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Vossen feiert 100 Jahre: Mehr Farbe im Badezimmer mit heimischer Frottierware

Der Frottierhersteller Vossen wird 100. Der ehemalige deutsche Konzern ist nun Marktführer mit Sitz und Produktion im burgenländischen Jennersdorf.

Viele Farben und vor allem das Kuschelige machen Vossen-Qualitätsprodukte aus.
Viele Farben und vor allem das Kuschelige machen Vossen-Qualitätsprodukte aus.

Am Anfang steht eine Begriffsverwirrung. Denn wohl jede und jeder in Österreich würde von einem Frotteehandtuch sprechen. Beim Hersteller Vossen im Burgenland redet man hingegen von Frottierware. Macht das einen Unterschied? "Ja", sagt Marco Talasz, Geschäftsführer von Vossen: "Frottee, das waren früher Pyjamas, hergestellt als Zweifadensystemgewebe." Frottierware hingegen wird zusätzlich mit einer Schlinge gewebt. "Der Unterschied in der Herstellung ist eher was für Textiltechniker, für die Menschen ist Frottierware einfach kuscheliger."

"Kuschelig!" Noch nie in seiner Berufskarriere hat der Autor dieser Zeilen in einem Interview, noch dazu mit zwei Männern, das Wort "kuschelig" so oft gehört. Angenehm findet er das, und so viel anschaulicher für jeden Menschen als nüchterne Begriffe aus der Welt der Unternehmensführung.

"Frottierware ist das Erste, das man an die Haut lässt, es gibt nichts Intimeres."
Michael Unger
Geschäftsführer Vossen

"Frottierware ist das Erste, das man an die Haut lässt, es gibt nichts Intimeres", ergänzt Michael Unger, Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb: "Sie ist haptisch und optisch eine Bereicherung fürs Badezimmer. Wir bieten rund 100 Farben an, da findet jeder etwas." Damit lasse sich der Charakter des Badezimmers oder des Wellnessbereichs mit wenig Aufwand umändern. Badeteppiche, Bademäntel und Handtücher seien Accessoires, mit denen sich jeder wohlfühle. Talasz: "Unsere Produkte berühren, als Handtuch per se und im übertragenen Sinn das Herz."

Auch so eine kuschelige Aussage. Doch tatsächlich verbindet Frottierware die Generationen. "Handtücher polarisieren nicht, ich kenne niemanden, der sie nicht mag", sagt Unger: "Vom ersten Tag des Lebens bei der Geburt bis zum Ende wird man davon begleitet." Und es handelt sich - zumindest bei der in Jennersdorf gefertigten Ware - um keine Wegwerfprodukte. Talasz: "Unser Schwerpunkt liegt auf der Lebensdauer, Stichwort: Qualität. Die Lebensdauer unserer Produkte liegt bei deutlich mehr als zehn Jahren." Die Menschen sollten bei Frottierware auf Design und Qualität achten und es nicht als Gebrauchsgut betrachten.

Zu glauben, je schwerer der Stoff, desto besser, sei aber falsch. Schließlich gehe es in erster Linie darum, die Feuchtigkeit schnell vom Körper wegzubekommen, und erst in zweiter Linie darum, ob es sich um 500-g-Ware oder 650-g-Ware handelt. Talasz: "Das ist nur in den USA so, dass es möglichst schwer sein soll." Wichtig sei der "Griff", der hänge von der Oberfläche ab.

Was sind dann nun die Ansprüche an qualitätsvolle Frottierware?

Unger: "Die Summe an Vielfalt: Aussehen, Warenbild, Griff. Wie fühlt es sich an? Wie gut saugt es auf? Wie verändert es sich beim Waschen? Wie sind die Nähte? Das ist die Summe der Erwartungshaltungen." Wer wie Vossen in Österreich produziere, dürfe sich bei der Qualität ohnehin nichts erlauben. "Wir wollen nicht bei der Fernostware mitspielen." Man erhebe den Anspruch auf das Premium-Segment und nicht auf "Masse".

