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Gegner des Lobautunnels warnen vor rechtlichen Hürden

Mit der Ankündigung, dass der Lobautunnel doch gebaut werde, begebe sich Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) rechtlich auf dünnes Eis. Das kritisiert die Umweltschutzorganisation Virus, die seit Jahren auch gegen Straßenbauprojekte im Großraum Wien mobil macht. Hanke hätte wenigstens eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs dazu abwarten müssen. Man stützt sich auf ein Rechtsgutachten des Verwaltungsrechtlers Thomas Müller von der Universität Innsbruck.

Das Projekt des Lobautunnels mobilisierte vor Jahren schon Aktivisten. Sie protestierten mit Besetzungen ab Herbst 2021 vor dem Baubeginn für die sogenannte Stadtstraße in Wien-Donaustadt, eine Verbindung zur geplanten Außenring-Schnellstraße. Im Bild eine Räumungsaktion der Polizei am 19. Februar 2022.
Das Projekt des Lobautunnels mobilisierte vor Jahren schon Aktivisten. Sie protestierten mit Besetzungen ab Herbst 2021 vor dem Baubeginn für die sogenannte Stadtstraße in Wien-Donaustadt, eine Verbindung zur geplanten Außenring-Schnellstraße. Im Bild eine Räumungsaktion der Polizei am 19. Februar 2022.

Die Vorgeschichte des umstrittenen Lobautunnels reicht mehr als 20 Jahre zurück. Am Donnerstag nun verkündete Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) offiziell seine schon bisher geäußerte Absicht, dass das von seiner Vorgängerin Leonore Gewessler (Grüne) im Jahr 2022 abgesagte Projekt doch weiterverfolgt werde. Die Sach- und Rechtslage ist einigermaßen kompliziert und jedenfalls nicht entschieden.

Bundesverwaltungsgericht bat den EuGH um Vorabentscheidung

Denn das Bundesverwaltungsgericht (BVwG), das über Einsprüche zu den positiven Wasserrechtsbescheiden der Länder Wien und Niederösterreich zu entscheiden hat, bezweifelt, dass der Lobautunnel im Jahr 2006 korrekt - mit einer sogenannten Strategischen Umweltprüfung (SUP) - ins Bundesstraßengesetz aufgenommen wurde. Daher wurde im März 2025 entschieden, diese Frage vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren (Fall C-189/25) prüfen zu lassen. Mit einer Entscheidung des Gerichtshofs in Luxemburg wird erst eher Ende 2026 gerechnet.

Daher hätte der Verkehrsminister das EuGH-Urteil zumindest abwarten müssen, sagt Wolfgang Rehm, Sprecher von Virus. Hanke begebe sich "auf Kollisionskurs mit dem Rechtsstaat".

Rechtsgutachter: Den S1-Plänen im Bundesstraßengesetz fehlt die Grundlage

Universitätsprofessor Müller kam in dem von Virus beauftragten Gutachten zum Schluss, dass Projekte, die unionsrechtswidrig keiner Strategischen Umweltprüfung unterzogen wurden, nicht umgesetzt werden dürften. Daher könne sich das zuständige Ministerium nicht auf einen solchen Eintrag im Bundesstraßengesetz berufen. Der Rechtsmeinung von Virus habe sich im Verfahren vor dem EuGH auch die Europäische Kommission angeschlossen, "während der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts wenig überraschend der Asfinag die Mauer macht", sagte Virus-Sprecher Rehm. Der staatliche Straßennetzbetreiber betonte dazu anlässlich des BVwG-Vorabentscheidungsersuchens, diese Frage sei "auf nationaler Ebene 2018 bereits einmal geprüft und damals bestätigt" worden.

"Strategische Umweltprüfung darf nicht umgangen werden"

Unter Hankes Vorgängerin Gewessler sei eine solche Strategische Umweltprüfung begonnen worden, diese sei fast abgeschlossen und habe eine Streichung des Projekts S1 Wiener Außenringschnellstraße aus dem Bundesstraßengesetz vorgeschlagen. Die Ausarbeitung eines neuen Plans ohne Berücksichtigung der bisherigen Ergebnisse der SUP zum Zweck einer nachträglichen Legalisierung "wäre als unionsrechtswidrige Umgehung zu werten", erklärt Rechtsgutachter Müller.

Der Lobautunnel käme erst in einem weiteren Schritt

Fest steht ohnehin, dass mit dem auf rund 2,5 Milliarden Euro geschätzten Lobautunnel nicht sofort begonnen werden kann. Denn nur für den nördlichen Abschnitt der S1 zwischen dem Knoten Süßenbrunn und Groß-Enzersdorf gibt es gültige Bewilligungen, auch wenn diese aus Sicht der Gegner mit dem oben beschriebenen unionsrechtlichen Mangel behaftet sind. Hier werde man einen Baubeginn nicht verhindern können, räumt auch Wolfgang Rehm ein. Wenn aber der EuGH im Sinne der Gegner entscheide, drohe ein großer Torso stehen zu bleiben. In Verbindung mit der Spange (Stadtstraße) zur Seestadt Aspern wäre das nichts als ein Riesenkreisverkehr, der erst recht wieder zur überlasteten Südosttangente führe.

Die rechtlichen Hürden gelten auch für S8 (Marchfeld) und S34 (Traisental)

Ergänzend führt Virus an, dass für die ebenfalls umstrittenen Schnellstraßenprojekte durch das Marchfeld (S8) und das Traisental (S34) diese rechtlichen Probleme ebenfalls gelten. Die S8 wurde allerdings vom Bundesverwaltungsgericht bereits abgelehnt. Hier laufen noch außerordentliche Rechtsmittel des Landes Niederösterreich, der Asfinag und des Infrastrukturministeriums beim Verwaltungsgerichtshof sowie - von Land NÖ und Asfinag - beim Verfassungsgerichtshof.