44.000 von insgesamt 157.000 weltweit erfassten Tier- und Pflanzenarten stehen aktuell auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN. Das heißt: Fast ein Drittel der globalen Flora und Fauna ist vom Aussterben bedroht. Zwar sei es um die Artenvielfalt in Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern vergleichsweise sehr gut bestellt. "Doch auch hierzulande ist sie stark rückläufig", warnte am Dienstag Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne). Und da 70 Prozent dieser rot-weiß-roten Artenvielfalt allein in den sechs Nationalparks vertreten sind, ist die Schlussfolgerung nur logisch: Österreich braucht mehr oder größere Nationalparks. "Sie sind nämlich nicht die Insel der Seligen. Arten benötigen mehr Flächen", betonte Christian Übl, Obmann des Dachverbands Nationalparks Austria und Direktor des Nationalparks Thayatal, im Gespräch mit den SN. Er sei deshalb "sehr glücklich", dass nun endlich Geld für solche Projekte da ist. Seit 6. Mai können wieder Fördermittel aus dem Biodiversitätsfonds beantragt werden, der bis 2026 läuft. Dieser ist mit 80 Millionen Euro dotiert. 50 Millionen Euro davon stammen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität der EU.
Die österreichischen Nationalparks
Der Nationalpark Hohe Tauern ist nicht nur der älteste (seit 1981), sondern auch der mit Abstand größte seiner Art in Österreich (1857 km²). Es folgen der Nationalpark Kalkalpen (seit 1997, 209 km²), Gesäuse (seit 2002, 110 km²), Neusiedler See-Seewinkel (seit 1993) und Donauauen (seit 1996) mit je 96 km² sowie der Nationalpark Thayatal (seit 2000) mit 14 km². Ein siebenter steht derzeit in den Startlöchern. Er soll im Kampwald rund um das Gut Ottenstein im Waldviertel entstehen. Niederösterreich wäre dann nicht nur in puncto Nationalparks die Nummer eins in Österreich. Es beherbergt mit dem Unesco-Weltnaturerbe Dürrenstein-Lassingtal auch das einzige Wildnisgebiet. Dieses ist von der IUCN (International Union for Conservation of Nature) noch strenger geschützt (Kategorie I) als ein Nationalpark (Kategorie II). "Dort gibt es keine Wege und keine sonstigen Eingriffe, nur ein wenig wissenschaftliche Forschung", erklärt Nationalparkobmann Übl. Nicht zu vergessen: der Truppenübungsplatz Allentsteig, wo Tiere und Pflanzen seit Jahrzehnten auf 157 km² überdurchschnittlich ungestört sind. Ob es noch weitere Anwärter gibt, die das Nationalparkensemble vergrößern könnten, dazu hält sich Übl vorerst bedeckt: "Es werden aktuell viele Gespräche geführt." Man wolle Grundbesitzer nicht verärgern oder verunsichern, indem man voreilig konkrete Gebiete nenne.
Unterschiedliche Gesetze innerhalb Österreichs
Da der Naturschutz in Österreich Ländersache ist, gibt es auch acht unterschiedliche Nationalparkgesetze. Also für jedes Bundesland, in dem sich zumindest Teile eines Nationalparks befinden, eines: Wien, Nieder- und Oberösterreich, Steiermark, Salzburg, Tirol und Kärnten. Jenes des Burgenlandes wird mittels Novelle, die vom Rechnungshof eingefordert worden war, weiter verschärft. Eine der wesentlichsten Neuerungen ist dabei das generelle Verbot der Jagd und Fischerei in der Naturzone. Die betroffenen Flächen können künftig per Verordnung jederzeit erweitert werden.