Mehrere Gründe und klare Indikatoren sprechen dafür, dass die zuletzt ruhige Phase am österreichischen Zinshausmarkt bald von verstärkter Aktivität abgelöst werden wird. "Der erwartete Preisverfall ist zwar teilweise eingetreten. Doch Eigentümer, die nicht zwingend verkaufen mussten, haben zu starke Reduktionen oft nicht mitgemacht und Objekte wieder vom Markt genommen. Weitere Preissenkungen als bisher werden vermutlich nicht flächendeckend und nicht in den guten Lagen stattfinden", sagt Gerhard Hudej, Geschäftsführer der Hudej-Zinshäuser-Gruppe. So schreibt beispielsweise die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) in ihrer Studie "Trendwende am Immobilienmarkt in Österreich": "Ein stärkerer Einbruch der Preise, wie er zuletzt für Wien konstatiert wurde, lässt sich nicht nachvollziehen."
Starkes Angebot bei geringer Nachfrage nach Zinshäuser
Aufgrund des starken Angebots bei nach wie vor geringer Nachfrage genießen potenzielle Investoren derzeit eine starke Verhandlungsposition. Dazu Reinhard Manzl, Standortleiter Wien bei Hudej-Zinshäuser: "Jene Eigentümer, die aufgrund starker, variabel finanzierter Zukäufe der letzten Jahre unter hohem Zinsdruck leiden, sind bei konkretem Investoreninteresse erfahrungsgemäß stark verhandlungsbereit." Je nachdem, wie man die weitere Entwicklung der Zinsen einschätzt, könnte jetzt der geeignete Zeitpunkt sein, um wieder in den Markt einzusteigen.
Viele Experten erwarten keine wesentlichen Zinssteigerungen der Europäischen Zentralbank (EZB) mehr, allerdings eine relativ lange Stagnation auf derzeitiger Höhe. Es gehe daher darum, mit der aktuellen Zinshöhe zu arbeiten, was in vorangehenden Marktphasen vor Beginn der Nullzinspolitik auch funktioniert habe, sagt der Experte.
Talsohle am Zinshausmarkt scheint erreicht zu sein
Die Talsohle scheint demnach erreicht zu sein. Denn bisher kam es weniger bei den Preisen als vielmehr bei den Transaktionen zu einem merklichen Rückgang: "Klar abzulesen ist das am Aufkommen der Grunderwerbssteuer: Das Volumen sank den OeNB-Angaben zufolge im vierten Quartal 2022 im Jahresabstand um 11 Prozent, im ersten Quartal 2023 um 20 Prozent." Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) sieht "sowohl dämpfende als auch weiter preistreibende Faktoren vorliegen". So gibt es laut dem Institut "mit den massiven Baukostensteigerungen - was eine schwächere Neubauentwicklung erwarten lässt - und der hohen Inflation auch Faktoren, welche die Preise von Bestandsobjekten zumindest nominell stabilisieren dürften".
Für eine zukünftige Markterholung bei bestehenden Wohnimmobilien spricht auch die zurückgehende Bautätigkeit. "In Österreich ist das Auslaufen eines ausgeprägten Wohnbauzyklus zu beobachten. Der Höhepunkt wurde 2021 mit 71.200 fertiggestellten Wohnungen erreicht. Eine Prognose auf Basis der Baubewilligungen lässt für die Jahre 2022 bis 2024 einen Rückgang der Fertigstellungen auf 59.000, 57.000 und 43.000 erwarten", heißt es in dem Report. Die Nachfrage nach Wohnraum aber wird unverändert hoch bleiben. Davon werden Wohnungsanbieter profitieren. "Auch dies spricht dafür, die aktuelle Phase der niedrigen Preise zu nutzen, um Bestandsobjekte zu erwerben", rät Hudej interessierten Investoren.
Denn das Zinshaus bleibe als Anlage zukunftssicher. "Menschen neigen dazu, Trends zu überschätzen", führt der Geschäftsführer aus. "Lange Zeit war es die Euphorie, die teilweise übertrieben wurde, jetzt ist es die Dysphorie. Fakt ist aber: Das Zinshaus, in ansprechender Lage und zu vernünftiger Rendite eingekauft, ist nach wie vor eine der besten Anlageformen und Absicherungen gegen hohe Inflation. Vor allem das Stilzinshaus aus der Gründerzeit ist ein knappes Gut, das in dieser Form und Qualität nie mehr wiederkommt."
