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Das Internet der 80er Jahre

Datenaustausch im letzten Jahrtausend, oder: Wie wir früher schnell mal ein Spiel für den Commodore 64 'runtergeladen haben ...

Betamax-Videorekorder von Sony: Ein Systemewettstreit zwischen Betamax, Video2000 und VHS konnte schließlich VHS von der japanischen Firma JVC für sich entscheiden.
Betamax-Videorekorder von Sony: Ein Systemewettstreit zwischen Betamax, Video2000 und VHS konnte schließlich VHS von der japanischen Firma JVC für sich entscheiden.

Salzburg Stadt, irgendwann in den 1980er Jahren, früher Nachmittag. Es ist fad ohne Handy (gab's noch nicht), Gameboy (den gab's auch noch nicht) oder wenigstens einem Videorekorder. Diesen gab's schon, oder besser gesagt sogar drei Varianten davon. Betamax, Video2000 und VHS. Die Entwickler haben lange gestritten, welcher Standard sich künftig durchsetzen wird. Irgendwann gab's dann nur mehr VHS. Zu damaliger Zeit und persönlichem Gefühl eigentlich die schlechteste Entscheidung.

Der Nachbar hatte einen Betamax und den Film "Alien" von Ridley Scott. Besser ging's damals nicht mehr!

Heute stehen auf Youtube Millionen Videos mit mehr oder meist eher weniger hohem Anspruch bereit. Aber irgendwie hat man immer das Gefühl, etwas zu versäumen und klickt bei nächster Gelegenheit weiter. Denn wer weiß, ob sich nicht hinter dem nächsten Link endlich etwas Interessantes verbirgt ...

Zurück in die 80er: Der einzige digitale Zeitvertreib in den eigenen vier Wänden war damals der Heimcomputer. Diesen hat es bereits gegeben. Bei uns war es der Commodore C64, der so genannte Brotkasten. In "schickem" beige gehalten und mit unglaublichen 64 Kilobyte an Arbeitsspeicher ausgestattet (das sind 0,064 Megabyte!) konnte damit gezeichnet, berechnet und programmiert werden. Das war zumindest der Teil, den die Eltern als Kaufentscheidung wissen mussten. Eigentlich war wichtig, dass die Spiele aus den Spielhallen - wenn auch in abgespeckter Form - über den Bildschirm flimmerten. Aber dazu später ...

Anders als heute hingen die Heimcomputer außer am Strom in keinem Netzwerk. Früher wäre Internet so was wie der Film "Alien" gewesen - reine Science Fiction. Und heute weiß man das Internet oft nicht zu schätzen. Es ist halt einfach da. Dabei wäre alleine das gesammelte Wissen auf Wikipedia es schon wert, sich öfter einmal abseits von facebook, booking.com & Co. in die Weiten des Internets hinauszuwagen.

Das Wikipedia der 80er Jahre war der Große Brockhaus, ein Nachschlagewerk in 24 Bänden und Millionen Einträgen vom Aal bis zur Zypresse. Positiver Nebeneffekt: Wenn Besuch kam, täuschte die meterlange Bücherreihe im Regal ein unglaubliches Wissen vor ...

Zurück zu den Spielen für den C64: Über analoge Wege (man hat damals einfach miteinander geredet) konnte in Erfahrung gebracht werden, welcher Schulkollege "heiße" Ware besäße.

Wie willkommen wäre damals WhatsApp gewesen? Einfach eine Nachricht schicken und fertig. Blöderweise waren die Smartphones noch nicht erfunden. Und Mark Zuckerberg hat damals auch noch - pardon - in die Windeln geschissen. Alternativplan: Telefon! Ja, das gab es früher schon. Es war so groß wie ein Toaster, meist in beige gehalten, hatte eine Wählscheibe mit Löchern, wo der Finger rein musste, um die Scheibe im Uhrzeigersinn auf einen Kontakt zu drücken - und es war irgendwie hässlich. Heute sagen wir dazu natürlich wunderschön, weil Vintage bzw. Retro. Das Ding stand meist im Vorzimmer und musste ständig mit einem Kabel am Wandanschluss angesteckt bleiben. Unpraktisch.

Ansonsten funktionierte es wie ein Handy der Neuzeit. Sofern der Gesprächspartner sich natürlich gerade in seiner eigenen Wohnung am Zielort aufhielt. Ein weiterer wichtiger Punkt: Der Nachbar durfte nicht auf die selbe Idee kommen. Denn durch die "wunderbare" Erfindung eines so genannten Viertelanschlusses konnte von jeweils vier Mietern im Wohnblock nur einer (!) telefonieren.

Wenn man also durch puren Zufall eine Freileitung bekam, musste der Mutter des Freundes erst erklärt werden, dass es sich bei dem Anruf um wirklich wichtige schulische Dinge handeln würde. War diese Hürde aber geschafft, dann konnte endlich mit dem "Dealer" persönlich gesprochen und die Details zur Übergabe ausgemacht werden.

Ohne E-Mail, WeTransfer, Dropbox oder ähnlichem bestand damals die einzige Möglichkeit zum Datenaustausch darin, sich persönlich zu treffen. Vorher musste aber noch beim Computerhändler eine leere Floppy-Disk besorgt werden. Das waren quadratische 5,25 Zoll (ca. 13x13cm) große biegsame Kunststoffscheiben in einer dünnen Hülle, die damals mit "unglaublichen" 170KB (0,17 MB) beschrieben werden konnten. Preis: umgerechnet 1,40 Euro. 1 Gigabyte Speicher hätte also mehr als 8000 Euro gekostet ...

Gefühlte (eigentlich auch echte) Stunden später verschwand die Floppy Disk dann endlich im ("optional erhältlich und nicht im Lieferumfang enthaltenen", wie es so schön heißt) Diskettenlaufwerk (Kennzeichnung VC 1541), das im Design ebenso "anmutig" war wie der C64.

Da es damals weder eine grafische Benutzeroberfläche noch eine Computermaus gab, mussten wir dem Computer noch mittels Befehlen erklären, was wir eigentlich von ihm wollten. Nach dem Einschalten war da nur eine blau-graue Fläche, auf der ein hellblaues, blinkendes Rechteck darauf wartete, dass der Benutzer endlich etwas in der Computersprache BASIC eintippt. Der Befehl zum Durchsuchen der Diskette lautete LOAD "$",8 und LIST. Das Dollarzeichen bedeutete, dass alle gefundenen Dateien erfasst werden, das ,8 kennzeichnete das angeschlossene Laufwerk.

Mit RUN wurde das Programm dann irgendwann endlich gestartet. Der Freude wich leider oft kurz danach die Erkenntnis, dass es sich bei dem Spiel um den größten Mist handelt, der jemals über den eigenen Fernseher geflimmert ist ...