halb tiefer gesetzte Esstisch mit zwei Sitzbänken bietet bis zu fünf Leuten Platz. Wird die Tischplatte an die Wand geschoben, dient sie als Arbeitsplatz. Oberhalb der Sitzgruppe befindet sich das klappbare Bett mit 2,40 Metern Länge. Mit wenigen Handgriffen und Ausziehen einer Schublade wird aus Esstisch und Sitzbankpolstern ein weiteres Bett. Die Raumhöhe beträgt zwei Meter, verkraftet also auch größer gewachsene Menschen.

Nach außen zu öffnende Fenster sowie die LED-Beleuchtung sorgen für viel Licht und sind so positioniert, dass alle Arbeitsbereiche lichtdurchflutet wirken. So verleihen sie den Zwischenräumen Weite und Großzügigkeit. Außen sorgen Jalousien für die Beschattung. Kühlung, Heizung, Licht und Warmwasseraufbereitung sind ebenfalls vorhanden. Auf dem Dach lässt sich eine Photovoltaikanlage anbringen, sie macht das Miniheim energieautark.

Das m-ch: Ein visionäres Micro-Haus aus Oberösterreich

Gebaut wird das m-ch (micro compact home) im oberösterreichischen Uttendorf, nahe Mattighofen. Rupert Gatterbauer und seine Frau Nicole setzen das Micro-Haus in ihrem Betrieb in die Realität um. Entwickelt hat das System zunächst Professor Richard Horden mit Studierenden an der TU München, die Planung erfolgte vom Büro "Haack + Höpfner. Architekten" von Lydia Haack und John Höpfner. "Professor Horden hat bereits 2004 gesehen, dass die Großstädte in Zukunft zu klein werden für den starken Zuzug und dass Wohnraum Mangelware werden würde", erzählt Rupert Gatterbauer. Von der Entwicklung in München hatte der Glasermeister, der 2008 den elterlichen Betrieb übernommen hatte, gehört. "Ich war derart begeistert von der Idee, dass ich mich mit dem Professor in Verbindung setzte und nach München gefahren bin. Ich wollte das unbedingt bauen", erzählt er strahlend. Zusammen mit dem Architekten John Höpfner hat er den ersten Prototyp gebaut, der wiederum den Professor begeisterte. "Er war derart von der Qualität überzeugt, dass daraufhin eine exklusive Zusammenarbeit zustande kam." Seither werden die kleinen Kuben in Oberösterreich produziert. Die ersten Modelle hat Gatterbauer für die Olympiabewerbung Salzburg 2024 hergestellt und in Anif vor dem Gemeindeamt aufgebaut. "Sie waren gedacht als Wohneinheiten im olympischen Dorf. Überdies war geplant, dass sie nach dem Ende der Olympischen Spiele abgebaut und weiterreisen würden in den nächsten Austragungsort. Wie wir wissen, ist daraus ja leider nichts geworden", bedauert Nicole Gatterbauer.

"Ich wollte die Micro Homes unbedingt bauen."
Rupert Gatterbauer
Unternehmer

Einfacher Aufbau und vielseitige Standorte

Aufgestellt werden können die Würfel überall dort, wo Wasser- und Abwasseranschluss, eventuell auch Stromanschluss vorhanden ist, sofern nicht auf Photovoltaik gesetzt wird. Die modulare Bauweise erlaubt den Zusammenschluss von mehreren Häusern neben- oder übereinander, sie können als Gruppen ("family clusters") angeordnet werden oder größere Dörfer bilden, in denen die einzelnen Einheiten durch zugeordnete Außenräume miteinander verbunden werden. "Auf zehn Quadratmetern Grundfläche haben vier Einheiten Platz, wenn man sie hochzieht, können es bis zu zwölf sein." Das micro compact home steht auf einer leichten Unterkonstruktion, es braucht kein Fundament. Die Bodenplatte wird mit etwa einen Meter langen Erdpfählen in den Boden geschraubt. "Steht die Unterkonstruktion, ist es in etwa fünf Minuten aufgebaut", ist sich Rupert Gatterbauer sicher. Nach der temporären Nutzung lässt es sich wieder rückstandslos entfernen.

Effizienter Transport ohne Begleitfahrzeug

Sehr einfach gestaltet sich auch der Transport, und zwar ohne Begleitfahrzeug. Auf einem Tieflader haben fünf Einheiten Platz. Ein Grund, warum die Maße exakt 2,66 Meter betragen: "Professor Horden wurde gefragt, ob man die Seiten nicht auf drei Meter verlängern könnte, um etwas mehr Platz zu bekommen. Er war dagegen, weil er überzeugt war, dass das Raumgefühl kein anderes wäre, jedoch der Transport mit fünf Einheiten günstiger als mit vier wäre. Für ihn ein wichtiger Aspekt", so Gatterbauer.

Das Konzept des intelligenten Kurzzeitwohnens

Ein einzelnes Haus kann sogar auf einen etwas PS-stärkeren Pkw samt Anhänger verladen und an Ort und Stelle gebracht werden. "Wir haben den passenden Anhänger, den wir zur Verfügung stellen können." Für wen sind derartige Winzig-Wohneinheiten gedacht? "In erster Linie für jene, die ein kleines, in sich abgeschlossenes Zuhause auf Zeit brauchen, das sich nicht allzu kostenintensiv darstellt. ,Short stay - smart living' lautet hierfür das Motto. Wir nennen es intelligentes Kurzzeitwohnen", ist Nicole Gatterbauer wichtig zu betonen. Durch seine kompakten Maße fügt sich der Kubus nahtlos in unterschiedlichste Umgebungen ein, seine funktionale Einrichtung bietet alles Notwendige für den Alltagsgebrauch.

Innovation in kompaktem Wohnen

Das m-ch wurde als Antwort auf den wachsenden Bedarf an Wohnraum für Kurzaufenthalte von Studenten, Geschäftsleuten und Wochenendurlaubern sowie von Sport- und Freizeiteinrichtungen entwickelt. Es verbindet modernste Technik, wie sie beispielsweise für Flugzeuge entwickelt wurde, mit hochwertigen Lebensstandards. Micro compact homes stehen inzwischen in mehreren europäischen Ländern. Ein kleines "Dorf" mit sieben miteinander verbundenen Häusern hat das Münchner Studentenwerk im Englischen Garten aufgebaut - es wird von Studierenden bewohnt. Weitere Häuser wurden in den USA, im Tessin und am Zürichsee aufgestellt. "Für eine Sonderausstellung haben wir es ins MoMa, ins Museum of Modern Art in New York City, gebracht. Dort haben wir ausgestellt", berichten die Gatterbauers nicht ohne Stolz.

Die m-ch-Häuser in Salzburg

In Salzburg stehen zwei m-ch an der Minnesheimstraße. "Dafür habe ich eine Sondergenehmigung zum ausnahmsweisen Aufstellen erhalten", erinnert sich Gatterbauer. Erlaubt sind sie in Salzburg nämlich nicht, sie entsprechen nicht der geltenden Bauordnung. Deutsche Gesetze haben das "experimentelle Wohnen" vorgesehen, in dessen Rahmen micro compact homes möglich sind. "Wir haben schon vor 15 Jahren an diese Idee geglaubt, wir werden auch weiterhin versuchen, Genehmigungen zu bekommen. Möglicherweise ist ja dann die Zeit auch bei uns reif dafür", sind sich die Wohnminimalisten einig.