Leichte Erholung in Wien
Die Fertigstellungszahlen von Wohnungen in Wien für das Jahr 2023 sind von jenen Projekten geprägt, deren Bau noch Ende 2021 und Anfang 2022 begonnen worden ist. Der Effekt für das aktuelle Wohnungsangebot ist jedoch bereits spürbar schwächer geworden, weshalb 2024 mit einer deutlichen Verknappung zu rechnen ist, heißt es in einem EHL-Marktbericht. Die für heuer erwartete Zahl von rund 15.940 Einheiten wird daher 2024 und 2025 noch drastischer zurückgehen, was mit einem großen Nachfrageüberhang einhergehen wird. Die Kostenunsicherheiten sind für Bauträger anhaltend schwierig, weshalb nicht nur einige Baustarts geplanter Projekte verschoben werden, sondern auch die Zahl der Baubewilligungen weiterhin kontinuierlich zurückgeht.
Wiener Wohnungsmarkt im dritten Quartal wieder etwas besser
Nach dem zinsbedingten Einbruch der Nachfrage nach Eigentumswohnungen seit Spätsommer 2022 ist nun wieder eine beginnende Erholung festzustellen. Dazu tragen das absehbare Erreichen des Zinsgipfels sowie der allmählich eintretende Gewöhnungseffekt bei den neuen Finanzierungskonditionen bei. Die Leerstandsrate bei Liegenschaften im Mietbereich befindet sich bereits auf sehr niedrigem Niveau und die Bestandsreserven, die zur Abfederung des aktuellen Nachfrageüberhangs zur Verfügung stehen, werden immer kleiner.
Die Anzeichen, dass die nach Österreich und primär nach Wien geflüchteten ukrainischen Familien dauerhaft bleiben werden, verdichten sich. Gemeinsam mit dem strukturellen Wohnungsbedarf, der aus dem natürlichen Bevölkerungswachstum und dem Trend zur Urbanisierung resultiert, wird das die Nachfrage nach Wohnraum in Wien weiter erhöhen. Vor allem im Mietwohnungsbereich bleibt diese auf besonders hohem Niveau.
Die nach wie vor gedämpfte Nachfrage nach Eigentum ist auf die weiterhin erschwerten Rahmenbedingungen bei Finanzierungen durch die KIM-Verordnung sowie die sehr rasch gestiegenen Zinsen zurückzuführen. Dennoch hat der Eigentumsmarkt seinen Tiefpunkt überwunden. Verglichen mit dem zweiten Halbjahr 2022 und dem ersten Halbjahr 2023 steigt die Nachfrage wieder, da der Wunsch, Eigentum zu schaffen, nach wie vor groß ist.
Auch als Investment sind Wohnimmobilien wieder attraktiver geworden
Die steigenden Mieten und die Aussicht auf höhere Erträge im Zusammenhang mit Wertanpassungen an die Inflation sowie die deutlich rückläufige Leerstandsquote machen Anlegerwohnungen zu einem chancenreichen Investment. Stärker als vor dem Zinsanstieg und der Konjunkturflaute fokussiert sich die Nachfrage auf eher kostengünstigen Wohnraum. Davon profitieren auch Angebote im Speckgürtel. Für Objekte an Standorten mit guter Verkehrsanbindung an die Bundeshauptstadt herrscht gute Nachfrage, da das Preisargument spürbar an Bedeutung gewonnen hat.
Die Kaufpreisentwicklung ist aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten gedämpft. Davon sind Bestandswohnungen stärker betroffen als der Neubau, da unter anderem ein nachhaltiges Energiekonzept ein immer wichtigeres Kaufentscheidungskriterium ist. Bei Bestandswohnungen werden demnach zunehmend mögliche finanzielle Aufwände, aus künftig erforderlichen Maßnahmen zur Dekarbonisierung, bei der Kaufentscheidung mitberücksichtigt.