Vielmehr sei man Marktführer in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz), im Waldviertel gebe es zwei kleinere Firmen, in Italien und Frankreich einige lokale Player und in Deutschland zwei größere Hersteller. Der Rest werde importiert, aus der Türkei über Pakistan bis China. Wobei fairerweise angemerkt werden muss, dass Vossen seine Bademäntel ebenfalls in der Türkei fertigen lässt, der Rest des Sortiments komme aber aus Jennersdorf. "Der burgenländische Standort ist aber keine Liebhaberei", ergänzt Talasz: "Hier geht es um Effizienz, Know-how und Ressourcenschonung. Da hat es Sinn, in Österreich zu produzieren."

Erfolg mit neuen Produkten

Und wie laufen die Geschäfte? Das Angebot gehe inzwischen über den Bereich Bad, Handtücher und Bademäntel, hinaus. Unger: "Corona hat zum Trend zum Home-Spa beigetragen, inklusive Sauna und Pools. Das war positiv für uns." Man habe schon vorher einen Webshop gehabt, davon habe man in den Pandemiezeiten dann profitiert. Und auch vom Boom in den Möbelhäusern, die seien "unser größter Kunde". Heimtextilien seien sehr krisenresistent mit wenig Ausschlägen nach oben oder unten. "2025 erwarten wir einen Rekordumsatz, weil wir trotz der Umstände von der Tendenz zum selektiven Luxus profitieren", erzählt Talasz. Das bedeutet, dass sich die Menschen trotz Krisen im Bad gerne etwas gönnen und dies als persönlichen Luxus genießen.

Dazu kommt, dass Vossen das Produktangebot erweitert, etwa um einen Beauty-Bag mit Stirnband, Haargummi und verschiedenen Abschminkpads. Der Trend geht auch zum Turban oder zu Saunakilts (die jetzt "SpaDress" heißen). "Musselin-Stoffe, wie man sie von den Stoffwindeln her kennt, sind stark im Kommen. Sie sind nun im Bereich Yoga, Sauna und Hamam gefragt."

Vom Erfolg der neuen Produkte sind die beiden Geschäftsführer selbst überrascht worden, "da haben wir den richtigen Zeitpunkt erwischt, um Out of the Box zu punkten." Nun werden weitere Konzepte entwickelt, etwa in Richtung Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer. Talasz: "Das ist ein großes Feld und da wollen wir dabei sein." Mithelfen sollen Cross-over-Waren, also Frottierwaren kombiniert mit anderen Materialien. "Warum nicht Short und Shirt? Da sind gerade viele Produktideen im Entstehen."

"Wir müssen ständig Neues wagen, da ist der Standort Österreich ein Vorteil."
Marco Talasz
Geschäftsführer Vossen

Dass das alles ausgerechnet in Jennersdorf passiert, einem Standort, der verkehrsmäßig sehr benachteiligt ist, hat viel mit der Geschichte zu tun. Denn Vossen wurde vor genau 100 Jahren von Burghardt Vossen in Gütersloh in Deutschland gegründet und wuchs zu einem international tätigen Konzern mit 3500 Beschäftigten und Standorten in Deutschland und international - sogar auf Mauritius - heran. Vossen erfand 1950 den Frottier-Bademantel, den später Udo Jürgens zu seinem Markenzeichen machte. 1961 wurde der österreichische Standort Jennersdorf gegründet.

In den Neunzigerjahren ging es mit dem Konzern bergab, es folgte der Konkurs. In Jennersdorf übernahm eine Investorengruppe, zu der auch das Land Burgenland gehörte, die Gebäude, die Mitarbeiter, die gesamte Produktion sowie alle Markenrechte. 2003 wurde die Weberei für 6,9 Millionen Euro modernisiert. Seit 2004 ist die Linz Textil AG, einer der weltweit größten Garnhersteller, 100-prozentiger Eigentümer der Vossen GmbH. Talasz: "Seitens der Eigentümer gibt es ein klares Bekenntnis zum Standort, er ist Teil der DNA von Vossen." Eine Produktionsverlagerung innerhalb Österreichs ergebe wenig Sinn. Treiber sei immer die Innovation gewesen, diese sei "seit 100 Jahren unser Markenzeichen. Wir müssen auch jetzt ständig Neues wagen und da ist der Standort Österreich ein Vorteil." Man sehe sich als "gallisches Dorf", weil von einem ehemals riesigen Konzern ausgerechnet der Standort im Burgenland übrig geblieben sei. Mit der Linz Textil gebe es bei Finanzen und IT eine enge Kooperation, "bei Produktentwicklung, Produktion, Design und Marketing sind wir aber sehr eigenständig".