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Verkehrsminister Hanke gibt grünes Licht für den umstrittenen Lobautunnel

Verkehrsminister Peter Hanke revidiert die Entscheidung seiner Vorgängerin - Wiener Außenring-Schnellstraße S1 wurde der Asfinag zur Umsetzung übergeben. Rechtliche Genehmigungen für das umstrittene Tunnelprojekt sind noch ausstehend.

Verkehrsminister Peter Hanke hält am umstrittenen Lobautunnel fest. Das gab der Multiminister für Verkehr, Innovation und Technologie am Donnerstag bekannt. Er habe heute entschieden, die S1, die Wiener Außenring-Schnellstraße, an die Asfinag zur Umsetzung zu übergeben.

Hanke revidierte damit die Entscheidung seiner Amtsvorgängerin Leonore Gewessler, jetzt Chefin der Grünen, die den Lobautunnel 2021 aus dem Bauprogramm der Asfinag streichen ließ. "Wir brauchen Lösungen, keine Blockaden", sagte der Minister bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Die Trasse vom Knoten Süßenbrunn über Raasdorf bis zum Knoten Schwechat inklusive Tunnellösung sei der optimale Weg.

Der unmittelbare Baustart mit dem Freilandabschnitt von Groß-Enzersdorf nach Süßenbrunn und damit ein erster Lückenschluss zur S1 ist damit auf Schiene. Für diesen Abschnitt liegen sämtliche rechtlichen Genehmigungen unanfechtbar vor.

Für den Tunnel unter dem Naturschutzgebiet Lobau sind noch Umweltverträglichkeits- und wasserrechtliche Verfahren sowie eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs anhängig, wie bei der Pressekonferenz eingeräumt wurde. Deshalb werde beim zweiten Umsetzungsabschnitt, dem Lobautunnel, erst in vier, fünf Jahren mit rechtlicher Klarheit gerechnet. Von einem Bauabschluss des Tunnelprojekts wäre bei Vorliegen der Genehmigungen dann etwa für 2040 auszugehen. Der erste Bauabschnitt mit einem Volumen von 500 Mill. Euro funktioniere in seiner Verkehrsentlastungswirkung teils auch ohne den umstrittenen zweiten Bauabschnitt unter der Lobau, für den Baukosten von 2,2 Milliarden Euro veranschlagt sind.

Umfahrung sei "ganz wichtig" für die Bundeshauptstadt

Hanke hatte im Frühjahr bei einer Dringlichen Anfrage der Grünen im Nationalrat erklärt, seine Priorität sei nun, "Klarheit und Ruhe" in die Diskussion zu bringen. Er wolle sich in den kommenden Monaten mit den Stakeholdern austauschen und den aktuellen Stand sachlich aufbereiten lassen und sich so fern jeglicher Polarisierung ein eigenes Bild schaffen. Denn das Projekt werde vor allem auch die nächsten Generationen betreffen. Da sei es essenziell, sich etwas Zeit zu nehmen.

Noch vor seiner Angelobung hatte der frühere SPÖ-Finanzstadtrat den Lobautunnel als Teil der Wiener Außenring-Schnellstraße (S1) als "ganz wichtig für die Bundeshauptstadt und für die Ostregion" bezeichnet. Deshalb werde es "sicher die notwendige Umsetzung geben".

Lobau ist Teil des 1995 gegründeten Nationalparks Donau-Auen

Die S1 mit dem Lobautunnel als Herzstück ist eines der derzeit größten und umstrittensten Verkehrsprojekte.

Konzipiert ist sie grundsätzlich als vierspurige Strecke mit 19 Kilometern Länge, die Schwechat und Süßenbrunn verbinden soll. Der 8,2 Kilometer lange und rund 60 Meter tiefe Tunnel soll unter der Donau und dem Naturschutzgebiet Lobau verlaufen. Die Lobau ist Teil des 1995 gegründeten Nationalparks Donau-Auen, eines rund 9300 Hektar großen Gebiets zwischen Wien und Bratislava. Die Bedrohung dieses Gebiets, wie auch die befürchtete weitere Verkehrsbelastung, gehören zu den Hauptargumenten der Gegner des Projekts. Das Hauptargument der Tunnelbefürworter ist hingegen die erhoffte Verkehrsentlastung durch den "Regionenring". Der südöstliche Teil der S1 (vom Knoten Vösendorf nach Schwechat) ist bereits seit 2006 in Betrieb.

Im Regierungsprogramm der Ampelkoalition war zu Jahresbeginn der Bau von bereits genehmigten Autobahnen und Schnellstraßen wie der S1 angekündigt, der Tunnel jedoch nicht namentlich genannt worden.

Die Geschichte der S1 ist lang. Zwar war 2001 auch noch von einer sechsten Donaubrücke die Rede, aber mit Abschluss der Strategischen Umweltprüfung 2003 wurde der Tunnel zum umfehdeten Herzstück des Projekts.

Die heftigen Proteste von Umweltschützern werden nun wohl prolongiert werden.


Hier soll in einigen Jahren die S1 inklusive Lobautunnel vorbeiführen
Hier soll in einigen Jahren die S1 inklusive Lobautunnel vorbeiführen