Nicht gegeneinander, sondern miteinander: Speziell seit einigen Monaten beschwören die Vertreterinnen und Vertreter der heimischen Medienbranche das Konstruktive. Offensichtlich wurde das schon auf den Österreichischen Medientagen, aber auch am Mittwoch wurde ein Zeichen gesetzt: Erstmals luden der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ), der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) und der ORF zu einem sogenannten Future Day. Bei diesem wurden „Probleme des Medienstandorts tiefgehend debattiert“, wie der ORF-Stiftungsratsvorsitzende Heinz Lederer bei einem Pressegespräch im Nachgang skizzierte. Die rund dreistündige Diskussion sei „konstruktiv, zuhörend, im Positiven ein Lernaustausch“ gewesen, ergänzte Lederers Stellvertreter im höchstrangigen ORF-Aufsichtsgremium, Gregor Schütze. Die Schwerpunkte des Austauschs seien auf künstliche Intelligenz und die wirtschaftliche Situation gelegt worden. Künftig solle es zwei „Future Days“ pro Jahr geben, der nächste sei für den Frühling 2026 angesetzt.
Lederer: „Es ist traurige Wahrheit“
Die wirtschaftliche Situation umriss Lederer mit dem Schlagwort „annus horribilis“, also einem schrecklichen Jahr: Rund tausend Journalistinnen und Journalisten befänden sich in der Arbeitslosigkeit, 300 weitere seien akut von dieser bedroht: „Im Journalismus von Arbeitsstiftungen zu reden, war früher ein No-Go, nun ist es traurige Wahrheit.“ Diese Situation sei etwa der Marktmacht der Tech-Plattformen geschuldet: Von einem grob 4 Milliarden schweren Werbekuchen in Österreich würden mittlerweile 2,5 Milliarden und somit rund 63 Prozent von Meta, der Google-Mutter Alphabet etc. abgezogen. Allein schon deshalb müsse man kooperieren, ergänzte Lederer.
Dasch: „Wir müssen die jungen Zielgruppen an die Hand nehmen“
In die gleiche Kerbe schlug VÖZ-Präsident und SN-Herausgeber Maximilian Dasch: Man müsse zusammenarbeiten, um die Position der heimischen Medien zu verteidigen – denn diese würden sehr wohl nach wie vor die junge Zielgruppe erreichen –, aber auch wieder in Richtung Wachstum zu gehen. Ein Feld, in dem man zusammenarbeiten wolle, sei die Medienkompetenz: „Wir müssen die jungen Zielgruppen an die Hand nehmen, sie über das journalistische Handwerk aufklären, besonders in Bezug auf KI. Und das können wir in unseren Häusern umso besser, da wir im direkten Dialog mit den Rezipientinnen und Rezipienten stehen.“
Die Branchenvertreterinnen und -vertreter appellierten ebenso neuerlich an die Politik, „die Bedrohung Big Tech“, wie es VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm bezeichnete, stärker einzubremsen. Konkret brauche es eine stärkere Regulierung der Plattformen. Dabei gehe es etwa um Steuergerechtigkeit, die Auffindbarkeit auf den Plattformen oder Jugendschutz. Diese Punkte müssten auf EU-Ebene angegangen werden, „aber auch die nationale Politik kann da was machen“: „Wir kümmern uns um unseren Garten, aber um uns herum gibt es Wildwuchs. Das kann nicht sein“, sagte Drumm.
Stichwort Jugendschutz: Dies sei in diesem Zusammenhang ein besonders wichtiges Feld, ergänzte Maximilian Dasch. Man könne nicht die analoge Welt von der digitalen trennen: „In der analogen Welt tun wir alles, um Jugendliche zu schützen – vor Tabak, Alkohol, auch vor den falschen Inhalten. Und digital ist die Welt offen.“
Eine weitere Kooperationsmöglichkeit von VÖP, VÖZ und ORF bestünde indessen in der Außenwirkung, konkret in gemeinsamen Marketingkampagnen. Eine erste ist, wie berichtet, schon in sämtlichen Medien der Verbände ausgespielt worden, weitere vergleichbare Aktionen „werden folgen“. Dies könne so weit gehen, dass man auch „einfachere Plattformen für die gemeinsame Vermarktung“ aufzieht, ergänzte Dasch.
Ein gemeinsames Fußballstudio von ORF und ServusTV?
Die gemeinsamen Marketingmaßnahmen und dass diese auch weitergehen würden, betonte ebenso Roland Weißmann. Darüber hinaus erwähnte der ORF-Generaldirektor jene KI-Tools, die vom ORF entwickelt und den anderen Marktteilnehmern und -teilnehmerinnen zur Verfügung gestellt werden. Neu war die Ankündigung Weißmanns, für die Übertragung der Fußball-WM im kommenden Jahr gemeinsam mit Co-Rechteinhaber ServusTV die Leitungen bestellen zu wollen und „vielleicht ein gemeinsames Studio vor Ort“ zu nutzen. „Niemand hat was zu verschenken“, sagte Weißmann. Und er schloss: „Wir Medien werden unsere Hausaufgaben machen. Aber wir werden es nicht alleine schaffen.“ Man brauche vor allem die Unterstützung der Politik, um auch auf lange Sicht „Qualitätsjournalismus für alle neun Millionen Österreicherinnen und Österreicher“ anbieten zu können.
