SN.AT / Panorama / Wissen

Wenn der Darm reizt: Was kann man bei Darmbeschwerden tun?

Ein Reizdarmsyndrom gibt Betroffenen wie Ärzten Rätsel auf. Häufig mangelt es am ersten Schritt: der richtigen Diagnose.

Die Ursachen hinter einem Reizdarmsyndrom sind noch nicht ganz erforscht.
Die Ursachen hinter einem Reizdarmsyndrom sind noch nicht ganz erforscht.

Anhaltende Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung oder Durchfall: Die Beschwerden bei Reizdarm-Betroffenen können quälend sein. Bei manchen wechseln sich diese Beschwerden ab. Schätzungen gehen davon aus, dass zehn bis fünfzehn Prozent der Menschen in der westlichen Welt von dem sogenannten Reizdarmsyndrom betroffen sind - Frauen häufiger als Männer.

Das Reizdarmsyndrom erkennt man oft an seiner Unerkennbarkeit: "Das Typische bei einem Reizdarm ist, dass die Beschwerden häufig wechseln und es somit schwierig zu fassen ist, was überhaupt los ist", sagt Andrej Wagner, Internist und Gastroenterologe am Uniklinikum Salzburg. Einerseits würden Beschwerden deshalb oft verkannt. Andererseits erhöhe das aber auch die Gefahr, Menschen zu schnell in die "Reizdarm-Schublade" zu stecken. Daher lohne es sich, genauer hinzuschauen.

Diagnose des Reizdarms

Bei der Diagnose geht man nach dem Ausschlussprinzip vor. "Oft verbergen sich auch andere Dinge hinter den Beschwerden." Man müsse an vieles denken - es könnten etwa gynäkologische Erkrankungen oder Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie eine Zöliakie dahinterstecken, sagt Wagner.

Für die Zuordnung zu einem Reizdarmsyndrom müssen laut dem Experten vor allem drei Faktoren gegeben sein: Erstens müssen die Beschwerden eindeutig dem Darm zuordenbar sein. Zweitens sind die Beschwerden chronisch, halten also drei bis sechs Monate oder länger an. Und zuletzt - das ist laut Wagner ein wichtiger Punkt - "beeinträchtigen die Beschwerden die Lebensqualität erheblich".

Einen alles entscheidenden Auslöser für das Reizdarmsyndrom haben Wissenschafter bisher nicht gefunden. "Man weiß aber, dass bei Betroffenen eine erhöhte Empfänglichkeit für Reize vorhanden ist", sagt Experte Wagner. Die Darm-Hirn-Achse, die beide Körperteile eng miteinander verbindet, ist also beeinträchtigt. Einige Forscher gehen auch davon aus, dass eine Störung bestimmter körpereigener Botenstoffe (wie zum Beispiel Serotonin) vorliegt.

Ursachenfindung

Ob es auch genetische Gründe gibt, ist ungewiss. "Aber eine Vielfalt der Darmflora hat auf jeden Fall einen großen Einfluss auf das Immunsystem und somit auch auf den Darm", sagt Wagner. Obwohl es wissenschaftlich nicht belegt ist, wird außerdem vermutet, dass psychische Belastungen zu einem Reizdarmsyndrom beitragen können.

Weil die Ursachen noch nicht hinreichend geklärt sind und das Beschwerdebild komplex ist, ist es schwierig, eine geeignete Behandlung zu finden. "Ärzte machen oft den Fehler, die Patienten mit der bloßen Information, dass nichts gefunden worden sei, nach Hause zu schicken", sagt Wagner. Fast immer finde man etwas, das man behandeln könne.

Therapiemöglichkeiten

Dazu zählen etwa Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eine bakterielle Fehlbesiedlung. "In den meisten Fällen arbeitet man parallel an den Beschwerden", sagt Wagner. In der Therapie bewegen sich Ärzte von leichten bis hin zu stärkeren Medikamenten. Zusätzlich kommen Ernährungsberatung, psychosomatische Betreuung und teilweise Hypnose zum Einsatz.

Zunächst wird meist auf pflanzliche Extrakte gesetzt: Pfefferminzöl hilft etwa dem Durchfalltyp. Kümmelöl wirkt beruhigend auf den Darm, Flohsamen regulierend. "Die Wirksamkeit von Flohsamen und anderen Ballaststoffen ist viel mehr erwiesen als etwa jene von Probiotika", sagt Wagner. "Hilft das nicht, arbeitet man mit leichten Schmerzmitteln oder Abführmitteln."

Und wie kann man seinem Darm generell Gutes tun? Wagner: Eine ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung sowie genügend Bewegung würden helfen. "Aber man sollte auch versuchen, auf den eigenen Darm und Körper zu hören - insbesondere in Stresssituationen."

SN-Diskussion zum Thema Reizdarm vom 5. Oktober 2021
Hier geht's zum Video